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Ex-AfD-Chefin wettert bei Lanz„Sie sagen mit vielen netten Worten, dass die Wähler zu blöd waren“

Lesezeit 4 Minuten
Frauke Petry und Andreas Bovenschulte (rechts) gerieten bei ZDF-Talker Markus Lanz aneinander.

Frauke Petry und Andreas Bovenschulte (rechts) gerieten bei ZDF-Talker Markus Lanz aneinander. 

Die Ex-AfD-Chefin Frauke Petry und SPD-Politiker Andreas Bovenschulte lieferten sich ein hitziges Wortgefecht.

Die AfD-Fraktion im neuen Bundestag ist so groß wie nie zuvor. ZDF-Moderator Markus Lanz wollte deshalb am Donnerstagabend (27. März) von Ex-AfD-Chefin Frauke Petry wissen, wie sie heute auf ihre ehemalige Partei schaut. Petry wollte sich darauf jedoch nur bedingt einlassen. Sie konterte, dass sie nicht mehr gewillt sei, den „AfD-Erklärbär“ zu spielen, da sich die Partei in den vergangenen Jahren „massiv geändert“ habe.

Zugleich kritisierte sie die bewusste Ausgrenzung der AfD und sagte: „Obwohl ich in vielem einen Dissens thematisch habe, glaube ich, dass der menschliche Umgang, der mit ihr gepflegt wird, falsch ist.“ Besonders der Fakt, dass es der AfD verwehrt wird, einen Bundestagsvizepräsidenten zu stellen, machte Frauke Petry wütend.

Frauke Petry findet AfD-Ausgrenzung „politisch dämlich von allen anderen Parteien“

Markus Lanz diskutierte mit seinen Gästen über die Migrationspolitik und das Erstarken der AfD.

Markus Lanz diskutierte mit seinen Gästen über die Migrationspolitik und das Erstarken der AfD.

Sie erklärte, dass dies bloß „Wasser auf die Mühlen“ sei und ergänzte streng: „Es ist einfach politisch dämlich von allen anderen Parteien, der AfD so leicht Punkte zu schenken. Das sollte man nicht tun. Man sollte mit ihr in (...) die inhaltliche Auseinandersetzung gehen und das tut man nicht.“

Statt zuzustimmen, hakte Markus Lanz interessiert nach: „Aber ist das nicht einfach Demokratie?“ Petry zeigte sich skeptisch: „Die Frage ist ja, was ist die Botschaft, die beim Wähler und beim Bürger ankommt? (...) Juristisch kann man gar nichts daran aussetzen. Trotzdem ist ja die Frage, was bleibt am Ende für den Bürger als politische Botschaft hängen?“ Die ehemalige AfD-Chefin ergänzte: „Miteinander im Gespräch zu bleiben, ist schon deswegen wichtig, weil wir am Ende alle in einem Land leben, in einer Gesellschaft.“

Experte fordert Wende in der Migrationspolitik: „2029 kann sonst der Albtraum passieren“

Markus Lanz nahm dies zum Anlass, um über den provokanten und teils auch extremen Wortgebrauch der AfD zu sprechen. Er wollte von Frauke Petry wissen, ob sie der Meinung sei, dass der Ton der AfD darauf ausgerichtet sei, „Konsens herzustellen“ und „sich gegenseitig die Hand zu reichen“. Diese Frage musste die ehemalige AfD-Vorsitzende mit einem klaren „Nein“ beantworten. Sie gab zu: „Die Töne irritieren mich seit ganz Langem.“ Eine Offenbarung, die ihr Journalist Justus Bender offenbar nicht ganz abkaufen wollte. Er unterstellte ihr: „Sie waren der Garant dafür, dass der extreme Flügel weitermachen konnte.“ Ein Vorwurf, gegen den sich Frauke Petry jedoch deutlich wehrte und sagte: „Nein, das ist falsch!“

Frauke Petry hält den Umgang der anderen Parteien mit der AfD für falsch.

Frauke Petry hält den Umgang der anderen Parteien mit der AfD für falsch.

Im Laufe der Sendung lenkte Petry immer wieder den Blick auf die Ursachen, die zum Höhenflug ihrer ehemaligen Partei geführt haben. Ein wichtiger Aspekt: die ewige Migrationsdebatte. „Das Politiker-Vertrauen ist nicht erst jetzt, sondern schon seit geraumer Zeit im Keller. Wer nach Deutschland einmal kommt, der verlässt das Land nicht mehr. Das ist die Realität“, behauptete Petry streng.

Auch Justus Bender stellte klar: „Wir müssen dieses Thema wirklich jetzt in den Griff kriegen, weil 2029 kann sonst der Albtraum passieren.“ Eine Steilvorlage für Lanz, der wissen wollte: „Ist das die Falle? Die sitzen einfach nur da und warten?“ Bender antwortete nachdenklich: „Die müssen ja keine Lösungen anbieten, (...) sondern einfach nur warten und immer weiter die anderen treiben.“

Frauke Petry: „Bremen hat die größte Kinderarmut in ganz Deutschland“

SPD-Politiker Andreas Bovenschulte machte dagegen nicht nur die fehlende Härte in der Migration für den Erfolg der AfD verantwortlich. Er sagte: „Ich glaube, dass die Gesamtstimmung in der Bevölkerung eine von Verunsicherung und einer Sorge über die Zukunft ist.“ Vielen traditionellen Parteien sei es laut des Bremer Bürgermeisters „nicht gelungen, das Programm für die Zukunft so klar und deutlich und überzeugend zu entwickeln“.

Besonders seiner Partei sei es „nicht gelungen“, „mit den grundlegenden Brot-und-Butter-Themen, die immer das zentrale Rückgrat der SPD ausgemacht haben“, bei den Wählern „durchzudringen“. Ein Argument, das Frauke Petry stutzig machte. Sie konterte: „Sie sagen mit vielen netten Worten, dass die Wähler zu blöd waren, es zu verstehen.“

Während die Ex-AfD-Chefin den Parteien der Mitte eine „absolute Planlosigkeit“ attestierte, sagte sie, dass die Wähler „sehr klar bei den Themen“ seien, „die sie nicht nur besorgen, sondern wo sie wissen, dass es eklatante Probleme gibt“. Dazu gehören laut Petry neben der Migrationa auch Themen wie Energie, Wirtschaft und Bürokratie. „Bremen hat die größte Kinderarmut in ganz Deutschland“, fügte Petry hinzu.

Anderas Bovenschulte schien dies jedoch nicht davon abzubringen, darauf hinzuweisen, dass Bremen „den zweitniedrigsten AfD-Anteil“ in Deutschland habe. Dazu wetterte er: „Immer nur zu sagen, es liegt an der Migrationspolitik, da müsste man erst mal erklären, warum das in Bremen, wo wir sicherlich eine liberalere Migrationspolitik haben (...), wir trotzdem einen deutlich geringeren AfD-Anteil haben.“ Dagegen stichelte Lanz jedoch prompt: „Sie sagen das immer so! Sie haben ein Ergebnis, das sich dort verdoppelt hat!“ (tsch)