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Expertin im „moma“Goße Islamverbände in Deutschland „gehören dem politischen Islam an“

Lesezeit 3 Minuten
Publizistin Sineb El Masrar wirft den großen Islamverbänden der Islamkonferenz in Deutschland vor, selbst ein islamistisches Weltbild zu vertreten. (Bild: ARD)

Publizistin Sineb El Masrar wirft den großen Islamverbänden der Islamkonferenz in Deutschland vor, selbst ein islamistisches Weltbild zu vertreten. (Bild: ARD)

Das Thema Islamismus in Deutschland steht nach dem Solingen-Anschlag im Fokus - auch im ARD-“Morgenmagazin“. Die Publizistin Sineb El Masrar kritisiert vor allem die Rolle der großen Islamverbände. Sie wirft ihnen vor, Islamismus zu predigen, aber selbst über Diskriminierung zu klagen.

„Viele muslimische Menschen in Deutschland schauen sehr betroffen auf das Ereignis“, so Sineb El Masrar über den tödlichen, mutmaßlich islamistischen Anschlag von Solingen vom vergangenen Freitag. Die Publizistin, die mehrere Bücher, etwa über Männer- und Frauenrollen im Islam, veröffentlicht hat, gab am Donnerstag im ARD-“Morgenmagazin“ einen Einblick in die Reaktionen der muslimischen Community hierzulande - und prangerte das Weltbild der großen Islamverbände Deutschlands an.

Die Autorin erklärte, es gebe viel Betroffenheit und großes Mitgefühl mit den Opfern von Solingen, teils herrsche auch Sprachlosigkeit. „Als der Anschlag passiert ist, gab es auch viele Muslime, die durchaus die Befürchtung hatten, dass es sich um einen islamistischen Anschlag handelt“, berichtete El Masrar. Nichtsdestotrotz gebe es auch Muslime, die abwehren und sagen, das habe mit ihnen nichts zu tun und es sei gar kein echter Muslim, der diese Tat verübt habe. Das bedeute im Umkehrschluss, dass diese letztendlich „keine Mitverantwortung“ bei der eigenen Religion sähen.

Auf die Rolle der bekannten Islamverbände angesprochen, äußerte die Publizistin unmissverständliche Kritik: Die großen Verbände, die Teil der deutschen Islamkonferenz sind, seien „alles Islamverbände - und das gehört eben auch zur Wahrheit - die dem politischen Islam angehören“. Verbände und Organisationen seien aus anderen Ländern gekommen, hätten sich hierzulande etabliert „und haben einen Teil des Islams in Deutschland in die islamistische Richtung entwickelt“.

Zu großen Islamverbänden: „Man erzieht die Kinder in einem islamistischen Weltbild“

Im ARD-Hauptstadtstudio erläuterte Sineb El Masrar auch die bestürzten Reaktionen auf den Solingen-Anschlag in der muslimischen Community. (Bild: ARD)

Im ARD-Hauptstadtstudio erläuterte Sineb El Masrar auch die bestürzten Reaktionen auf den Solingen-Anschlag in der muslimischen Community. (Bild: ARD)

Denn viele Menschen seien auch als sogenannte Gastarbeiter oder Geflüchtete gekommen, diese hätten in der Regel einen eher konservativen, aber gegenüber anderen Religionen durchaus toleranten Islam mitgebracht. Wichtig: Nur ein kleiner Teil der Muslime in Deutschland wird von diesen genannten Verbänden vertreten.

Reizthemen wie Schwimmunterricht oder Klagen zum Thema Kopftuch würden hingegen immer Narrativen des Islamismus entsprechen, „und das ist immer mit angetrieben von diesen etablierten Parteien, die wir kennen“. Sineb El Masrar ist sich sicher: Mit diesen Parteien werde es keine Lösung geben, diese hätten überhaupt kein Problembewusstsein. Angesprochen auf die Distanzierung von Verbänden nach dem Solingen-Anschlag entgegnete die Publizistin, die Reaktionen auf vergangene islamistische Terrorattacken im In- und Ausland habe gezeigt, dass „bis auf die Floskel 'wir distanzieren uns' nichts kommt“.

Hoffnungsvoll bezüglich Besserung zeigte sich die Autorin nicht, schließlich werde in den Gemeinden und der Jugendarbeit dieser Verbände Islamismus gepredigt. „Man erzieht die Kinder in einem islamistischen Weltbild. Das ist nicht der traditionelle konservative Islam, es ist der reaktionäre Islamismus.“

El Masrar fordert, die „drei großen Tabus“ anzugehen

Dort wünsche man sich „eigentlich, dass man diese Gesellschaft eher islamisiert“ und mehr Menschen zum Islam konvertieren würden, so die Expertin. „Die Verbände kritisieren sehr oft, dass sie von Diskriminierung betroffen sind. Letztendlich predigen ja die Verbände selbst Geschlechterungerechtigkeit, sie sind homophob, sie machen einen Unterschied zwischen Gläubigen und Ungläubigen“, prangerte sie an. „Das heißt: Sie sind die Falschen, die sagen: Wir werden diskriminiert.“

El Masrar erklärte, junge Muslime, die nichts mit dem Islamismus zu tun haben, würden drei große Tabus angehen müssen: Religion, Familie und Sexualität. „Da muss man jetzt ran. Die müssen selber jetzt die Emanzipation von diesen islamistischen Verbänden vorantreiben“, forderte sie. Auch die sexuellen Übergriffe und die Gewalt innerhalb der Gemeinden müsse artikuliert werden. Denn auch das sei „ein Fundament der Radikalisierung“. (tsch)