Seit vier Jahren liest sie die 20-Uhr-Tagesschau im Ersten: Julia-Niharika Sen. In der Radio-Bremen-Talkshow „3nach9“ verrät sie am Freitagabend ein Geheimnis: Sie wollte nie zum Fernsehen.
Geständnis in TV-TalkDarum wollte „Tagesschau“-Sprecherin Julia-Niharika Sen nie vor eine Kamera
Sternennebel. So heißt ihr zweiter Name auf Deutsch. Der Name - Niharika - kommt aus dem Bengalischen. Der Vater von Julia-Niharika Sen (57) ist Inder. 1965 kommt er nach Deutschland, arbeitet auf einer Werft und lebt in ärmlichen Verhältnissen, als er ihre Mutter kennenlernt. Er habe hart kämpfen müssen, um die Herzen der Beamtenfamilie erobern zu können, aus der ihre Mutter stammt, sagt Julia-Niharika Sen.
Sie ist am Freitagabend Gast in der Radio-Bremen-Talkshow „3nach9“. Dort stellt sie sich den Fragen von Giovanni di Lorenzo, trifft aber auch auf ihre Ex-Kollegin bei den ARD-Nachrichten, Co-Moderatorin Judith Rakers.
Bis sie vor vier Jahren die „Tagesschau“ um 20.00 Uhr sprechen konnte, hat es lange gedauert. Die „Tagesthemen“ sind mittlerweile dazugekommen. „Es kam immer eins zum Nächsten“, erzählt sie. Sie tue gerne Dinge, die sie herausfordern, die ihr Angst machen. „Ich hätte mir früher nie vorstellen können, vor einer Kamera zu stehen“, sagt sie. Das sei schon so gewesen, als sie während ihres Studiums gemodelt habe.
Das verdankt Julia-Niharika Sen Judith Rakers
Trotzdem fasst sich die heutige „Tagesschau“-Sprecherin ein Herz und moderiert ihre erste Sendung im Regionalfernsehen des NDR. Da ist sie schon 39 Jahre alt. Als sie mit der „Tagesschau“ richtig durchstartet, ist sie schon einiges über 50. Judith Rakers habe ihr damals den Einstand erleichtert. „Judith hat mir ein ganz warmes Gefühl gegeben am Anfang. Sie umarmt einen innerlich und äußerlich. Das war so schön. Als sie dann gegangen ist, musste ich alleine auf dieser Slackline weitergehen. Das war gar nicht so einfach.“
Stolz ist die Moderatorin darauf, dass sie seit einem Jahr die „Tagesthemen“ moderiert. Die seien herausfordernder als die „Tagesschau“: „Du erklärst ja den Zuschauern, was die Welt gerade im Innersten manchmal nicht zusammenhält, was die Konflikte sind. Und ich habe manchmal das Gefühl: Wow, jetzt muss ich über das reden, was in Syrien passiert, was im Bundestag passiert ist, und da und dort. Und da mal eben ganz kurz einzutauchen und dazu was Sinnvolles zu schreiben, natürlich auch mithilfe der Redaktion und ganz toller Menschen, aber das zu durchdringen, finde ich schon herausfordernd.“
„Tagesschau“-Sprecherin wollte eigentlich Lehrererin werden
Aber das Allerschwierigste sei für sie gewesen, in der „Tagesschau“ Texte zu lesen, die andere vorher geschrieben hatten. „Wenn Judith oder Susanne die 20-Uhr-Tagesschau präsentieren, hat man immer das Gefühl, die leben diesen Text. Die haben den eigentlich geschrieben. Und das so zu präsentieren, mit jedem Halbsatz, der sich noch Sekunden vor der Livesendung ändern kann, das finde ich eine Herausforderung.“
Einer einzigen Herausforderung hat sich Julia-Niharika Sen am Ende nicht gestellt: Eigentlich wollte sie gar nicht zum Fernsehen. Lehrerin habe sie werden wollen, wie ihre Mutter, erzählt sie bei „3nach9“. Sie habe gedacht, das sei ein „supercooler Job“. Ihre Mutter hatte sie gewarnt. Doch sie glaubte ihr nicht. Bis zu den ersten Schulpraktika. „Das hat mich die letzten Nerven gekostet, und ich hatte das erste Mal Kopfschmerzen in meinem Leben“, erzählt die Moderatorin. „Danach wusste ich: Das ist nicht mein Job, und Mama hatte recht.“
Zum Glück. Denn so konnte aus ihr die kompetente Nachrichtensprecherin und das Gesicht der „Tagesschau“ werden. (tsch)