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Gedanken zur BundestagswahlHarald Schmidt sorgt sich um „den Populismus-Standort Deutschland“

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Harald Schmidt sieht Deutschland nicht als „Entertainment-Land“. Das wirke sich auch auf die Politik aus. (Bild: IMAGO / Rudolf Gigler)

Harald Schmidt sieht Deutschland nicht als „Entertainment-Land“. Das wirke sich auch auf die Politik aus. (Bild: IMAGO / Rudolf Gigler)

In einem österreichischen Podcast hat Harald Schmidt seine Gedanken zur Bundestagswahl ausgebreitet. Das Ergebnis bereitet ihm keine Sorge, wohl aber die Populismus-Kompetenz des deutschen Spitzenpersonals.

In weniger als einem Monat wird in Deutschland gewählt. Viele sorgen sich vor einem weiteren Rechtsruck. Nicht so Harald Schmidt. „Ich bin einer der wenigen, die einfach sagen: Hier wurde gewählt. Danke, passt, weitermachen“, erklärte der frühere Late-Night-Entertainer im österreichischen Podcast „Hangweyrer & Palfrader“. Es sei „immer gut, sich zu fürchten“, aber: „Man muss sich ja nur mal Rückblicke von vor 20, 30 Jahren angucken, was damals großes Thema war, wie oft schon der Weltuntergang vorausgesagt wurde.“

Schmidt führte seine fatalistische Philosophie an einem Beispiel aus: „Wenn es heißt, dass wir bald keine Gletscher mehr haben, sag ich, dann müssen wir uns auf ein Leben ohne Gletscher vorbereiten.“ Zwar werde er niemanden bevormunden, der Gletscher retten wolle, „nur ich weiß nicht, wie es geht, und bin bereit, mich auch auf ein gletscherloses Österreich einzustellen“.

„Für mich ist entscheidend: Wer kann Populismus? Da sehe ich in Deutschland keinen.“

Im Alltag versucht der 67-Jährige bei Taxifahrern, Schaffnern oder Supermarktpersonal möglichst viel aufzuschnappen. „Ich höre gerne, was die Basis denkt, zu der ich ja auch gehöre. Mich wundern dann auch keine Wahlergebnisse.“ In Übrigen sei er ein großer Fan des Artikels 5 des deutschen Grundgesetzes: Meinungsfreiheit. Ob die in Gefahr sei, wollte der Podcast-Gastgeber, der österreichische Schauspieler und Kabarettist Robert Palfrader, von seinem Gast wissen. Der wiegelte abermals ab: „Nein. Man muss natürlich schon wissen, wie man's formuliert.“ Jeder, den ein Shitstorm erwische, „hat es eben nicht schlau genug formuliert“.

Beim deutschen Wahlkampf empfahl er den Parteien, weniger auf Allgemeinplätze wie „Respekt“ zu setzen. „Es ist erwiesen: Das absolut wichtigste Thema ist das Geld der Wähler. Erst ganz, ganz weit hinten kommt Klimaschutz.“ Ferner sieht der langjährige Gastgeber der „Harald Schmidt Show“ ein Problem darin, dass Deutschland „kein Entertainment-Land“ sei.

Die US-Wahl sei auch dadurch entschieden worden, „dass Trump ein absolut professioneller Entertainer ist“, glaubt Schmidt. „Für mich ist immer entscheidend: Wer kann Populismus? Da sehe ich in Deutschland keinen.“ Seine Angst sei, „dass der Populismusstandort Deutschland international den Anschluss verliert. Wir haben keinen, der es wirklich gut kann“. Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck etwa erreiche nur die eigene Klientel. „Und bei der AfD ist es so: Eine negative Meldung über die Partei bedeutet wieder ein Prozent mehr in den Umfragen. Alles schwer erklärbar, aber es ist so.“

Harald Schmidt würde nie in die Politik gehen: „Mich stören die Wähler“

Er selbst hält die Finanzierungsfrage für die politisch entscheidende. Alles Mögliche wolle die Politik finanzieren und subventionieren, „aber keiner sagt, woher es kommt“. Der bühnenerfahrene Entertainer: „Auch unsere liebe Kunst lebt davon, dass Geld erwirtschaftet wird. In Deutschland würde eine Theaterkarte ohne Subventionen 250 Euro kosten. Dafür hörst du sehr oft: 'Der Hamlet-Hauptdarsteller hat Bergstiefel an, sonst nichts, und den Kopf in Heilerde.'“ So etwas sei „auf dem freien Markt auch eher schlecht auszuverkaufen“.

Schließlich wurde Harald Schmidt gefragt, ob er selbst in die Politik gehen würde. „Nein“, kam die Antwort sehr bestimmt. „Bin ich schon oft gefragt worden, immer dieselbe Antwort: Mich stören die Wähler.“ (tsch)