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Im Podcast mit PrechtMarkus Lanz glaubt, dass „übertriebene Wokeness“ Trump und die AfD stärkte

Lesezeit 3 Minuten
Deutschen Politikern fehle Donald Trumps Klarheit, glauben Richard David Precht (links) und Markus Lanz. (Bild: ZDF / Christian Bruch)

Deutschen Politikern fehle Donald Trumps Klarheit, glauben Richard David Precht (links) und Markus Lanz. (Bild: ZDF / Christian Bruch)

Seit einigen Tagen ist Donald Trump wieder offiziell Präsident der USA. Markus Lanz und Richard David Precht analysieren, wie es so weit kommen konnte. Mit Blick auf die Zukunft mahnt Precht: „Es gibt keinen Westen mehr.“

„Man könnte sagen: Er ist wieder da“, seufzt Markus Lanz vier Tage nach Donald Trumps Amtseinführung. Die Reaktionen auf Trumps Rückkehr ins Weiße Haus reichen hierzulande „von Schulterzucken bis hin zu allergrößter Aufregung“, stellt der ZDF-Talker fest. Angebracht scheint Richard David Precht zufolge eher Letzteres zu sein. Er prognostiziert: „Die Wahl von Donald Trump und die mutmaßliche Umsetzung all dessen, was er angekündigt hat, bedeutet nicht weniger, als dass es keinen Westen mehr gibt.“

Deutschland, so Precht, habe sich außenpolitisch 80 Jahre an den USA orientiert. Das Trump-Comeback werde nun jedoch aller Voraussicht nach zu einer irreparablen Distanzierung führen, auf die die Bundesrepublik nicht vorbereitet sei. „Wir brauchen ein eigenständiges Europa, das sich politisch unabhängig von den USA in einer multipolaren Weltordnung als eigener Pol aufstellt“, fordert der TV-Philosoph.

Precht über deutsche Spitzenpolitiker: „Kommen mir vor wie unmündige Kinder“

An der Komeptenz hiesiger politischer Entscheidungsträger, sich global neu auszurichten, zweifelt Precht jedoch: „Das können die gar nicht. Sie haben überhaupt keine Idee, wie das gehen soll. Sie kommen mir vor wie unmündige Kinder, die von ihren Eltern verlassen worden sind und jetzt einfach nicht mehr wissen, was sie tun sollen.“ Er beobachte bei Politikern wie Olaf Scholz und Friedrich Merz „eine sehr große Unfähigkeit zur Eigenständigkeit“, moniert Precht.

Trump repräsentiere hingegen eine radikale Klarheit - eine Sehnsucht, die insbesondere in liberalen Demokratien wächst, so die Analyse der beiden Podcaster. „Wir haben uns in unseren Gesellschaften damit abgefunden, grundlegende Dinge nicht mehr verändern zu können“, glaubt Precht. Hierzulande herrsche in den Reihen etablierter Politiker „Angst vor medialen Reaktionen, Angst, sich Feinde zu machen, Angst, zu viele Bevölkerungsgruppe gegen sich aufzubringen und Angst vor den ganzen juristischen, bürokratischen Hürden, die das, was man groß ankündigt, dann doch wieder unmöglich machen“, berichtet er gar von einem „Angst-Stillstand“.

„Die einzige Partei, die das bei uns macht, ist die AfD“

Trump habe diese Ängste nicht. Er habe seinen Wählern vermittelt, „dass man tatsächlich handeln, gestalten und verändern kann“, resümiert Precht. Hierzulande sei die Politik „total festgefahren“. Um heute für Wählerinnen und Wähler attraktiv zu sein, müsse man „glaubwürdig vermitteln, dass man tatsächlich in der Lage ist, Dinge grundlegend zu verändern“, sagt Precht - und ergänzt: „Die einzige Partei, die das bei uns macht, ist die AfD.“

„Wir trauen ihr das aus guten Gründen nicht zu und glauben auch nicht, dass sie die Dinge zum Positiven verändern kann“, räumt der Schriftsteller ein. „Aber sie hat dieses Momentum natürlich in der Hand, zu sagen, alle anderen verändern nichs und wir sind die, die wirklich was verändern wollen.“

Auch Markus Lanz will erkennen, dass sich aktuell ein Kulturwandel vollziehe: „Trump ist die eindeutige, harte Gegenbewegung auf eine andere Bewegung, die es offensichtlich total übertrieben hat mit der Wokeness“, analysiert er. Precht führt seinen Gedanken weiter: „Je mehr Scham eine Gesellschaft fordert aus legitimen, nachvollziehbaren und moralisch guten Argumenten, umso mehr Menschen produzieren wir, die mit Trotz reagieren und sagen: 'Du hast mir nicht zu sagen, dass ich mich zu schämen habe'.“ Dies, fasst Precht zusammen, sei „genau das Erfolgsrezept von Donald Trump“. (tsch)