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Im Podcast stellt Merkel klarSie ist nicht „stolz, Deutsche zu sein“

Lesezeit 3 Minuten
„Meine Hoffnung ist, dass die demokratischen Parteien wirkliche Lösungen finden“, erklärt Angela Merkel im Podcast „Hotel Matze“. (Bild: 2024 Getty Images/Michael Kappeler - Pool)

„Meine Hoffnung ist, dass die demokratischen Parteien wirkliche Lösungen finden“, erklärt Angela Merkel im Podcast „Hotel Matze“. (Bild: 2024 Getty Images/Michael Kappeler - Pool)

Ist Angela Merkel eine „stolze Bundesbürgerin“? Im Podcast „Hotel Matze“ windet sich die Altkanzlerin um eine klare Antwort. Deutliche Worte findet Merkel indes, als es um die AfD geht.

Ein „deutsches Gefühl“ gibt es für Angela Merkel nicht. Im Podcast „Hotel Matze“ spricht die Altkanzlerin dennoch darüber, was sie mit der Bundesrepublik verbindet: „Das ist für mich Heimat. Und es ist sehr mit Sprache verbunden: Nicht umsonst sagt man, man hat eine Muttersprache“, erklärt sie.

Ausweichend reagiert Merkel, die jüngst ihre Memoiren veröffentlicht hat, auf die Frage, ob sie „eine stolze Bundesbürgerin“ sei. „Dazu haben wir viel zu viel bei den Jungpionieren gehört“, weist sie auf ihre Jugend in der DDR hin und stellt klar: „Ich freue mich, Bundesbürgerin zu sein. Ich freue mich, wenn unser Land international durchaus geschätzt wird. Ich kann mich damit auseinandersetzen, wenn wir kritisiert werden. Ich möchte, dass wir nicht auftrumpfend auftreten, wir brauchen aber auch unser Licht nicht unter den Scheffel zu stellen.“ Mit dem Begriff „stolz“ hadere sie dennoch. „Es ist nicht so, dass ich sagen würde: Das ist jetzt mein Innerstes, jeden Tag sagen zu müssen, ich bin stolz, Deutsche zu sein.“

„Jeder, der bei uns die Staatsbürgerschaft hat, ist das Volk“

Besonders schätze Merkel die deutsche Demokratie. „Es ist ein Land, in dem wir auch Toleranz leben sollten. Deshalb sollten wir mit dem, was wir haben als Bundesrepublik Deutschland, sehr pfleglich umgehen. Das ist nicht gegeben.“ Ein wichtiger Pfeiler unseres politischen Systems sei „die Bereitschaft, auch Verschiedenheit zu akzeptieren und gelten zu lassen - und sich nicht immer weiter zu polarisieren“.

Umso besorgter blickt die 70-Jährige in den aktuellen Krisenzeiten auf die Entwicklung innerhalb der politischen Landschaft. „Meine Hoffnung ist, dass die demokratischen Parteien wirkliche Lösungen finden - und nicht die Agenda derer übernehmen, die eigentlich nur Hass und Missgunst aus einer solchen Situation heraus schüren wollen.“ Merkel plädiert: „Jeder, der bei uns die Staatsbürgerschaft hat, ist das Volk. Es gibt nicht eine Gruppe, die definieren darf, wer die Elite ist, wer das Volk ist.“

Diese Charaktereigenschaften hält Angela Merkel für „nervig“

Man befinde sich aktuell in einer „schwierigen Zeit“, macht die CDU-Politikerin deutlich. Aus diesem Grund wünsche sie sich, dass die etablierten Parteien „gut miteinander kooperieren und zeigen, dass sie sich um die Lösung der Probleme der Menschen kümmern wollen und nicht immer wieder die Agenda der AfD übernehmen“. Es gebe „noch viele andere Probleme als das Thema der Flüchtlinge und der Migration“ hierzulande: „Es geht jetzt um Arbeitsplätze, es geht um den Krieg in der Ukraine, Russland, und da muss man ruhig argumentieren.“

Schwarz-Weiß-Denken hält Merkel für gefährlich. Sie selbst sei „von Haus aus jemand, der immer schon neugierig auf Menschen war und sehr gut damit leben kann und es einfach auch schön findet, dass jeder Mensch seine eigenen Fähigkeiten hat, und dass jeder anders ist“. Sie habe „überhaupt kein Bedürfnis, mich zu verkriechen in eine Gruppe, die immer nur meiner Meinung ist und wo es gar keine Reibungen oder Anregungen gibt“. Gewisse Charaktereigenschaften empfinde die langjährige Bundeskanzlerin aber „natürlich manchmal auch als nervig“ - etwa, wenn jemand „immer laut spricht oder sich sofort durchsetzen will“. (tsch)