Am Sonntagabend trafen sich drei Politiker bei Caren Miosga im Ersten. Jens Spahn von der CDU forderte einen Politikwechsel, Alexander Schweitzer von der SPD stellte allerdings eine Bedingung. Die will die CDU erfüllen.
„Wir werden kompromissfähig sein“Jens Spahn macht SPD bei Caren Miosga Zugeständnisse

Jens Spahn hat sich bei Caren Miosga gegenüber der SPD kompromissbereit gezeigt. (Bild: NDR/Thomas Ernst)
Copyright: NDR/Thomas Ernst
Die Bundestagswahlen sind vorbei. Die Unionsparteien sind als klarer Sieger daraus hervorgegangen. Doch die 30 Prozent Wählerstimmen, die sie sich gewünscht haben, hat sie nicht erreicht. Die SPD hat eine deutliche Klatsche einstecken müssen, die Grünen sind neben der SPD und der FDP die klaren Wahlverlierer. Die FDP fliegt wohl aus dem Bundestag, Parteichef Lindner hat das Ende seiner politischen Laufbahn bereits angekündigt. Am Sonntagabend hat sich Caren Miosga in ihre ARD-Talkshow drei Vertreter von Union, SPD und Grünen eingeladen.
Einer von ihnen ist Jens Spahn von der CDU. Und der ist glücklich: „Ich freue mich natürlich. Friedrich Merz wird der neue Kanzler in Deutschland. Die Ampel ist abgewählt. Olaf Scholz geht in die politische Rente. Das war unser Wahlziel.“ Dennoch gibt er zu: Die Unionsparteien hätten sich mehr Prozente gewünscht. Aber: „Das ist das Wahlergebnis, und mit dem müssen wir umgehen. Und jetzt ist die Frage für die anstehenden Gespräche: Haben wir alle das gemeinsame Verständnis für das, was nötig ist für das Land? Nach zwei Jahren Rezession eine Politik für Wachstum. Viele haben das Gefühl, es geht nicht mehr fair zu - Stichwort Bürgergeld, lohnt sich Leistung noch? Vor allem die Frage illegaler Migration. Wir sehen, dass bei den Arbeitern die AfD die stärkste Fraktion gewesen ist. Wir sehen, dass in Sachsen 45 Prozent der Wähler und Wählerinnen die AfD gewählt haben. Wir sehen also einen massiven Vertrauensverlust im ganzen Land.“

Caren Miosga (Mitte) hat mit ihren Gästen über die Ergebnisse der Bundestagswahl gesprochen. (Bild: NDR/Thomas Ernst)
Copyright: NDR/Thomas Ernst
Dieses Vertrauen müsse nun durch das Lösen von Problemen zurückgewonnen werden. „Wenn das das Verständnis ist, werden das gute und schnelle Gespräche. Wenn wir dieses gemeinsame Verständnis über die Problemlage nicht hätten, dann wird es sehr anstrengend. Da mache ich mir nichts vor.“ Doch Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz möchte bis Ostern die Regierung gebildet haben. Spahn wünscht sich das auch. Dafür wird er der SPD später in der Sendung noch Zugeständnisse machen.
Deutschland in der Zukunft
„Die SPD hat ein ganz miserables Ergebnis heute Abend bekommen“, so Alexander Schweitzer, der Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz von der SPD. „Das ist nicht, was man sich wünschen würde, wenn man den Kanzler stellt und dann mit dem Kanzler ins Rennen geht.“ Das Ergebnis sei ein Ampel-Ergebnis, analysiert der Politiker. Die Ampel habe das Vertrauen der Menschen verloren, weil sie sich selber nicht mehr getraut habe. Das Ergebnis sei eine Schlussbilanz für die Ampel gewesen. „Und das ist eben kein gutes Ergebnis.“
Grünen-Chefin Franziska Brantner sieht das ähnlich. Die Ampelkoalition sei „die schlechteste Regierung, die die Bundesrepublik jemals hatte“, gewesen. Noch im Herbst 2024 sei ihre Partei in den Umfragen einstellig gewesen, und man habe sich wieder nach vorne gekämpft. „Aber wir haben es nicht geschafft, uns so weit nach vorne zu bewegen, wie wir es gerne geschafft hätten für unser Land“, sagt Brantner. Ihrem Kanzlerkandidaten Robert Habeck gibt sie an dem schlechten Ergebnis nicht die Schuld. Er habe „einen klasse Job gemacht“. Das Gesamtergebnis sei jedoch beunruhigend.

Grünen-Chefin Franziska Brantner (links) zeigte sich bei Caren Miosga enttäuscht über das Abschneiden ihrer Partei. (Bild: NDR/Thomas Ernst)
Copyright: NDR/Thomas Ernst
Auch sie möchte Deutschland wieder „auf Vordermann bringen“, vor allem die Infrastruktur. Sie wünscht sich, „dass das Leben wieder bezahlbar wird“. Und sie fordert, dass sich Europa neu aufstellt: „ich finde, dass jetzt alle Demokraten die Aufgabe haben, sich dieser Verantwortung zu stellen, über sich hinauszuwachsen und den Herausforderungen gerecht zu werden. ich hoffe, dass wir das schaffen, indem wir das Land wieder zusammenführen und nicht spalten.“
Das Regieren wird in den nächsten vier Jahren nicht leicht. Gerade für Friedrich Merz trifft das zu, dem viele seine Impulsivität vorwerfen. Auch als Kanzlerkandidat war er nicht besonders beliebt, verglichen mit seinen Vorgängern. Jens Spahn ist sich dennoch sicher: „Er wird der nächste Kanzler Deutschlands werden, er wird auch in Europa wieder für Führung sorgen, und er wird gute Zustimmungswerte haben und sie noch weiter ausbauen.“
Die nächste Regierung werde vor allem die irreguläre Migration in den Griff bekommen müssen, das wolle die Mehrheit der Bürger, so Spahn. „Wir sind noch eine Wahl weg von französischen, niederländischen oder österreichischen Verhältnissen. Und deswegen ist es ganz entscheidend, dass die nächste Bundesregierung, die nächste Mehrheit, bei diesem Thema einen spürbaren Unterschied macht.“
SPD-Ministerpräsident mit klarer Forderung an die CDU
So weit will Schweitzer noch gar nicht gehen. Für ihn sind zunächst die Gespräche für eine Regierungsbildung wichtig. Und da fordert er von der CDU: „Die Union muss jetzt Ansagen machen. Die Union muss jetzt sagen, wohin sie das Land führen will. Sie haben einen Regierungsauftrag gewollt, jetzt haben sie ihn. Sie müssen einladen, sie müssen Vorschläge machen, und sie müssen vor allem eine Tonlage finden, die auch einladend ist.“ Auch Schweitzer will die irreguläre Migration bekämpfen. Er ist jedoch gegen Grenzschließungen. Stattdessen müsse man Verwaltungsgerichtsverfahren beschleunigen, so wie es in Rheinland-Pfalz der Fall sei. Dort werde im Durchschnitt 3,9 Monate über einen Asylantrag entschieden.
„Ganz Europa wartet darauf, dass es endlich deutsche Führung gibt und dass das Migrationsthema europäisch gelöst wird“, so Spahn. Dennoch gelte das Versprechen von Merz, bereits am ersten Tag seiner Kanzlerschaft per Richtlinienkompetenz Zurückweisungen an den deutschen Grenzen anzuordnen. „Aber das ist natürlich nicht die Lösung auf Dauer. Auf Dauer ist der entscheidende Schritt die europäische Lösung, die Frage der sicheren Drittstaaten und Schutzgewährung auch außerhalb der Europäischen Union.“ Doch dazu braucht es erst einmal eine neue Regierung. „Wir werden einladen, wir werden Vorschläge machen, und wir werden kompromissfähig sein“, verspricht Spahn. „Aber der Maßstab ist die Problemlösung. Sonst wird das hier politisch echt ganz, ganz furchtbar.“ (tsch)