Im Nations-League-Rückspiel gegen Ungarn läuft für das DFB-Team nicht viel rund, aber auch nicht viel schief. Nur eine Entscheidung in letzter Minute sorgt für Diskussionsbedarf bei der ZDF-Expertenrunde.
Julian Nagelsmann wird nach Remis in der Nations League emotional„Das ist einmalig“
Das Viertelfinale in der Nations League war eh gebucht, am Samstag sicherten sich die Nagelsmänner mit einem 7:0 gegen Bosnien und Herzegowina sogar den Gruppensieg. Mit einem „der besten Spiele, die ich von einer deutschen Nationalmannschaft jemals gesehen habe“, jubelte Lothar Matthäus bei RTL. Er muss es wissen, er hat schließlich 150 Spiele aus nächster Nähe gesehen. Nun bestreitet die DFB-Auswahl ihre letzte Partie des Jahres gegen Ungarn. In Ungarn. Und im ZDF. Es geht um nichts mehr, höchstens noch darum, sich nicht zu verletzen. Sollte also ein ruhiger Abend werden. Vor allem für die TV-Experten.
Einer fehlt: Wo ist Kramer?
Julian Nagelsmann rotiert durch (auf neun Positionen!), das ZDF auch, es läuft mit Dreierkette auf. Nachdem im Hinspiel Per Mertesacker frei hatte, bekommt nun Christoph Kramer eine Pause. Wo er steckt, erfährt man nicht. Vielleicht legt er gerade ein Handtuch in die Bochumer Kabine. Vielleicht macht er Party auf Ibiza.
Entsprechend höher ist jedenfalls der Redeanteil der anderen Beteiligten. Fritzy Kromp lobt die Nagelsmann-Elf ausgiebig dafür, dass sie bislang aus jedem Spiel ein Festival gemacht hätte. Selbst aus den uninteressanten. Und betont gleich mehrmals, dass es an diesem Abend eben doch um „sehr, sehr viel“ gehe. Unter anderem darum, das Jahr erfolgreich abzuschließen. „Der letzte Eindruck zählt!“, findet auch Kommentator Oliver Schmidt.
Experten-Schock und Rausschmiss-Plädoyers
Der letzte Eindruck vor einem Jahr war schließlich ein schlechter. Wir erinnern uns - oder besser gesagt, das ZDF erinnert uns - an den November 2023: Nach zwei furchtbaren Kicks gegen die Türkei und Österreich war Per Mertesacker nach eigenem Bekunden „schockiert“. Oliver Schmidt weiß von „medialen Rausschmiss-Plädoyers“ gegen den Bundestrainer. Und daran gibt es wohl nichts zu rütteln: Die meisten Experten hielten damals eine gelungene Heim-EM 2024 für ähnlich wahrscheinlich wie einen Auswärtssieg von San Marino in der Nations League. (An dieser Stelle: Herzlichen Glückwunsch zum Aufstieg, Lorenzo Lazzari, Nicola Nanni, Alessandro Golinucci und die anderen!)
Es folgte aber, auch daran erinnert uns das ZDF: pure Euphorie. Passend dazu gibt es ganz aktuelle Bilder von den Nationalspielern in der Achterbahn. Und irgendwie ahnt man da schon: Auch das Spiel gegen Ungarn wird eine Achterbahnfahrt.
Robin oder Roland? Der Kommentator verwechselt den Koch
Per Mertesacker vermutet vor Anpfiff, der zweite Anzug, den Nagelsmann da aufs Feld schickt, werde sicherlich 20 Minuten brauchen, um sich zu sortieren. Er liegt falsch: Das Team braucht gut 60 Minuten für die ersten sehenswerten Spielzüge (und da sind inzwischen zwei Ärmel und ein Bein des ersten Anzugs auf dem Feld). Immerhin gibt es nach der ersten Halbzeit mal wieder etwas zu diskutieren über Baustellen in der Mannschaft und falschen Entscheidungen. Fritzy Kromps Analyse ist dabei so messerscharf, man darf schon fragen, warum die Dame die U20-Frauenmannschaft von Eintracht Frankfurt trainiert. Und nicht Schalke.
Das Spiel rumpelt vor sich hin, am amüsantesten ist noch ein Versprecher von Oliver Schmidt: Der Kommentator verwechselt Abwehrspieler Robin Koch mit Politiker Roland Koch (an den hat man beim ZDF seit der „Causa Brender“ vermutlich nicht die besten Erinnerungen). Am Ende steht ein 1:1 - auch, weil Schiedsrichter Duje Strukan unter Beteiligung des VAR den Ungarn einen Handelfmeter zuerkennt, den ein englischer Anthony Taylor niemals gegeben hätte.
Nagelsmann: „Einmaliges Wir-Gefühl“
Immerhin liefert der Eingriff aus dem „Keller“ der Expertenrunde nach Abpfiff ein neues Thema. „Gefühlt haben wir 87 Mal auf die Szene geschaut“, sagt Fritzy Kromps, „und diskutieren immer noch“. Julian Nagelsmann nimmt's mit Humor: „Sind wir doch gespannt, was die UEFA in vier Monaten dazu sagt.“ Dann blickt er auf die letzten zwölf Monate zurück und wird kurz noch einmal emotional: „So ein extremes Wir-Gefühl habe ich noch nie gespürt, das ist einmalig. Und persönlich hat mir das Jahr schon echt viel gegeben.“
Uns auch, Julian. Uns auch. Deshalb verlassen die deutschen Fans auch einigermaßen zufrieden das Stadion. Und Per Mertesacker bringt es auf den Punkt: „Diesmal wird's ein ruhigerer Winter.“ (tsch)