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Markus Lanz fassungslosFDP-Fraktionschef Dürr bringt ZDF-Moderator in Rage

Lesezeit 4 Minuten
Markus Lanz (links) nahm am Donnerstagabend FDP-Fraktionschef Christian Dürr in die Mangel. (Bild: ZDF / Markus Hertrich)

Markus Lanz (links) nahm am Donnerstagabend FDP-Fraktionschef Christian Dürr in die Mangel. (Bild: ZDF / Markus Hertrich)

Bei „Markus Lanz“ entbrannte eine Grundsatzdiskussion zum Thema Glaubwürdigkeit. Dabei geriet vor allem FDP-Fraktionschef Christian Dürr mehrmals verbal in Bedrängnis.

Wohl keine andere Partei steckt so kurz vor der vorgezogenen Bundestagswahl in einer so tiefen Krise wie die FDP. Nach dem Bruch der Ampelkoalition vor wenigen Monaten wurde die „D-Day“-Affäre um Christian Lindner enthüllt. Für die Freien Liberalen war dies ein kommunikatives Desaster und sorgte sicherlich nachträglich für Umfragewerte unter der Fünf-Prozent-Hürde.

ZDF-Moderator Markus Lanz fragte in seiner Sendung daher interessiert in Richtung FDP-Fraktionschef Christian Dürr: „Welche persönlichen Vorbereitungen haben Sie eigentlich getroffen, wenn Sie aus dem Bundestag fliegen?“ Auf die Stichelei wollte sich Dürr jedoch nur bedingt einlassen und konterte: „Wir haben nicht nur vor, in den Bundestag wieder einzuziehen, sondern das Land braucht Erneuerungen, und da muss es eine liberale Partei geben.“ Als Lanz erneut wissen wollte, ob es „keinen Plan B“ gebe, reagierte der Politiker genervt: „Es geht doch nicht um einen Plan B!“

Christian Dürr kritisierte Olaf Scholz heftig. (Bild: ZDF / Markus Hertrich)

Christian Dürr kritisierte Olaf Scholz heftig. (Bild: ZDF / Markus Hertrich)

Christian Dürr ergänzte, dass es ihm vor allem darum gehe, „dass dieses Land reformfähig wird“. „Ich denke jetzt an den Wahltag und an die Zeit danach“, so Dürr weiter. Lanz konterte darauf lachend: „Darüber denke ich auch nach - die Zeit danach!“ Der FDP-Fraktionschef wurde plötzlich ernster und gab zu: „Das Ziel ist natürlich, stärker zu sein, denn in Deutschland braucht es Mehrheiten, um diese Reformfähigkeit zu haben. Und wir stellen fest, dass viele Menschen (...) in den letzten Jahren von bürgerlichen Parteien abgerückt sind, weil sie enttäuscht waren.“

Wie Dürr es mit seiner Partei schaffen will, bessere Umfrageergebnisse einzufahren? Der Politiker erklärte energisch: „Langfristig (...) muss es sich auszahlen, wenn Politiker geradlinig sind, wenn sie zu Überzeugungen stehen, weil sie sagen: 'So kann ich das Land nach vorne bringen'.“ Eine Aussage, die Lanz sichtlich irritierte: „Haben Sie gerade geradlinig gesagt?!“

Markus Lanz: „Es geht um politische Glaubwürdigkeit“

Der ZDF-Moderator erinnerte Dürr daraufhin an die „D-Day“-Affäre, doch der FDP-Politiker schoss unbeeindruckt zurück: „Herr Lanz, wir können gerne über den Abend des Koalitionsausschusses (...) reden - auch, was Herr Scholz dort gesagt hat.“ Lanz ließ sich davon nicht beirren und merkte an: „Es geht um politische Glaubwürdigkeit! Wenn plötzlich der fatale Eindruck entsteht - da tun Leute so, als würden sie konstruktiv in einer Regierung mitarbeiten, um es dann am Ende so aussehen zu lassen, als hätten es die anderen in die Grütze geritten.“ Christian Dürr wies den Vorwurf prompt zurück: „Nein! Wenn drei Koalitionspartner es nicht mehr miteinander hinbekommen, dann ist keiner frei von Schuld.“

Bei Markus Lanz (links) diskutierten am Donnerstag (von links) Christian Dürr, Claus Ruhe Madsen, Melanie Amann und Marcel Fratzscher. (Bild: ZDF / Markus Hertrich)

Bei Markus Lanz (links) diskutierten am Donnerstag (von links) Christian Dürr, Claus Ruhe Madsen, Melanie Amann und Marcel Fratzscher. (Bild: ZDF / Markus Hertrich)

Dennoch ließ er die Gelegenheit nicht aus, öffentlich gegen Olaf Scholz zu sticheln und zu sagen, er habe „nicht den Mut“ gehabt, „Reformen in diesem Land durchzusetzen als Kanzler“. Christian Lindner habe wiederum „ein Konzept vorgestellt, (...) wie man Deutschland so entlastet, dass wir wirtschaftlich wieder nach vorne kommen“.

Journalistin Melanie Amann reagierte fassungslos: „Sie haben einen Forderungskatalog vorgelegt: 'Wenn der nicht erfüllt wird, sind wir raus'. Das ist (...) kein Kompromissvorschlag.“ Dürr sah dies offenbar anders: „Frau Amann, nein! Das war falsch, weil das an dem Abend anders gelaufen ist.“ Die Journalistin blieb dennoch bei ihrer Meinung und stellte klar: „Sie gehen als kleinster Partner in eine Koalition mit zwei linken Parteien und dann (...) beschweren Sie sich, dass der Kanzler keine große Reform machen konnte, mit der auch die Liberalen sich anfreunden können!“

Claus Ruhe Madsen: „Das kann man Ihnen echt schwer verzeihen“

Auch CDU-Politiker Claus Ruhe Madsen fand deutliche Worte für den ständigen Streit zwischen FDP, SPD und Grünen: „Das klingt fast, als wären Sie Opposition gewesen. Sie sind Teil einer Regierung gewesen!“ Ruhe Madsen fügte hinzu, dass es „unglaubwürdig“ sei, „wenn man so lange in einer Regierung ist, dass man dann, wenn es scheitert, sagt: 'Das wäre übrigens unser Vorschlag gewesen'.“ Der CDU-Mann stellte weiter klar, dass die Ampel aufgrund der vielen Differenzen schon viel früher hätte enden müssen: „Das kann man Ihnen echt schwer verzeihen, dass das so lange braucht!“

Ökonom Marcel Fratzscher kritisierte derweil das Wahlprogramm der FDP - besonders in Bezug auf die Wirtschaft. „Hier werden Versprechen gemacht, die nie erfüllt werden können“, so Fratzscher. Laut des Experten verspreche die FDP „ungefähr das Zehnfache, was der Bund eigentlich an Neuschulden unter der Schuldenbremse überhaupt machen kann. Das Zehnfache - also völlig illusorisch!“

Fratzscher ergänzte streng: „Ihr Programm sagt: Wir wollen (...) ein bisschen mehr Investitionen, aber wir wollen vor allem Steuersenkungen, die keinen wirtschaftlichen Impuls bringen.“ Das Problem? „Die Steuerentlastungen sind primär für die Spitzenverdiener. Die Menschen in der Mitte der Gesellschaft (...) bekommen wenig bis nichts.“ Als der Ökonom weiter behauptete, dass es neben der Umverteilung von Arm zu Reich auch eine „von Jung zu Alt“ geben solle, platzte Dürr der Kragen: „Herr Fratzscher, jetzt sind Sie parallel der Realität langsam!“ Laut des FDP-Mannes sei die These längst widerlegt worden, dass durch das Brechen der Schuldenbremse „mehr in Straßen und Schienen investiert wird“. (tsch)