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„Nein, das habe ich nicht gesagt!“FDP-Fraktionschef Dürr gerät bei „Markus Lanz“ in Erklärungsnot

Lesezeit 4 Minuten
Bei „Markus Lanz“ beteuerte Christian Dürr (rechts), dass er vom „D-Day“-Papier seiner Partei nichts gewusst habe.  (Bild: ZDF / Cornelia Lehmann)

Bei „Markus Lanz“ beteuerte Christian Dürr (rechts), dass er vom „D-Day“-Papier seiner Partei nichts gewusst habe. (Bild: ZDF / Cornelia Lehmann)

Nach der Veröffentlichung des „D-Day“-Papiers der FDP bezog Christian Dürr bei „Markus Lanz“ Stellung. Er stärkte dabei Christian Lindner den Rücken.

Seit dem Bekanntwerden des detaillierten FDP-Strategiepapiers zum Ampel-Ausstieg ist der Druck auf Parteichef Christian Lindner und den Rest der Parteispitze riesig. Lindner äußerte sich daher jüngst verzweifelt auf der Social-Media-Plattform „X“ und beteuerte, dass die Ampel nicht an der FDP gescheitert sei, sondern an der verlorenen Akzeptanz der Bürger. „Ein mögliches Aus wurde immer wahrscheinlicher“, so Lindner weiter. Ein Narrativ, das auch FDP-Politiker Christian Dürr am Mittwochabend bei „Markus Lanz“ wiederholte. Er betonte dabei immer wieder, dass die FDP kein Ende der Koalition provozieren wollte, sondern lediglich mehrere Szenarien skizziert habe, um auf jede Eventualität - darunter auch ein Ende der Ampel - vorbereitet zu sein.

„SZ“-Journalistin Henrike Roßbach äußert sich im Gespräch mit Lanz zum FDP-Skandal und sagte trocken: „Poliitk ist ein Geschäft mit nach außen gekehrtem Moral-Überschuss.“ (Bild: ZDF / Cornelia Lehmann)

„SZ“-Journalistin Henrike Roßbach äußert sich im Gespräch mit Lanz zum FDP-Skandal und sagte trocken: „Poliitk ist ein Geschäft mit nach außen gekehrtem Moral-Überschuss.“ (Bild: ZDF / Cornelia Lehmann)

„Wo ist denn das akribische Papier, in dem die FDP versucht, zu kommunizieren, dass sie in dieser Ampel bleibt?“, wollte Henrike Roßbach daraufhin wissen. Laut der „SZ“-Journalistin gebe es dieses Papier „halt nicht“. Auch Ökonom Rüdiger Bachmann hegte den Verdacht, dass die FDP nicht ernsthaft an einer Weiterführung der Koalition interessiert gewesen sei. Im Gegenteil: „Wenn ich in der Koalition bleiben will, dann schreibe ich doch nicht so ein Papier.“ Laut Bachmann könne dies „auch der gesunde Menschenverstand“ nicht verstehen.

Christian Dürr bei „Markus Lanz“: „Diesen Stilllstand konnte man dem Land nicht mehr zumuten“

Christian Dürr blieb jedoch dabei und betonte immer wieder: „Das Ziel war, dass man zu wirtschaftlichen Veränderungen kommt.“ Die Veränderungen hätte die FDP bestenfalls gerne „in der Bundesregierung“ umgesetzt. Lanz wollte ihm den versöhnlichen Ton jedoch nicht abkaufen und hakte nach, ob die FDP zu Kompromissen bereit gewesen wäre. Eine Frage, die Dürr bejahte und sagte, dass die FDP „an allen Stellen“ des 18-seitigen Wirtschaftspapiers zu „vernünftigen Kompromissen“ bereit gewesen wäre. Die Schuldenbremse zu brechen wäre jedoch „keine Option gewesen“.

Ökonom Rüdiger Bachmann erklärte, dass „eine seriöse liberale Partei“ auch über eine „sinnvolle Reform der Schuldenbremse diskutieren“ würde. (Bild: ZDF / Cornelia Lehmann)

Ökonom Rüdiger Bachmann erklärte, dass „eine seriöse liberale Partei“ auch über eine „sinnvolle Reform der Schuldenbremse diskutieren“ würde. (Bild: ZDF / Cornelia Lehmann)

Lanz versuchte im Laufe der Sendung immer wieder, den FDP-Politiker aus der Reserve zu locken, indem er sagte: „Sie haben das über einen langen Zeitraum durchdacht.“ Dürr nickte zunächst und erklärte, dass seine Partei die Frage, wie man „die Arbeit der Koalition ändert“, tatsächlich „sehr lange durchdacht“ habe. Lanz stichelte daraufhin: „Sie haben ja auch lange Zeit überlegt, wie man die Koalition beendet.“

Die Stichelei schmetterte Dürr ab, der nüchtern klarstellte: „Wir haben darüber gesprochen, wie man die Arbeit der Koalition verändert und wenn das nicht gelingt, dass die Koalition dann auch zu Ende ist.“ Seitens der FDP habe es „natürlich keine Bestandsgarantie“ gegeben, weshalb die Partei durchaus bereit dazu gewesen wäre, die Koalition freiwillig zu verlassen. Den „Stillstand“ habe man „dem Land nicht mehr zumuten“ können, so Dürr.

Am Mittwochabend diskutierte Markus Lanz (links) mit FDP-Fraktionschef Christian Dürr (zweiter von links), Journalistin Henrike Roßbach (Mitte), Nahost-Expertin Kristin Helberg und Ökonom Rüdiger Bachmann. (Bild: ZDF / Cornelia Lehmann)

Am Mittwochabend diskutierte Markus Lanz (links) mit FDP-Fraktionschef Christian Dürr (zweiter von links), Journalistin Henrike Roßbach (Mitte), Nahost-Expertin Kristin Helberg und Ökonom Rüdiger Bachmann. (Bild: ZDF / Cornelia Lehmann)

Grund genug für Lanz, nachzuhaken, ob Dürr wirklich nichts von der „D-Day Ablaufpyramide“ gewusst habe. „Ich kannte dieses Papier nicht“, so der FDP-Politiker. Er ergänzte: „Das Papier habe ich gesehen, als es veröffentlicht worden ist.“ Lanz fragte unbeirrt weiter: „Wusste Christian Lindner von der Existenz dieses Papiers?“ Dürr wiegelte erneut ab, woraufhin Lanz streng anmerkte: „Er hat gesagt, er hat es nicht zur Kenntnis genommen.“

Plötzlich geriet Dürr in Erklärungsnot. Er wehrte sich verbal: „Ich will jetzt keine Wortklauberei betreiben, Herr Lanz!“ Der Politiker fügte wütend hinzu: „Man würde es ja dann kennen, wenn man es auch genutzt hätte.“ Eine Aussage, die bei Lanz für Verwirrung sorgte: „Was ist das jetzt? Das ist jetzt wieder die Sache mit der Kenntnis.“ Der FDP-Mann ruderte erschrocken zurück: „Nein, ich habe doch gerade gesagt, dass ich es nicht kannte. Ich weiß nicht genau, auf welche Wortklauberei Sie jetzt hinauswollen!“ Als Lanz den Wortlaut von Dürr wiedergab, wehrte sich dieser entschlossen: „Nein, das habe ich nicht gesagt! Ich habe gesagt, ich kannte es nicht.“

Christian Dürr bei „Markus Lanz“: „Wofür ich mich nicht entschuldige, ist, dass wir vorbereitet waren“

Christian Dürr schlug bei „Markus Lanz“ jedoch auch einsichtige Töne an, als er zugab, dass es rund um das „D-Day“-Papier zu „kommunikativen Fehlern“ kam: „Das war ein Fehler und zu Fehlern bekennt man sich“, sagte der FDP-Fraktionschef, „und deswegen ist der Generalsekretär zurückgetreten.“ Dürr stellte jedoch auch klar: „Wofür ich mich nicht entschuldige, ist, dass wir vorbereitet waren auf verschiedene Szenarien!“ Dies gehöre laut Dürr zur „Professionalität von Politik dazu“.

Das Narrativ sorgte jedoch nicht nur bei Lanz, sondern auch bei Ökonom Rüdiger Bachmann für Kopfschütteln. Er merkte kritisch an: „Für mich ist das einfach unseriös!“ Bachmann wetterte weiter: „Eine seriöse liberale Partei würde auch über eine zumindest sinnvolle Reform der Schuldenbremse diskutieren.“ Ein Vorwurf, den Christian Dürr nicht unkommentiert lassen wollte. Während er klarstellte, dass die Schuldenbremse „richtig“ sei und weiterhin stehe, klagte er an: „Ich habe manchmal das Gefühl, dass wir in Deutschland an einer Situation sind, in der Fehler quasi verboten werden!“ Eine Aussage, auf die Lanz prompt konterte: „Nein, das ist doch Quatsch!“ (tsch)