Versicherungsbetrug und häusliche Gewalt waren die zwei großen Themen, um die sich der 46. Münster-“Tatort: Man stirbt nur zweimal“ mit Thiel (Axel Prahl) und Boerne (Jan Josef Liefers) drehte. Von letzterem sind immer mehr Frauen in Deutschland betroffen.
Nach dem Münster-“Tatort“Wie viele Frauen leiden unter häuslicher Gewalt?
Fast scheint es, als werde der seit 2002 produzierte Münster-“Tatort“ mit Hauptkommissar Thiel (Axel Prahl) und Rechtsmediziner Karl-Friedrich Boerne (Jan Josef Liefers) etwas altersmüde: Verglichen mit den absurden vergangenen Filmen wie „Tatort: Limbus“ (Thema: Zwischenwelt) und „Tatort: Propheteus“ (Thema: Prepper und Reptiloiden) war der 46. Fall „Man stirbt nur zweimal“ (Regie: Janis Rebecca Rattenni, Drehbuch: Sascha Arango) recht gewöhnlich - abgesehen vielleicht von der Todesursache im Mordfall, um den sich alles drehte.
Der Anwalt Oskar Weintraub (Nils Brunkhorst) starb beim Sturz von einer Brüstung, bei dem sein Körper vom Speer einer darunter stehenden Krieger-Skulptur durchbohrt wurde. Was nach einem tragischen Unfall aus Notwehr aussah, entwickelte sich zu einem komplexen Fall.
Worum ging es im „Tatort“?
Wenige Stunden vor seinem Tod hatte Weintraub die verwitwete Doreen Prätorius (Cordelia Wege) erfolgreich im Rechtsstreit mit einer Versicherung unterstützt. Diese hatte sich geweigert, die fällige Lebensversicherung von Doreens Mann auszuzahlen. Dabei war Jonas Karl Prätorius bereits vor drei Jahren während einer seiner vielen Forschungsreisen verstorben. Das jedenfalls behauptete Doreen Prätorius.
Tatsächlich stieß Weintraub im Haus seiner Mandantin zufällig auf den Totgesagten (Christian Erdmann). Dieser bot Weintraub zunächst einen Anteil an der erschlichenen Summe an, als dieser ablehnte und drohte, den Schwindel auffliegen zu lassen, stieß Jonas Karl Prätorius ihn von der Brüstung.
Worum ging es wirklich?
Versicherungsbetrug war somit eines der zwei großen Themen, um die sich dieser „Tatort“ drehte. „Statistisch betrachtet hat bereits jeder zehnte Bundesbürger einmal einen Versicherungsbetrug begangen“, erläuterte Boerne in einem Vortrag gleich zu Beginn des Films: „Jeder dritte kann sich das zukünftig vorstellen.“ Tatsächlich nahm der Schaden, der hierzulande durch Versicherungsbetrug entsteht, im vergangenen Jahr deutlich auf geschätzt über sechs Milliarden Euro. So berichtet der Verband der Deutschen Versicherungswirtschaft. Der Anteil der Verdachtsfälle blieb mit etwa zehn Prozent unverändert.
Das zweite große Thema des Krimis war das gesellschaftlich ebenso präsente der häuslichen Gewalt: Nach dem Mord an Weintraub zwang Jonas Karl Prätorius seine Ehefrau zur Falschaussage: Weintraub habe sie bedroht und geschlagen, weshalb sie ihn aus Notwehr die Brüstung hinab gestoßen habe. Um die Geschichte zu stützen, fügte Prätorius seiner Frau entsprechende Verletzungen zu. Auch im weiteren Verlauf des Films wurde er handgreiflich.
Wie viele Frauen sind hierzulande von häuslicher Gewalt betroffen?
Häusliche Gewalt ist ein zunehmendes Problem in unserer Gesellschaft. Obwohl es durchaus auch männliche Opfer gibt, sind von dem Problem besonders Frauen betroffen: Laut einer im November veröffentlichten Auswertung des Bundeskriminalamts sind die Opfer in 70,5 Prozent der Fälle von häuslicher Gewalt weiblich. Die Zahl der weiblichen Opfer von häuslicher Gewalt stieg zuletzt um 5,6 Prozent auf 180.715. Im Jahr 2022 waren es noch 171.076 Betroffene.
Auch bei anderen Taten, die sich spezifisch gegen Frauen richten, verzeichnet das BKA 2023 im Vergleich zum Vorjahr einen Anstieg: So wurden 938 Frauen oder Mädchen Opfer eines Femizids, eines Tötungsdelikts an Frauen, weil sie Frauen sind. Das entspricht einem Anstieg von einem Prozent. Die Opferzahl von Sexualstraftaten gegen Frauen stieg um 6,2 Prozent auf 52.330. Insgesamt liegt der Anteil weiblicher Opfer bei Sexualstraftaten bei 86,7 Prozent. Die Hälfte der Betroffenen ist minderjährig.
Welche Gegenmaßnahmen plant die Bundesregierung?
Am 1. August 2014 trat mit der sogenannten Istanbul-Konvention ein Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt auf internationaler Ebene in Kraft. In Deutschland gilt die Konvention seit 1. Februar 2018. Mitte November hatte die Familien- und Frauenministerin Lisa Paus (Grüne) den Vertretungen der Länder im Zuge dessen den 45-seitigen Entwurf eines „Gesetzes für ein verlässliches Hilfesystem bei geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt“ vorgelegt. So will der Bund die Länder unter anderem finanziell beim Ausbau von Frauenhausplätzen und Beratungsstellen unterstützen. Ein Inkrafttreten des Gesetzes steht durch den Bruch der Ampel-Koalition derzeit allerdings auf wackligen Beinen.
Die Union hatte zuletzt einen eigenen Antrag zum Thema vorgelegt. Für eine Verabschiedung des von Rot-Grün geplanten Gewalthilfegesetzes fordern CDU und CSU eine schnelle Verständigung mit den Ländern über die Finanzierung und den zügigen Ausbau von Frauenhäusern. Auch müsse gewährleistet werden, dass dort künftig keine Transfrauen Zuflucht fänden. Weitere Änderungswünsche betreffen die Strafverfolgung und die Möglichkeit einer elektronischen Fußfessel für Gewalttäter.
Wie geht es mit dem Münster-“Tatort“ weiter?
Im „Tatort: Man stirbt nur zweimal“ endete die fragwürdige Beziehung des Ehepaars Prätorius tragisch: Nachdem Jonas Karl Prätorius seine Frau niedergeschlagen und samt einem Anteil der erbeuteten Summe im Auto entführt hatte, griff diese nach ihrem Erwachen ins Lenkrad und verursachte einen Unfall, bei dem Jonas Karl Prätorius starb. Thiel und Boerne befanden sich zu diesem Zeitpunkt in einem unterirdischen Bunker, in dem der Totgeglaubte sich versteckt und schließlich den Kommissar und den Rechtsmediziner eingesperrt hatte. Boernes Assistentin Silke Haller (ChrisTine Urspruch) gelang es, den Bunker aufzuspüren und die beiden zu befreien.
Somit steht der Zukunft des Kult-Duos nichts im Wege: Die Dreharbeiten zum 47. Münster-“Tatort: Ich gestehe“ (Arbeitstitel) fanden von Anfang September bis Anfang Oktober in Köln, Münster und Umgebung statt. Der Film von Drehbuchautorin Regine Bielefeldt macht die Wohnungsnot unter Studentinnen und Studenten zum Thema: Nach einer ausgelassenen Party in der medizinischen Fakultät wird der Student Chris Haffmeister (Jonas Stenzel) erstochen aufgefunden. Könnte sein Zugang zur Uni-Wohnungsbörse ein Tatmotiv gewesen sein? (tsch)