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Naomi Krauss im Interview„Alt wird man ab 90“

Lesezeit 11 Minuten
Schauspielerin Naomi Krauss ist fasziniert von ihrer neuen Rolle, der Kommissarin Eleni, die auf Kreta ermittelt. Sie mag ihre geheimnisvolle Art, die erahnen lässt, dass stille Wasser ziemlich tief sein können. (Bild: ARD Degeto Film/Relevant Filmproduktions GmbH/George Dryjohn)

Schauspielerin Naomi Krauss ist fasziniert von ihrer neuen Rolle, der Kommissarin Eleni, die auf Kreta ermittelt. Sie mag ihre geheimnisvolle Art, die erahnen lässt, dass stille Wasser ziemlich tief sein können. (Bild: ARD Degeto Film/Relevant Filmproduktions GmbH/George Dryjohn)

Naomi Krauss als Kommissarin im neuen Kreta-Krimi „Tod in der Bucht“ (Donnerstag, 6. März, 20.15 Uhr, im Ersten) - ein Volltreffer! Die schweizer-israelische Schauspielerin aus „Faraway“ über Neustarts mit 50-Plus, ihre jüdischen Traditionen und das mitunter harte Brot der Schauspielzunft.

Sie hat keins der Fernsehgesichter, die man schon überall gesehen zu haben glaubt. Obwohl Naomi Krauss auch im „Tatort“ oder im „Bergdoktor“ dabei war, in „SOKO Potsdam“ und „Rote Rosen“ mitmischte, umgibt die Halb-Israelin mit den langen dunklen Haaren noch immer der Charme des Geheimtipps. Einem breiteren Publikum bekannt wurde die 58-jährige in Basel geborene Schauspielerin, die einige Jahre ihrer Kindheit in Israel verbrachte, durch den Netflix-Hit „Faraway“. Die Wahl-Berlinerin hat spürbar Freude daran, im Gespräch einen Teil ihrer Geschichte zu erzählen, und sie tut dies auf ungemein warmherzige, freundliche Weise, vor allem, wenn sie von ihrer Tochter Lina spricht.

Dabei hat Naomi Krauss nicht nur die Seifenblasen-Seiten ihres Berufs kennen gelernt: Sie berichtet von Existenzängsten, Absagen und verpassten Chancen wie in „Schindlers Liste“, aber auch von ihrer Leidenschaft für das Schauspiel, die ihr nun eine weitere Hauptrolle eingebracht hat: Im neuen Donnerstags-Krimi „Tod in der Bucht - Ein Kreta-Krimi“ (Donnerstag, 6. März, 20.15 Uhr, im Ersten, ab 3. März in der Mediathek) verkörpert sie ganz großartig die spröde wirkende Kommissarin Eleni, die auf ihrer Heimatinsel nicht nur einen Mordfall aufzuklären, sondern auch mit ihrer Familie so manches Verborgene zu enthüllen hat.

Mehr Spaß beim Älterwerden

teleschau: Ihre Eleni in „Tod in der Bucht“ ist eine außergewöhnliche Frau: Sie kehrt nach 40 Jahren in ihre Heimat Kreta zur Familie zurück. ist nicht besonders nett, nicht glatt und hat offenbar eine Menge Geheimnisse ...

Naomi Krauss: Ja, das ist eine interessante Figur. Menschen sind nicht glatt. Eleni hat in ihrem Rucksack eine Menge Geschichten zu tragen. Sie war 40 Jahre nicht auf der Insel, das ist kein leichter Angang, wenngleich eine wohlüberlegte Rückkehr. Ich finde es toll inszeniert, toll geschrieben. Natürlich hat jeder einen anderen Geschmack, aber ich bin total glücklich mit dieser Arbeit. Mein größter Wunsch wäre, dass man Eleni ins Herz schließt.

Gerne erinnert sich Naomi Krauss, hier im Kreta-Krimi „Tod in der Bucht“ an ihre Kindheitsjahre in Israel, wo der Schabbat mit der ganzen Großfamilie gefeiert wurde. (Bild: ARD Degeto Film/Relevant Filmproduktions GmbH/George Dryjohn)

Gerne erinnert sich Naomi Krauss, hier im Kreta-Krimi „Tod in der Bucht“ an ihre Kindheitsjahre in Israel, wo der Schabbat mit der ganzen Großfamilie gefeiert wurde. (Bild: ARD Degeto Film/Relevant Filmproduktions GmbH/George Dryjohn)

teleschau: Diese Kommissarin hat so viele Facetten, sie birgt so viele unerzählte Geschichten. Geht es weiter?

Naomi Krauss: Ich freue mich, dass Sie das sagen. Eleni ist eine auf den ersten Blick geheimnisumwobene Frau, man ist gespannt, was mit ihr passiert, wie sie sich verhalten wird. Ich persönlich finde solche Kommissarinnen am spannendsten, wenn man auch in die private Seite Einblick erhält. Wir hoffen sehr, dass unser Kreta-Krimi „Tod in der Bucht“ bei den ZuschauerInnen Anklang findet und wir weitermachen dürfen. Die Figur der Eleni ist längst noch nicht auserzählt, und auf Kreta lauern ebenfalls viele spannende Geschichten. Also Daumen drücken!

teleschau: Eleni ist eine sehr mutige Frau, die einen Neuanfang mit über 50 wagt. Wäre so ein Schritt für Sie denkbar, vielleicht sogar in einem anderen Land?

Naomi Krauss: Ja, absolut. Mir ist das überhaupt nicht fremd. Einer der Auslöser für die Figur Eleni war ihr Brustkrebs, was in ihr bewirkt hat, dass sie über ihr Leben nachgedacht hat und die Konflikte in ihrer Familie heilen wollte. Ich glaube, ich persönlich würde so etwas nicht brauchen, um den Mut zu haben, neu anzufangen. Ich hätte sogar Lust! Vor drei Jahren drehte ich „Faraway“ für Netflix, auch eine Geschichte über eine über 50-Jährige, die neu anfängt. Ich habe nicht damit gerechnet, dass ich in meinem Alter noch mal die Möglichkeit kriege, eine Hauptrolle auf Netflix zu spielen, in einer Komödie, die zwei Wochen auf Platz eins war. Und dass ich jetzt ein Angebot als Kommissarin habe, finde ich einfach großartig. Ich liebe Eleni sehr und vermisse sie schon richtig (lacht).

teleschau: Was ist das Besondere an Figuren in diesem Alter?

Naomi Krauss: Ich finde, Frauen ab 50 stehen am Abschluss von etwas anderem. Sie sind noch nicht alt und nicht mehr jung. Es gibt ein Sprichwort von den Japanern, die sagen „Alt wird man ab 90“, das ist genial. Meine Mutter zum Beispiel ist 78 und musste vor zwei Jahren neu anfangen, weil man ihre Wohnung nach 40 Jahren wegen Eigenbedarfs verkaufte. Zuerst war es ganz schlimm, aber jetzt sagt sie, es habe sie sogar belebt. Ich glaube, wenn wir offen bleiben und mutig sind, können wir mehr Spaß haben beim Älterwerden.

Schabbat in der Großfamilie

Für Naomi Krauss wäre ein Neuanfang mit über 50, so wie ihn ihre Figur Eleni durchzieht, durchaus denkbar. Die Schauspielerin spricht sieben Sprachen und würde von daher gern auch im Ausland leben und arbeiten. (Bild: ARD Degeto Film/Relevant Filmproduktions GmbH/George Dryjohn)

Für Naomi Krauss wäre ein Neuanfang mit über 50, so wie ihn ihre Figur Eleni durchzieht, durchaus denkbar. Die Schauspielerin spricht sieben Sprachen und würde von daher gern auch im Ausland leben und arbeiten. (Bild: ARD Degeto Film/Relevant Filmproduktions GmbH/George Dryjohn)

teleschau: Wobei Ihnen ja ein Dramaturg am Theater schon vor vielen Jahren geweissagt hat, dass Ihre Zeit im Alter von 50 kommen würde.

Naomi Krauss: Ja, das war Dieter Sturm von der Schaubühne. Dort hatte ich mein erstes Engagement direkt nach der Züricher Schauspielschule, und ich war so traurig, weil es dann nicht mehr klappte. Da tröstete er mich damit, dass es ab 50 dann so richtig losginge (lacht). Und ich dachte, oh nee, so lange will ich nicht warten. Natürlich gab es dazwischen noch einige andere Sachen. Ich bin sehr dankbar dafür, dass es jetzt so ist, wie es ist.

teleschau: Wenn Sie noch mal in ein anderes Land gehen würden, welches wäre das?

Naomi Krauss: Ich bin halb Schweizerin, halb Israelin. Obwohl meine ganze Familie mütterlicherseits in Israel ist, wäre es aus politischen Gründen und natürlich wegen dem Krieg schwierig für mich. Aber das Land ist ein Traum: die Menschen, das Wetter, die Geschichte, die Atmosphäre, die Offenheit, alles. Alle Länder sind da vereint, aus der ganzen Welt. Und die Schweiz wäre mir zu ruhig. Ich bin Berlin-Fan, aber mich würde Italien sehr reizen, wenn ich in Europa bleiben wollte.

teleschau: Sie sprechen sieben Sprachen, ist Italienisch auch dabei?

Naomi Krauss: Ein bisschen Italienisch kann ich. Aber mit der Aussage „sieben Sprachen“ muss man bescheidener umgehen (lacht). Ich habe sie alle gelernt, spreche aber nur Deutsch, Schweizerdeutsch, Hebräisch und Englisch fließend, dann ganz gut Spanisch und Französisch. Italienisch habe ich in der Schule gelernt und verstehe mehr, als ich es sprechen kann.

„Menschen sind nicht glatt“: Naomi Krauss (2017 in Berlin). (Bild: 2017 Getty Images/Christian Marquardt)

„Menschen sind nicht glatt“: Naomi Krauss (2017 in Berlin). (Bild: 2017 Getty Images/Christian Marquardt)

teleschau: Sie haben als Kind mehrere Jahre in Israel gelebt. Was haben Sie für Erinnerungen an diese Zeit?

Naomi Krauss: Wunderschöne! Ich war im Alter von zwei bis sechs da und kann mich an meinen Kleinkindergarten direkt am Meer erinnern und an den Geruch der Luft. Mein Vater hat mit mir und unserem Hund Spaziergänge am Meer gemacht, morgens vor dem Kindergarten. Ich denke an meine Großmutter, die jemenitische Jüdin war, und an den Duft ihres selbstgebackenen Fladenbrotes. Freitagabend zum Schabbat wurde gesungen und getanzt, in der ganzen riesengroßen Familie. Es war so schön!

„Ich bin ein sehr unpolitischer Mensch“

teleschau: Wenn Sie heute Nachrichten aus Israel sehen, was macht das mit Ihnen?

Naomi Krauss: Das Massaker am 7. Oktober hat mich verändert. Freunde meiner Verwandten sind dabei gestorben. Ich habe keine Kraft mehr und will mit niemandem darüber reden, der das mit dem Nahost-Konflikt vermischt. Das eine ist Terrorismus, und das andere ist ein religiös-politischer Konflikt. Das ist für mich ein Unterschied. Ich hatte nicht das Gefühl, dass wir Raum hatten, das zu verarbeiten, und muss mich immer nur rechtfertigen. Dazu fehlt mir die Kraft. Ich bin für Frieden und Menschlichkeit auf beiden Seiten, und mir tun alle Opfer weh. Aber ich bin ein sehr unpolitischer Mensch und habe aufgehört, meine eigenen Sachen über Israel auf Instagram zu posten oder Nachrichten zu lesen, weil es meine Seele beschwert. Dann möchte ich mich lieber auf mein Leben fokussieren und das, was darin gut ist.

teleschau: Inwiefern leben Sie jüdische Traditionen?

Naomi Krauss: Meiner Tochter wollte ich weitergeben, dass das Judentum aus verschiedenen Bausteinen besteht und nicht nur eine Religion ist, sondern auch eine Geschichte, eine Kultur, eine Spiritualität, die Kabbala genannt wird. Auch die Religion wird ganz unterschiedlich praktiziert. Wichtig ist mir der Freitagabend, also das Kerzenanzünden zum Beginn des Schabbat, und die ganzen Feiertage, sowohl die biblischen als auch die historischen. Das mache ich für mich selber auch. Ich bin zwar jüdisch geboren, aber ich kann jeder Religion etwas abgewinnen. Für die Juden war Jesus ein spiritueller Mann, aber nicht Gottes Sohn. Mich interessiert es, zu lesen, was er den Menschen gesagt hat. Auch der Buddhismus hat für mich schöne Seiten. Ich bin sehr offen und suche mir das Beste heraus.

Während der Dreharbeiten zu „Tod in der Bucht“ lernte Naomi Krauss (Mitte), hier mit ihrem Ermittler-Team, das von Danilo Kamperidis und Franziska von Harsdorf gespielt wird, die griechische Insel Kreta kennen und lieben. (Bild: ARD Degeto Film/Relevant Filmproduktions GmbH/George Dryjohn)

Während der Dreharbeiten zu „Tod in der Bucht“ lernte Naomi Krauss (Mitte), hier mit ihrem Ermittler-Team, das von Danilo Kamperidis und Franziska von Harsdorf gespielt wird, die griechische Insel Kreta kennen und lieben. (Bild: ARD Degeto Film/Relevant Filmproduktions GmbH/George Dryjohn)

teleschau: Ist Ihre Spiritualität für Sie eine Kraftquelle?

Naomi Krauss: Absolut! Wenn es eine Religion gäbe, die Spiritualis heißt, dann wäre ich eine Spiritualista (lacht). Ich finde es spannend, dass man an eine Kraft glaubt, ob man die jetzt Universum nennt oder Gott, spielt keine Rolle. Diese Kraft ist stärker als wir, und ich fühle mich damit sicherer. Wenn ich zum Beispiel Castings mache und permanent Absagen oder wie so oft gar keine Rückmeldung bekomme, versuche ich mir zu sagen: Das hat einen Grund, das war nicht für dich, es kommt etwas Besseres. Das hilft mir weiter, auch wenn ich zuerst natürlich traurig bin. Manchmal sehe ich dann, wer die Rolle bekommen hat, und denke, toll, die passt da viel besser rein. Dann kann ich mich auch mitfreuen.

Aus „Schindlers Liste“ wurde nichts

teleschau: Sie haben oft davon erzählt, dass es in Ihrem beruflichen Leben immer wieder Engpässe gab, dass die Rollen ausblieben, dass Sie Arbeitslosengeld beziehen mussten. Würden Sie sagen, dass diese Erfahrungen ihren Sinn hatten?

Naomi Krauss: Die harten Zeiten haben mich als Mensch weitergebracht, weil ich lernen musste, unabhängig von außen - einem Mann, einem Beruf, einem Erfolgsmoment - mein Glück zu finden. Sonst wäre ich ja nur depressiv und würde denken, mich will niemand. Wie finde ich das Glück, wenn ich einfach in der Stille bin und meine Castings mache und abwarte? Die Flauten waren eine Schule dafür. Ich habe eine gute Freundin, die mich immer unterstützt, weil sie sehr viel Geld hat. Von der leihe ich mir oft etwas und zahle es zurück, sobald ich einen Film gedreht habe. So halte ich mich über Wasser.

teleschau: Sie haben auch am Empfang einer Osteopathie-Praxis gearbeitet ...

Zu ihrer Tochter Lina hat Naomi Krauss (rechts) ein besonders inniges Verhältnis, auch wenn sie längst ausgezogen ist. In „Tod in der Bucht“ ist sie zur Hochzeit ihrer Verwandten Niki (Sotiria Loucopoulos) eingeladen. (Bild: ARD Degeto Film/Relevant Filmproduktions GmbH/George Dryjohn)

Zu ihrer Tochter Lina hat Naomi Krauss (rechts) ein besonders inniges Verhältnis, auch wenn sie längst ausgezogen ist. In „Tod in der Bucht“ ist sie zur Hochzeit ihrer Verwandten Niki (Sotiria Loucopoulos) eingeladen. (Bild: ARD Degeto Film/Relevant Filmproduktions GmbH/George Dryjohn)

Naomi Krauss: Das war während der Corona-Zeit. Seit dem Kreta-Krimi hatte ich genau einen einzigen Drehtag, und das ist auch schon wieder ein Jahr her. Was sich aber verändert hat: Ich habe viel mehr Castings, und auch die verstehe ich als Arbeit und nicht mehr als Prüfung. Ich kriege die Chance, und sei es nur für zehn Minuten, eine Rolle zu sein, und die Leute haben mich gesehen, auch wenn es dann nicht klappt.

teleschau: Der Kontakt zu Ihren Fans ist Ihnen wichtig. Stimmt es, dass Sie Fanpost aus Brasilien bekommen?

Naomi Krauss: Meine Tochter hat mir beigebracht, einen Instagram-Account zu nutzen, und es ist Wahnsinn, was ich für Fans habe, ja, in Brasilien und auch Indien. Die Menschen dort schreiben ihren Schauspielern, das ist eine ganz andere Kultur. Sie erzählen mir, dass meine Figur in „Faraway“ ihnen Kraft gegeben hat, dass sie auch ihren Traum leben wollen. Das sind Geschenke für mich. Obwohl, wenn ich einen Preis kriegen würde, wäre das auch nicht schlecht (lacht). Aber tiefer geht für mich mein Publikum, dass die Menschen berührt und inspiriert werden. Auch dass Sie gesagt haben, Sie haben Lust, die Geschichte von Eleni weiter zu sehen, das ist für mich ein Geschenk.

teleschau: Vor vielen Jahren wäre es für Sie beinahe nach Hollywood gegangen, als man Ihnen eine Rolle in „Schindlers Liste“ angeboten hat, die Sie aufgrund eines Theaterengagements nicht annehmen konnten. Wenn die Tür nach Hollywood sich noch einmal öffnen würde, wie wäre das für Sie?

Naomi Krauss: Ich wäre sofort dabei! Bis jetzt kam noch nichts, aber das kann ja noch werden (lacht). Obwohl ich hier gerne lebe und drehe, fände ich es spannend. So eine Karriere wie die von Christoph Waltz und Sandra Hüller hätte ich auch gerne (lacht).

„Meine Tochter soll dann kommen, wenn ihr Herz das möchte“

teleschau: Ihre Tochter ist ausgezogen und lebt ihr eigenes Leben. Würde es Ihnen schwerfallen, wegzuziehen und sie nicht mehr in der Nähe zu haben?

Naomi Krauss: Nein. Ich habe so eine enge, tiefe Verbindung zu meiner Tochter, dass ich gerade deswegen loslassen kann. Wir sind eh verbunden, egal wo ich bin. Sie hat auch gesagt, „Mama, wenn du mal weg willst, ist das okay.“ Ich bin keine Mutter, die sagt: „Komm bitte jeden Sonntag zum Mittagessen.“ Sie soll dann kommen, wenn ihr Herz das möchte, die Tür steht immer offen. Ich vertraue ihr und weiß, egal wie viel wir uns sehen, wir lieben uns. Für die Kinder ist es so wichtig, dass sie merken, dass die Eltern ihnen vertrauen.

teleschau: Wie war es für Sie, Ihre Tochter schon mit 16 Jahren loszulassen?

Naomi Krauss: Als sie ausgezogen ist, musste ich erst mal für mich klären, wer ich eigentlich ohne Lina bin. Sie war 16 Jahre bei mir, aber danach fand ich es auch ganz toll, wieder für mich zu sein. Man spürt sich wieder mehr und was man eigentlich wirklich möchte. Mein Kind war immer schon ein Freigeist, und es war mir klar, dass es nicht anders geht, als sie freizulassen. Sie ist das Wichtigste in meinem Leben und wird es auch immer bleiben, aber das heißt nicht, dass wir permanent zusammen sein müssen.

teleschau: Wenn Sie nicht Schauspielerin geworden wären, welche Richtung hätten Sie sich vorstellen können?

Naomi Krauss: Wenn ich das Talent dazu gehabt hätte, wäre ich gern Sängerin geworden. Oder, und dazu hätte ich das Talent gehabt, Tänzerin. Flamenco, Salsa, afro-kubanische Tänze. Das habe ich schon mit 13 gemacht. Ich tanze noch immer wahnsinnig gerne. Wenn ich meinen Beruf jetzt wechseln müsste, würde ich gern schreiben können, und zwar mein eigenes Leben. Es gibt so viel, das ich nie nach außen getragen habe, aber in einem Buch würde ich mich trauen, davon zu erzählen. Auch der Beruf der Kinderärztin würde mich interessieren, ich finde Kinder unglaublich. (tsch)