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Nicht nur Kindergelderhöhung steht auf der Kippe„Die Union ist nicht das Ersatzrad“

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Hubertus Heil diskutiert mit Julia Klöckner bei „Maischberger“. (Bild: WDR/Oliver Ziebe)

Hubertus Heil diskutiert mit Julia Klöckner bei „Maischberger“. (Bild: WDR/Oliver Ziebe)

Eigentlich will die Rumpf-Regierung in den nächsten Wochen noch diverse Gesetze durch den Bundestag bringen. Doch das ist fraglich. Bei Sandra Maischberger im Ersten diskutieren Hubertus Heil von der SPD und Julia Klöckner von der CDU darüber.

„Dieses Gespräch lässt mich fassungslos zurück.“ Das sagt die ARD-Wirtschaftsredakteurin Anja Kohl nach dem Talk bei Sandra Maischberger im Ersten. Dort treffen am Dienstagabend Arbeits- und Sozialminister Hubertus Heil von der SPD und die CDU-Wirtschaftspolitikerin Julia Klöckner aufeinander. Klöckner hat auf Wahlkampf geschaltet, Heil wirkt ein wenig wie der Metzger, der schnell noch ein paar Wurstwaren unters Volk bringen will, deren Haltbarkeitsdatum kurz vor dem Ablaufen ist.

Der Minister hat noch viel vor. Seine Partei will diverse Gesetze durch den Bundestag bringen. Klöckner ist damit nicht einverstanden. Reden könne man ja, sagt sie. Aber erst muss Kanzler Scholz die Vertrauensfrage gestellt haben. Das will er in der letzten Parlamentssitzungswoche des Jahres tun. Dann will Bundespräsident Steinmeier den Bundestag auflösen, um den Weg für Neuwahlen am 23. Februar freizumachen. Bei Maischberger liefern sich die beiden Kontrahenten eine lebendige, aber fruchtlose Diskussion, die zeigt, was die Zuschauerinnen und Zuschauer in den nächsten Wochen erwarten wird.

Die beiden fallen sich immer wieder ins Wort. Maischberger versucht nach Kräften, die Diskussion mit ihren Fragen zu befeuern. Wichtig wird am Ende, was die CDU-Politikerin nicht sagt. Unter anderem, wie sie es mit den Sozialgesetzen hält, die die Bundesregierung gerne noch beschließen möchte. Das Problem: Dazu braucht sie die Union. Und geht es nach Klöckner, schaltet die auf stur.

Die meisten Gesetze könnten scheitern

Große Reformen werde es in diesem Jahr nicht mehr geben. Das weiß Hubertus Heil. Zum Beispiel die Rentenreform. „Die wird nach der Wahl notwendig sein, weil wir da mit der CDU nicht zusammenkommen werden“, sagt Heil, der auf einen Sieg der Sozialdemokraten setzt. „Da müssen die Bürgerinnen und Bürger entscheiden, ob das Rentenniveau stabil bleibt oder nicht.“

Hubertus Heil und Julia Klöckner (mitte) sind bei Sandra Maischberger zu Gast. (Bild: WDR/Oliver Ziebe)

Hubertus Heil und Julia Klöckner (mitte) sind bei Sandra Maischberger zu Gast. (Bild: WDR/Oliver Ziebe)

Davor möchte er, dass die Regierung gemeinsam mit der Union noch bestimmte Vorhaben durch den Bundestag bringt. „Beim Thema Netzentgelte für die Industrie können wir was tun. Wir können was tun beim Thema Deutschlandticket. Wir können die kalte Progression senken.“ Auch die Stärkung des Bundesverfassungsgerichts könnte gemeinsam von den demokratischen Parteien im Bundestag beschlossen werden. Danach könnten die Wählerinnen und Wähler zwischen klaren Alternativen entscheiden. Und: „Um das klarzustellen: Olaf Scholz ist der Kanzlerkandidat der SPD, und wir kämpfen um ein neues Mandat.“

„Wir wollen einen Politikwechsel für Deutschland“, erklärt Julia Klöckner. Aber erst nach der Wahl. „Die Union ist nicht das Ersatzrad einer entgleisten Regierung“, betont sie. Dennoch werde man für die Stärkung der Rechte des Verfassungsgerichts stimmen. Aber sonst: Für die Verlängerung des Deutschlandtickets nicht, denn es gebe keinen Haushalt für das Jahr 2025. Für den Abbau der kalten Progression auch nicht, denn auch dafür müsse zunächst ein Haushalt beschlossen werden.

„Wir müssen erst die Vertrauensfrage gestellt haben und dann reden wir miteinander“, sagt Klöckner. „Herr Heil ist in einer Rumpf-Regierung. Wir sind in der Opposition, und wir kontrollieren die Regierung. Wir sind nicht dafür verantwortlich, dass wir eine schlechte Politik zum Ende bringen.“

„Es gibt ja noch verantwortliche Leute in der CDU“

„Der Bundestag ist nicht entlassen. Da sind Abgeordnete, die sind gewählt. Und wir werden miteinander reden. Ich werbe für Vernunft“, so Heil. Reden werde man aber erst nach der Vertrauensfrage, beharrt Klöckner. Ob das auch für die zum 1. Januar geplante Kindergelderhöhung gelte, fragt Maischberger daher. „Diese Regierung ist gescheitert. Und wenn der Bundeskanzler früher die Vertrauensfrage stellen würde, würden wir auch früher darüber reden.“

Das ist nun aber wegen des Wahltermins am 23. Februar nicht möglich, und dafür hatte sich auch CDU-Chef Merz eingesetzt. Maischberger hakt nach: „Das heißt, in diesem Jahr wird die Union keinem einzigen Gesetzentwurf zustimmen, außer dem mit dem Bundesverfassungsgericht?“ Klöckners Antwort: „Wir reden darüber, wenn wir die Vertrauensfrage gestellt haben.“

Maischberger will es noch genauer wissen: „Wird es vor der Vertrauensfrage noch irgendeine Zustimmung zu einem Gesetz geben, das jetzt im Bundestag anliegt?“ „Das hängt von den Gesetzen ab. Diese Regierung hat es nicht geschafft, und ich denke, dass wir eine andere Regierung für Deutschland brauchen.“ Die Familien und die Wirtschaft brauchten mehr Unterstützung, die Menschen mehr Geld in der Tasche. Das wolle die Union in den ersten 100 Tagen ihrer Regierung umsetzen.

Doch bis es soweit ist, werden noch einige Monate ins Land gehen. Zu viele für die SPD. Ob er das Gefühl habe, er bekomme die Umsetzung neuer Gesetze mit Julia Klöckner noch gebacken, will Sandra Maischberger denn auch wissen. „Mit Frau Klöckner vielleicht nicht“, antwortet Heil. „Aber es gibt ja noch verantwortliche Leute in der CDU.“ Und trotzdem: Hört man Julia Klöckner genau zu, dann wird klar: Die Kindergelderhöhung zum 1. Januar könnte genauso auf der Kippe stehen wie das Deutschlandticket und Steuererleichterungen für Klein- und Mittelverdiener. (tsch)