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Ringo als Country-StarrDas sind die Musik-Highlights der Woche

Lesezeit 4 Minuten
Ringo Starr veröffentlicht mit „Look Up“ ein Country-Album - sein zweiter Ausflug in das Genre nach „Beaucoups Of Blues“ im Jahr 1970. (Bild: Capitol/Universal Music)

Ringo Starr veröffentlicht mit „Look Up“ ein Country-Album - sein zweiter Ausflug in das Genre nach „Beaucoups Of Blues“ im Jahr 1970. (Bild: Capitol/Universal Music)

Melissa Naschenweng, Franz Ferdinand und Ringo Starr, der nach über 50 Jahren mal wieder ein Country-Album aufgenommen hat: Erfahren Sie hier, was neu, wichtig und hörenswert ist in der Welt der Musik.

Er macht ganz ungeniert, worauf er Lust hat, und in diesem Fall ist das: mal wieder ein Country-Album. Auf „Look Up“, dem neuen Langspieler von Ringo Starr, spielt der Ex-Beatle unter anderem mit Larkin Poe und Alison Krauss. Neues und Hörenswertes gibt es außerdem von „Alpenbarbie“ Melissa Naschenweng und den Indie-Rock-Stars Franz Ferdinand.

Ringo Starr - Look Up

Melissa Naschenweng spielt als „Alpenbarbie“ gerne mit ihren Reizen. Auf dem neuen Album zeigt sie zwischendurch aber auch ihre ernste, nachdenkliche Seite. (Bild: Anelia Janeva)

Melissa Naschenweng spielt als „Alpenbarbie“ gerne mit ihren Reizen. Auf dem neuen Album zeigt sie zwischendurch aber auch ihre ernste, nachdenkliche Seite. (Bild: Anelia Janeva)

Er müsste ja schon lange gar nichts mehr machen. Und egal, was er macht, die gleiche künstlerische Anerkennung wie Lennon, McCartney oder auch Harrison wird er wohl nie erreichen. Das heißt dann aber konsequenterweise auch: Ringo Starr kann machen, was er will und was auch immer ihm Spaß macht. So ist dem 84-jährigen Ex-Beatle in der Vergangenheit schon mancher überraschende Coup gelungen, und in diese Kategorie fällt auch sein erstes neues Album seit 2019.

„Look Up“, eine Country-Platte. Fans von Ringo Starr werden sich erinnern, dass der Brite schon einmal einen Ausflug in dieses ur-amerikanische und von ihm seit jeher sehr geliebte Genre unternahm. 1970 war das, als er in Nashville sein zweites Studioalbum „Beaucoups Of Blues“ aufnahm. Jetzt, über 50 Jahre später, präsentiert er also ein neues Country-Werk - mit viel Verve, mit großer Spielfreude und mit der für ihn typischen unbeschwerten Coolness.

„Look Up“ enthält insgesamt elf Songs, die meisten davon wurden in Zusammenarbeit mit dem legendären T Bone Burnett geschrieben und produziert. Darüber hinaus wurde Ringo Starr im Studio von ein paar sehr namhaften Country- und Roots-Rock-Profis unterstützt - neben Molly Tuttle und der Schwestern-Band Larkin Poe ist unter anderem auch die 27-fache Grammy-Gewinnern Alison Krauss dabei. Es sei eine große Freude gewesen, dieses Album aufzunehmen, erklärt Ringo Starr, „und ich hoffe, dass es eine Freude ist, es zu hören“. Ja, ist es!

Melissa Naschenweng - Alpenbarbie

Nach ein paar sehr ruhigen Jahren wieder da: Der neue Langspieler von Franz Ferdinand, „The Human Fear“, widmet sich intensiv dem Thema Angst. Gut tanzen kann man zu den Songs trotzdem. (Bild: Fiona Torre)

Nach ein paar sehr ruhigen Jahren wieder da: Der neue Langspieler von Franz Ferdinand, „The Human Fear“, widmet sich intensiv dem Thema Angst. Gut tanzen kann man zu den Songs trotzdem. (Bild: Fiona Torre)

Manche denken zuerst an den pinken Traktor oder die Harmonika, andere an die schönen Berge, von denen Melissa Naschenweng so gerne singt. Aber, so oder so, die Sängerin aus Villach hat sich in den letzten Jahren durchaus einen Namen gemacht. Sechsfach mit einem Amadeus Award ausgezeichnet und zuletzt mit drei Alben hintereinander an der Spitze der österreichischen Charts, ist die 34-Jährige in ihrer Heimat längst ein großer Star. Als traditionell-moderne „Alpenbarbie“ will sie jetzt auch hierzulande den nächsten Schritt machen.

Platz 19 war in den deutschen Charts ihr bislang bestes Ergebnis (“Glück“, 2022), da geht mit dem inzwischen siebten Langspieler sicher noch mehr. Melissa Naschenweng setzt wie gehabt auf einen wilden musikalischen Mix aus Schlager, Volksmusik, Pop und Rock'n'Roll, und auch inhaltlich mag sie es gerne wild. Sie singt von langen Partynächten, heißen Flirts und vom „Michl mit der Sichl“ (“Die Frauenwelt frohlockt, wenn er sein Werkzeug auspackt“). Zwischendurch zeigt Melissa Naschenweng - das kannte man bisher eher nicht von ihr - aber auch ein paarmal ihre ernste, nachdenkliche Seite. In „Himmelvota“ etwa macht sie, gar nicht mehr die berechenbare „Alpenbarbie“, ihren Glauben und die enge Bindung zu ihren inzwischen verstorbenen Großeltern zum Thema.

Franz Ferdinand - The Human Fear

Franz Ferdinand - klingelt da noch was? Wenn, dann wohl nur noch bei Menschen über 40. Mitte der 2000er-Jahre waren die Glasgower mal eine richtig große Nummer, deren Songs auch jenseits der Indie-Rock-Szene auf vielen Partys liefen. Leichtfüßige Rock-Riffs und eingängige Pop-Melodien, das lag damals im Trend und füllte große Hallen. Dann ging's irgendwann - zumindest kommerziell - ein wenig bergab. Nach ein paar sehr ruhigen Jahren melden Franz Ferdinand sich nun mit „The Human Fear“ zurück.

Was hat sich verändert seit „Always Ascending“ (2018), dem bislang letzten Album von Franz Ferdinand? Die zackigen Beats, zu denen man so schön tanzen kann, sind weiterhin charakteristisch für den Sound der schottischen Band. Für den speziellen Franz-Ferdinand-Punch sorgt inzwischen aber Audrey Tait, die seit 2021 anstelle von Nicholas McCarthy hinterm Schlagzeug sitzt.

Personell ansonsten unverändert, haben die Musiker um Frontmann Alex Kapranos sich in der langen Zeit seit dem letzten Album offenbar viele Gedanken über philosophische Themen gemacht, und dabei eben vor allem über die Angst. Immer wieder handeln die elf neuen Songs davon, wie sie unsere Existenz prägt - und bereichert. Kapranos erklärt: „Angst erinnert dich daran, dass du am Leben bist. Ich glaube, wir alle sind in gewisser Weise süchtig nach dem Rausch, den sie uns geben kann.“ Angst, die eigentlich niemand haben will, ist bei Franz Ferdinand also etwas Gutes. Für Kapranos sei die Arbeit an „The Human Fear“ sogar „eine der lebensbejahendsten Erfahrungen“ gewesen, die er je gemacht habe. (tsch)