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Schauspieler Oliver Wnuk„Ich wünsche mir, dass wir einander wieder zuhören“

Lesezeit 6 Minuten
„Stromberg“-Autor Ralf Husmann schrieb auch die ZDF-Komödie „Die Bachmanns“: Oliver Wnuk und Stefanie Stappenbeck verkörpern das geschiedene Paar Markus und Miriam. Der gemeinsamen Kinder zuliebe zieht Markus in das Haus neben seiner Ex.   (Bild: ZDF/Britta Krehl)

„Stromberg“-Autor Ralf Husmann schrieb auch die ZDF-Komödie „Die Bachmanns“: Oliver Wnuk und Stefanie Stappenbeck verkörpern das geschiedene Paar Markus und Miriam. Der gemeinsamen Kinder zuliebe zieht Markus in das Haus neben seiner Ex. (Bild: ZDF/Britta Krehl)

Die Frage, wie wir miteinander umgehen, treibt Schauspieler Oliver Wnuk nicht nur in seiner Rolle in der TV-Komödie „Die Bachmanns“ um, sondern auch im wahren Leben. Im Interview spricht er über Patchwork-Glück und verrät, dass er als Kind Papst werden wollte ...

Als Ulf Steinke in „Stromberg“ wurde Schauspieler Oliver Wnuk bekannt. Gerade entsteht ein Kinofilm zur kultigen Büroserie, mit dem „Personal“ von einst. Doch „Stromberg“-Autor Ralf Husmann hat Oliver Wnuk auch noch eine neue Rolle auf den Leib geschrieben: die des Patchwork-Vaters Markus in der ZDF-Komödie „Die Bachmanns“ (Montag, 28. April, 20.15 Uhr, in der Mediathek bereits ab Samstag 19. April). Im Interview mit Wnuk wird schnell klar: Der Schauspieler, den viele auch als tollpatschigen Kommissar Feldmann in „Nord Nord Mord“ kennen, ist ein sehr nachdenklicher Mensch. Und er ist unglaublich produktiv. Was immer ihn beschäftigt, scheint der 49-Jährige schreibend zu verarbeiten: Wnuk verfasst Romane, Theaterstücke, Filme, Kinderbücher, Kolumnen, Hörspiele ... Und dann gibt es da noch eine persönliche „Werteliste“, wie er verrät.

Schauspieler Oliver Wnuk wurde durch seine Rolle des Ulf Steinke in der Kultserie „Stromberg“ bekannt. (Bild: 2018 Getty Images/Sebastian Reuter)

Schauspieler Oliver Wnuk wurde durch seine Rolle des Ulf Steinke in der Kultserie „Stromberg“ bekannt. (Bild: 2018 Getty Images/Sebastian Reuter)

teleschau: Herr Wnuk, in der TV-Komödie „Die Bachmanns“ hat Ihnen Ralf Husmann den schönen Satz in den Mund gelegt: „An Beziehungen muss man arbeiten - und wie oft hat man schon Spaß an der Arbeit?“ - Könnte das auch von Ihnen stammen?

Oliver Wnuk: Der zweite Teil nicht. An Beziehungen muss man arbeiten, das stimmt. Aber das kann sehr wohl Spaß machen. Und es ist unerlässlich. Denn sonst gehen Beziehungen nun mal den Bach runter. So wie bei den Bachmanns.

„Für mich persönlich finde ich, dass eine Patchwork-Familie viel mehr Vorteile als Nachteile hat“

Verliebt, verlobt, verheiratet - und glücklich geschieden: Miriam (Stefanie Stappenbeck) und Markus (Oliver Wnuk) sind noch immer beste Freunde.  (Bild: ZDF/Britta Krehl)

Verliebt, verlobt, verheiratet - und glücklich geschieden: Miriam (Stefanie Stappenbeck) und Markus (Oliver Wnuk) sind noch immer beste Freunde. (Bild: ZDF/Britta Krehl)

teleschau: Noch ein schöner Satz aus dem Film: „Es gibt einen Grund, warum es Patchwork heißt - und nicht Patch-Fun.“ Sie haben selbst zwei Kinder aus zwei Beziehungen. Stimmen Sie zu?

Eingespieltes Team: Seit 2011 ermitteln Hinnerk Feldmann (Oliver Wnuk, links), Carl Sievers (Peter Heinrich Brix) und Ina Behrendsen (Julia Brendler) gemeinsam in der Krimireihe „Nord Nord Mord“. Mit bis zu zehn Millionen Zuschauerinnen und Zuschauern zählt das Format zu den erfolgreichsten im ZDF. (Bild: ZDF/Manju Sawhney)

Eingespieltes Team: Seit 2011 ermitteln Hinnerk Feldmann (Oliver Wnuk, links), Carl Sievers (Peter Heinrich Brix) und Ina Behrendsen (Julia Brendler) gemeinsam in der Krimireihe „Nord Nord Mord“. Mit bis zu zehn Millionen Zuschauerinnen und Zuschauern zählt das Format zu den erfolgreichsten im ZDF. (Bild: ZDF/Manju Sawhney)

Wnuk: „Patch Fun“ - nein, das kann ich jetzt auch nicht sagen (lacht). Aber für mich persönlich finde ich, dass eine Patchwork-Familie viel mehr Vorteile als Nachteile hat.

teleschau: Inwiefern?

Aus Eheleuten werden Nachbarn: Miriam (Stefanie Stappenbeck) sieht den Einzug ihres Ex-Mannes Markus (Oliver Wnuk) ein paar Häuser weiter nicht ganz so entspannt, wie sie vorgibt.  (Bild: ZDF/Britta Krehl)

Aus Eheleuten werden Nachbarn: Miriam (Stefanie Stappenbeck) sieht den Einzug ihres Ex-Mannes Markus (Oliver Wnuk) ein paar Häuser weiter nicht ganz so entspannt, wie sie vorgibt. (Bild: ZDF/Britta Krehl)

Wnuk: Im Idealfall haben die Erwachsenen ihr Ego im Griff und wissen, dass es nicht um ihre Bedürfnisse geht, sondern um die Bedürfnisse des Kindes. Die Voraussetzung ist, dass man es schafft, eine Beziehung zu wandeln, zu sagen: „Lass uns diesen Weg zusammen weitergehen - nicht nur im Sinne unserer Kinder, sondern auch für uns. In einer anderen Beziehungsform.“ Das ist ein großartiges Ziel, finde ich. Die Frage ist immer: Wie sehr bin ich mir meiner Selbst bewusst in dieser Situation? Wenn es gut läuft, wächst das Kind mit drei oder vier Eltern auf, beziehungsweise mit zwei Eltern und den jeweiligen Partnern, vielleicht noch mit Kindern aus anderen Familien. Plötzlich hast du mehrere Menschen, die du als Ansprechpartner in schwierigen Situationen hast. Das ist was Wunderbares. Und es macht den Blumenstrauß nur vielfältiger.

„Wenn ich 'Liebe durch Leistung' sage, wird es bei einigen klingeln“

Miriam (Stefanie Stappenbeck) und Markus (Oliver Wnuk) sind neuerdings Nachbarn. Praktisch für ihre Kinder Elias (Jonte Blankenberg) und Emma (Medea Leinen), die so einfacher zwischen ihren geschiedenen Eltern pendeln können. (Bild: ZDF/Britta Krehl)

Miriam (Stefanie Stappenbeck) und Markus (Oliver Wnuk) sind neuerdings Nachbarn. Praktisch für ihre Kinder Elias (Jonte Blankenberg) und Emma (Medea Leinen), die so einfacher zwischen ihren geschiedenen Eltern pendeln können. (Bild: ZDF/Britta Krehl)

teleschau: Das Thema Eltern beschäftigt Sie nicht nur im Film, sondern auch in Ihren Büchern und Kolumnen. Sie haben polnische und spanische Wurzeln. Wie haben Ihre Eltern sich gefunden?

Wnuk: Mein Vater ist Konstanzer, seine Ahnen waren russisch-polnisch. Meine Mutter immigrierte aus Francos Spanien nach Frankreich. Dort hatte sie die Möglichkeit, als Soldatin entweder nach Französisch Polynesien zu gehen oder ins etwas nähere Konstanz. Sie hat sich für Konstanz entschieden. Dort lernte sie meinen Vater kennen.

Die Tatsache, dass Markus' neue Freundin Galina (Natalia Belitski, links) ebenfalls miteinzieht sorgt für Konflikte. Zwischen ihr und Miriam (Stefanie Stappenbeck) gibt es einiges zu klären. (Bild: ZDF/Britta Krehl)

Die Tatsache, dass Markus' neue Freundin Galina (Natalia Belitski, links) ebenfalls miteinzieht sorgt für Konflikte. Zwischen ihr und Miriam (Stefanie Stappenbeck) gibt es einiges zu klären. (Bild: ZDF/Britta Krehl)

teleschau: Eine Figur mit Mädchennamen Ihrer Mutter taucht in einem Ihrer Kinderbücher auf. Über Ihren Vater haben Sie ein Theaterstück geschrieben ...

Wnuk: Es geht mir allgemein um das Thema Vater sein: Was bedeutet das? Was bedeutet es, Sohn zu sein? Was ist der Unterschied? Darüber habe ich drei Filme und einen Roman geschrieben. Die Frage, wie man die Kinder meiner Generation, Mitte der 70er-Jahre, erzog, welche Glaubenssätze, man ihnen mitgegeben hat: all das beschäftigt mich sehr. Wenn ich zum Beispiel „Liebe durch Leistung“ sage, wird es bei einigen klingeln.

„Als Kind wollte ich Papst werden“

Nachdem Elias, der Sohn von Miriam (Stefanie Stappenbeck, rechts) und Markus (Oliver Wnuk), in der Schule für Ärger gesorgt hat, werden die Eltern zur Schulleiterin zitiert. Ungebetener Gast bei dem Gespräch: Markus' Freundin Galina (Natalia Belitski). (Bild: ZDF/Britta Krehl)

Nachdem Elias, der Sohn von Miriam (Stefanie Stappenbeck, rechts) und Markus (Oliver Wnuk), in der Schule für Ärger gesorgt hat, werden die Eltern zur Schulleiterin zitiert. Ungebetener Gast bei dem Gespräch: Markus' Freundin Galina (Natalia Belitski). (Bild: ZDF/Britta Krehl)

teleschau: Welche Erinnerungen haben Sie an Ihre Kindheit?

Katrin (Luise Wolfram, rechts), eine Nachbarin von Miriam (Stefanie Stappenbeck) und Markus (Oliver Wnuk), hat so ganz andere Vorstellungen von angemessenem Verhalten als das Ex-Paar. (Bild: ZDF/Britta Krehl)

Katrin (Luise Wolfram, rechts), eine Nachbarin von Miriam (Stefanie Stappenbeck) und Markus (Oliver Wnuk), hat so ganz andere Vorstellungen von angemessenem Verhalten als das Ex-Paar. (Bild: ZDF/Britta Krehl)

Wnuk: Als Kind wollte ich Papst werden. Oder Pfarrer, wie mein Onkel. Davon erzähle ich oft an meinem Abend „Wnuk denkt laut und liest was vor“. Ich habe meinen Onkel oft beobachtet und fand es faszinierend, dass ihm die Leute zuhörten. Ich lernte dann relativ früh, welche meine Werkzeuge sind, um gut anzukommen, um Freunde zu gewinnen. Mir war klar, dass das nicht meine Körpergröße, meine Sportlichkeit oder mein Aussehen sind. Sondern dass es eher der Humor ist. Also habe ich sehr viel Anlass gegeben, dass die Leute über mich lachen.

teleschau: Sind Sie deshalb Schauspieler geworden?

Oliver Wnuk ist nicht nur Schauspieler, sondern auch Autor. Uter anderem schrieb er mehrere Kinderbücher, die ARD-Filmreihe „Das Leben ist kein Kindergarten“ sowie das preisgekrönte Hörspiel „Der Aufstieg und Fall des Siggi S.“  (Bild: 2023 Getty Images/Andreas Rentz)

Oliver Wnuk ist nicht nur Schauspieler, sondern auch Autor. Uter anderem schrieb er mehrere Kinderbücher, die ARD-Filmreihe „Das Leben ist kein Kindergarten“ sowie das preisgekrönte Hörspiel „Der Aufstieg und Fall des Siggi S.“ (Bild: 2023 Getty Images/Andreas Rentz)

Wnuk: Der Grund, warum ich Schauspieler geworden bin, ist sicherlich, dass ich damit etwas gefunden habe, womit man begeistern kann. Nicht so sein zu wollen wie jeder: Das war vielleicht etwas, das aus einem kindlichen Minderwertigkeitskomplex herauskam. Offenbar hatte ich damals einen gewissen Mangel. Das ist heute nicht mehr so. Aber ich denke schon, dass Schauspieler zu werden, immer etwas damit zu tun hat, dass man gerne auf einer Bühne steht, im Mittelpunkt. Wenn jemand sagt: „Ich mache diesen Beruf, um Geschichten zu erzählen“, habe ich immer Zweifel. Schauspielerei ist wunderbar. Aber sie hat auch immer etwas mit gehört werden, gesehen werden wollen zu tun.

„Mir wird wahnsinnig schnell langweilig“

Patchworkfamilien sind etwas Wunderbares, findet Oliver Wnuk. „Die Voraussetzung ist, dass man es schafft, eine Beziehung zu wandeln, zu sagen: „Lass uns diesen Weg zusammen weitergehen - nicht nur im Sinne unserer Kinder, sondern auch für uns. In einer anderen Beziehungsform.“  (Bild: 2016 Getty Images/Andreas Rentz)

Patchworkfamilien sind etwas Wunderbares, findet Oliver Wnuk. „Die Voraussetzung ist, dass man es schafft, eine Beziehung zu wandeln, zu sagen: „Lass uns diesen Weg zusammen weitergehen - nicht nur im Sinne unserer Kinder, sondern auch für uns. In einer anderen Beziehungsform.“ (Bild: 2016 Getty Images/Andreas Rentz)

teleschau: Was bei Ihnen bestens funktioniert hat: Die Krimireihe „Nord Nord Mord“, in der Sie seit 15 Jahren Kommissar Feldmann spielen, hat hervorragende Einschaltquoten. Oft schalten an die zehn Millionen Zuschauer ein. Ursprünglich war die Rolle nicht so humorvoll gedacht. Wie kam es, dass Sie die Figur mitgestalten?

Wnuk: Damals kam ich von „Stromberg“ und fand dieses „Wo waren Sie gestern Abend?“ irgendwie öde. Überhaupt wird mir wahnsinnig schnell langweilig. Und dann schaue ich eben, was so rumliegt: Wo kann man was noch besser, lustiger, leichter machen? Im Gegensatz zu meinem Leben kann ich im Beruf extrem gut auf meine Intuition und meine Impulse vertrauen.

Oliver Wnuk ist auf heitere Rollen abonniert. Im Interview gibt er sich nachdenklich. Vor allem unser Miteinander als Gesellschaft bereitet ihm Sorgen: „Wir haben unserer Streitkultur verloren“, so der Schauspieler. „Ich wünsche mir, dass wir unser Ego in den Griff bekommen. Ich wünsche mir, dass wir einander wieder zuhören.“   (Bild: 2015 Getty Images/Oliver Hardt)

Oliver Wnuk ist auf heitere Rollen abonniert. Im Interview gibt er sich nachdenklich. Vor allem unser Miteinander als Gesellschaft bereitet ihm Sorgen: „Wir haben unserer Streitkultur verloren“, so der Schauspieler. „Ich wünsche mir, dass wir unser Ego in den Griff bekommen. Ich wünsche mir, dass wir einander wieder zuhören.“ (Bild: 2015 Getty Images/Oliver Hardt)

teleschau: Können Sie sich vorstellen, das noch mal 15 Jahre zu machen?

Wnuk: Ich mag die Reihe sehr. Aber man kann ja nicht absehen, ob es in 15 Jahren noch lineares Fernsehen geben wird. Ich entscheide von Jahr zu Jahr, wie ich mein Leben gestalte.

„Wir haben unsere Streitkultur verloren“

teleschau: Welche Werte sind Ihnen dabei wichtig?

Wnuk: Ich habe eine persönliche Werteliste, die ich regelmäßig überprüfe und an der ich arbeite. Ich frage mich: Was macht mich aus? Was repräsentiere ich? Das ist eine andere Werteliste als die, von der ich sage, dass sie gerade für uns als Gesellschaft heute sehr wichtig ist.

teleschau: Was brauchen wir als Gesellschaft am nötigsten?

Wnuk: Was mir immer mehr auffällt: Wir haben unsere Streitkultur verloren. Wir leben in einer reinen Zank-Kultur. Oft geht es nicht mehr darum, was ich sage, und wie ich wirklich verstanden werden will. Es geht auch nicht mehr darum, zu sagen: „Ich habe die Meinung, du hast die Meinung - politisch, menschlich, wie auch immer. Lass uns was zusammen trinken, und wir gehen als Freunde auseinander. Im besten Fall haben wir was voneinander gelernt.“ Heute geht es oft nur darum, seinen Standpunkt zu verteidigen. Das alles hat immer mit Liebe und Angst zu tun. Um es pathetischer auszudrücken: Ich kann mich immer für Liebe oder für Angst entscheiden. Im Moment wird sich - verständlicherweise - extrem viel für die Angst entschieden. Ich wünsche mir, dass wir unser Ego in den Griff bekommen. Ich wünsche mir, dass wir einander wieder zuhören. (tsch)