Schauspieler Sebastian Ströbel (47) spricht über seinen Erfolg mit der Serie „Die Bergretter“ und verrät, was seine Familie damit zu tun hat.
Sebastian Ströbel im Interview„Ich habe nicht vergessen, wo ich herkomme“
Es könnte nicht besser laufen für Sebastian Ströbel. Der Schauspieler, der seit 2014 in der Serie „Die Bergretter“ Markus Kofler verkörpert, hat gerade ein Buch über seine Erfahrungen bei den Dreharbeiten herausgebracht. Und während am Donnerstag, 7. November, um 20.15 Uhr, im ZDF die neue Staffel startet, läuft die Arbeit an der nächsten auf Hochtouren. Ein Ende des TV-Hits ist nicht abzusehen. Denn weit über fünf Millionen Fans schalten regelmäßig ein, wenn das Team verunglückte Wanderer am Dachstein birgt. Rund sechs Monate im Jahr pendelt Ströbel für die Action-lastigen Dreharbeiten jede Woche 1.000 Kilometer zwischen der Steiermark und Hamburg, wo er mit seiner Ehefrau Kristina und den vier Töchtern (19,17, 14, 6) lebt. „Meine Familie ist mein Motor, mein Energiepool, keine Pflicht“, so der 47-Jährige. Im Interview spricht er über nicht nur über seine Werte, sondern auch über seinen schwierigen Start bei der ZDF-Serie und warum Märchenprinzessinnen nicht unbedingt heiraten müssen.
teleschau: Herr Ströbel, Seit zehn Jahren sind Sie bei den „Bergrettern“ dabei. Pünktlich zum Jubiläum ist auch Ihr Buch über Ihre Erfahrungen bei den Dreharbeiten erschienen. Darin verraten Sie, dass der Einstieg in die Serie ein Albtraum war und Sie am liebsten hingeschmissen hätten. Warum?
Sebastian Ströbel: Ich hatte einen Vierjahresvertrag unterschrieben und wusste nicht, was auf mich zukommt. Als ich dann im Kaunertal ankam, lag alles im Dunkeln: Die tiefen Schluchten mitten im Winter, meine Unterkunft im Souterrain, in der es gefühlt immer dunkel war. Und ich war der Neue am Set. Da wurden die Zweifel erstmal immer größer. Da habe ich mich dann schon gefragt: Was mache ich hier überhaupt? Damals hätte ich nie gedacht, dass sich das alles so entwickeln würde (lacht).
„Die Leute spüren, dass bei uns alles handgemacht ist“
teleschau: Zurzeit stehen Sie in Ramsau für neue Folgen vor der Kamera. Welche Szenen sind am schwierigsten zu drehen?
Ströbel: Am anstrengendsten sind die mit Wasser, technisch am schwierigsten sind die Drehs in der Felswand. Schon allein, die Kameras dorthin zu bekommen, ist ein Riesenaufwand, der viel Erfahrung und Übersicht erfordert. Im Gegensatz dazu ist es viel leichter, im Schnee zu drehen. Der Schnee sieht immer gut aus, und er verzeiht einem viel. Man kann beispielsweise Dinge wie Sicherungsseile viel besser verstecken.
teleschau: Episodendarsteller sind oft überrascht, wie viele Szenen bei den „Bergrettern“ analog, direkt am Berg gedreht werden - und die Kulissen nicht am Computer entstehen, wie es in der Filmbranche inzwischen oft üblich ist. Warum wird das nach wie vor so gehandhabt?
Ströbel: Klar, diese Art des Filmemachens wird aussterben. Aber die Leute spüren, dass bei uns alles sozusagen „handgemacht“, ursprünglich ist. Genau das macht den Charme der Serie aus. Wir sind ein Haufen Verrückter, die das mit Begeisterung machen, auch im Zusammenspiel mit den Leuten vor Ort. Alles in allem ergibt das eine schöne Melange, die dazu führt, dass die Leute genau das in uns sehen, was wir sind.
„Wir haben die Folgen des Klimawandels beim Drehen direkt vor Augen“
teleschau: Haben Sie sich schon mal ernsthaft verletzt?
Ströbel: Prellungen, blaue Flecken, Kratzer, ja. Das gehört ja sozusagen zur Jobbeschreibung. Etwas wirklich Schlimmes ist bei uns zum Glück noch nie passiert. Das hat auch damit ganz viel zu tun, dass bei uns Sicherheit großgeschrieben wird. Wir werden sehr gut gebrieft und überwacht von unseren echten Bergrettern. Und wir sind ein Team, in dem alle aufeinander achten.
teleschau: Hat sich in den zehn Jahren, in denen Sie für „Die Bergretter“ vor der Kamera stehen, auch etwas in der Natur spürbar verändert? Sind die Auswirkungen des Klimawandels auch beim Drehen sichtbar?
Ströbel: Ja, auf jeden Fall. Wir haben die Folgen des Klimawandels beim Drehen im Kaunertal direkt vor Augen, im wahrsten Sinne des Wortes. Wir sehen, dass sich der Gletscher jedes Jahr weiter zurückzieht. Auch das Wetter ist viel unberechenbarer geworden. Es gibt viel mehr Lawinenabgänge, Felssturz und Steinschlag. Auch am Dachstein kann man den Verfall deutlich sehen, dass die Alpen zu einem Trümmerfeld verkommen und dadurch auch schwerer begehbar sind. Ich habe all das auch in der „Terra X“-Doku thematisiert, die ich fürs ZDF gemacht habe.
„Meine Familie ist mein Motor, keine Pflicht“
teleschau: Neben dem Umweltschutz engagieren Sie sich auch für soziale Gerechtigkeit, Sie treiben täglich Sport, haben Ihr Haus selbst renoviert ... Ihr Pensum schier unglaublich. Woher nehmen Sie die Energie?
Ströbel: Ja, ich bin tatsächlich so etwas wie ein Duracell-Hase, hat man mir gesagt (lacht). Ich bin schon immer jemand gewesen, der immer etwas tun musste. Und ich liebe das, was ich tue. Natürlich geht es mir auch mal mies. Ich bin nicht immer nur gut gelaunt. Man muss schöne Dinge auch sehen wollen. Ich glaube, das ist etwas, das man lernen kann. Indem man kurz innehält und sich sagt „Hey, gerade geht es mir gut“. In meinem Bekannten- und Freundeskreis gab es inzwischen mehrere Todesfälle und Krankheit. Das macht einem bewusst, wie schnell alles vorbei sein kann. Das sind Plattitüden, ich weiß. Aber sie treffen nun mal zu. Ich versuche, alles in vollen Zügen zu genießen. Und ich schätze das Glück, das ich habe. Vor allem, dass ich eine Familie habe, für die sich das alles lohnt.
teleschau: ... und für die Sie jedes Wochenende 1.000 Kilometer zwischen der Steiermark und Hamburg pendeln, stimmt das?
Ströbel: Ja, Wahnsinn. Ich bin bestimmt schon ein paar Mal um die Erde für meine Familie. Aber selbst wenn ich nur einen Tag zu Hause bin, gibt mir das so viel Kraft. Ich will, dass meine Kinder und meine Frau wissen, dass ich das wertschätze, was wir zusammen haben. Das, was wir alles gemeinsam auf die Beine stellen. Meine Familie ist mein Motor, mein Energiepool, keine Pflicht.
„Das Wichtigste ist für mich Respekt“
teleschau: Sie haben vier Töchter. Was ist Ihnen wichtig, Ihren Kindern mit auf den Weg zu geben?
Ströbel: Das Wichtigste ist für mich Respekt. Jeder hat das Glück oder das Pech, irgendwo reingeboren worden zu sein. Ich wünsche mir, dass meine Töchter sich immer bewusst sind, dass jeder Mensch gleich viel wert ist. Dass sie jeden Menschen so behandeln, wie sie selbst behandelt werden möchten. Und dass sie eine „offene Neugierde“ haben sollen. Wir alle haben manchmal Vorurteile. Aber wir sollten auch den Mut haben, uns etwas immer genauer anzuschauen und unsere Meinung zu revidieren, neu zu bewerten. Oft muss man Dinge noch einmal nachjustieren, wenn es nötig ist.
teleschau: Was Sie, wie Sie mal erzählt haben, auch tun, wenn Sie Ihrer jüngsten Tochter Märchen vorlesen, stimmt's?
Ströbel: Stimmt. Die Rollenbilder in Märchen sind, gelinde gesagt, oft sehr antiquiert- eben immer von Männern verfasst. Das fällt als Vater von vier Töchtern schon verstärkt auf. Deshalb sage ich am Ende eines Märchens oft dazu, dass die Prinzessin den Prinzen nicht heiraten muss. Sie kann auch was anderes machen. Jeder kann alles machen. Manchmal erzähle ich Märchen aber auch anders, damit es nicht so festgefahren ist. Dann will die Prinzessin den Drachen töten und der Prinz träumt vom Heiraten. Und am Ende sind trotzdem alle glücklich (lacht).
„Ich habe früh gesehen, was eine bunte Gesellschaft ist“
teleschau: Sie selbst sind sozusagen „unter Männern“ aufgewachsen, nämlich mit vier Brüdern. Inwiefern hat Ihre Kindheit Sie geprägt?
Ströbel: Sie hat mich sehr geprägt. Ich habe nicht vergessen, wo ich herkomme. Ich habe in Wuppertal in einem sehr strukturschwachen Gebiet gelebt und war in einer Grundschule mit einem sehr hohen Migrationsanteil. Ich habe früh gesehen, was eine bunte Gesellschaft ist. Das fand ich immer toll. Und ich hatte das große Glück, in einem liebevollen Umfeld groß zu werden. Meine Eltern, die es selbst in ihrem Leben sicher nicht immer schön hatten, haben sehr stark versucht, uns Werte mitzugeben. Wie man mit anderen Menschen umgeht, wie man seinen Weg geht. Dafür bin ich wahnsinnig dankbar. (tsch)