Sehr kurzfristig nahm das Erste den Magdeburger „Polizeiruf 110: Widerfahrnis“ aus dem Programm - wegen des Weihnachtsmarkt-Anschlags. Der Ersatz aus Dresden erzählt nun den Tod zweier Schüler auf einer Abi-Feier. Dazu markiert „Tatort: Herz der Dunkelheit“ das Ende von Kommissarin Karin Gorniak.
So lief der „Tatort“-Abschied von Kommissarin Gorniak in Dresden
Nur wenige Tage vor der geplanten Ausstrahlung entschied sich das Erste, den Magdeburger „Polizeiruf 110: Widerfahrnis“ aus dem Programm zu nehmen. Wegen des Weihnachtsmarkt-Anschlages in Magdeburg, bei dem sechs Menschen starben und fast 300 verletzt wurden. „Das habe auch mit der Handlung zu tun“, schreibt der produzierende MDR. So gehe es in dem Film um die hochemotionale Geschichte eines anonymen Unfallopfers, um Trauer und Verlusterfahrung.
„Auch wenn der Film nicht von einem Anschlag handelt, so enthält er aufgrund seiner Thematik doch Elemente, die aktuell als belastend empfunden werden könnten“, heißt es von der ARD. Der Ersatzfilm „Tatort: Herz der Dunkelheit“ kommt nun ebenfalls vom MDR und ist in Dresden angesiedelt.
Es geht um eine entgleiste Abi-Feier, bei der zwei Schüler ums Leben kommen. Zudem markiert der Film den bereits länger angekündigten Abschied Karin Hanczewskis als Kommissarin Gorniak. Warum stieg sie aus, wer folgt ihr nach und wann läuft nun eigentlich der - sehr starke - Polizeiruf mit Claudia Michelsen?
Worum geht es?
Mit 18 oder 19 Jahren sind Partys schon mal etwas wilder. Die Eltern von Maya (Katharina Hirschberg) waren verreist und die schicke Villa samt Poolhaus wurde - ob nun freiwillig oder nicht - dem Jungvolk überlassen. Im Haus feierten Abiturienten eine wilde Party mit Alkohol und Drogen. Weil es Marlin (Max Wolter) nach deren Konsum nicht gut ging, suchte er die Toilette im Poolhaus auf - und schien dort die Leiche des in der Gruppe ziemlich angesagten Janusz (Louis Wagenbrenner) zu finden. Oder waren es nur die Drogen, die Marlins Wahrnehmung einen Streich spielten?
Der Junge wollte die Polizei rufen, floh von der Party - und wurde von einem LKW überfahren. Die Kommissarinnen Leo Winkler (Cornelia Gröschel) und Karin Gorniak (Karin Hanczewski) ermittelten - nicht nur wegen Marlin, sondern auch, weil der (eventuell tote) Janusz tatsächlich verschwunden ist. Für Gorniak wurde der Fall zur emotionalen Tortur. Mit dem Psychologen Paul (Hannes Wegener) verband sie eine glückliche neue Liebe. Dann kam auch noch heraus: Pauls 17-jährige Tochter Romy (Charlotte Krause) war ebenfalls Teil des Party-Exzesses - und könnte aktiv in die dubiosen Ereignisse dort verwickelt sein.
Worum geht es wirklich?
Um die Grausamkeit der Jugend und ihre Tendenz, sich bei schlimmen Ereignissen vor der Verantwortung zu drücken. So, wie man es aus der Kindheit kennt, wenn man ein - gefühlt - schweres Vergehen nicht zugibt, sondern reflexhaft schwindelt, schweigt oder wegläuft. Dass moralische Reife und Übernahme von Verantwortung im höheren Lebensalter wachsen, wäre natürlich noch (in der menschlichen Breite) zu beweisen.
Die Jugendlichen im Drehbuch von Claudia Garde (auch Regie) und Ben von Rönne spiegeln zunächst mal typischen emotionalen Stress und Themen des Heranwachsens wider: Wer mochte wen (nicht)? Wer wurde von der Gruppe oder Einzelnen ausgeschlossen oder erniedrigt? Wer war in wen verliebt - oder hatte früher mal etwas miteinander? Das alles kann - kombiniert mit Drogen-Exzess - auch mal im Tode enden, wie der Film kühn, aber auch nicht gänzlich unrealistisch zeigt.
Warum steigt Karin Hanczewski beim „Tatort“ aus?
Karin Hanczewski steigt auf eigenen Wunsch beim erfolgreichen MDR-Krimiformat aus. Schon länger war dies bekannt, doch nun ist für die 43-Jährige tatsächlich der letzte Filmmoment gekommen. Seit 2016 verkörperte sie die pflichtbewusste und dennoch eigenwillige Ermittlerin Gorniak in insgesamt 18 Fällen.
„Im Laufe der Jahre ist Karin Gorniak häufig an ihre psychischen und physischen Grenzen getrieben worden“, erinnert sich die Schauspielerin zum Abschied an ihre Rolle. „In 'Das Nest' und auch in 'Unsichtbar' wurde sie selbst zum Opfer, was ihre Ermittlungen sehr persönlich und intensiv gemacht hat.“
Grund für Karin Hanczewskis Ausstieg ist, dass sie „neue Wege gehen, andere Räume öffnen und dadurch frische Impulse bekommen möchte“, sagte sie in der MDR-Talkshow „Riverboat“. Ob und wann es eine Nachfolge geben wird, ist unklar. Vorerst, so heißt es vom MDR, werden Schnabel (Martin Brambach) und Winkler (Cornelia Gröschel) zu zweit ermitteln.
Wann läuft der eigentlich angesetzte „Polizeiruf 110“ aus Magdeburg?
Am 20. Dezember war ein Mann mit einem Auto über den Weihnachtsmarkt in Magdeburg gerast. Sechs Menschen starben, fast 300 Personen wurden bei dem Anschlag verletzt. Dennoch ist es etwas verwunderlich, dass das Erste den - künstlerisch sehr starken - Film mit Claudia Michelsen erst so kurzfristig, wenige Tage vor Ausstrahlung aus dem Programm nahm.
Womöglich ist die späte Entscheidung darin begründet, dass Verantwortlichen erst spät gewisse Parallelen zwischen dem realen Geschehen und der Magdeburger Fiktion auffielen: Auch im Krimi „Widerfahrnis“ geht es um eine überfahrene Person, um tiefe Trauer und den Versuch ihrer Bewältigung. Inhaltlich ist die Verschiebung des Programms nachvollziehbar, zumal es sich um einen sehr bewegenden Film aus Magdeburg handelt. Als neuer Sendetermin ist der 4. Mai 2025 vorgesehen.
Wie geht es beim Dresdener „Tatort“ weiter?
Die Folge „Schwesternliebe“ wurde im April und Mai 2024 gedreht. Leonie Winkler und Peter Michael Schnabel treffen auf eine traumatisierte 16-Jährige, die behauptet, ihr Vater habe sie in einem Keller gefangen gehalten. Auch ihre Schwester sei dort noch in der Gewalt des Täters. Eine weitere Folge mit dem Titel „Siebenschläfer“ wurde kurz danach, im Frühsommer 2024, gedreht. Auch in diesem Fall geht es - zum dritten Mal hintereinander - um jugendliches Personal: Die Ermittler suchen nach dem Mörder einer Teenagerin, deren Leiche in einem See nahe einem Jugendheim gefunden wurde. (tsch)