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„Tatort“ mit Wotan Wilke MöhringKlärt KI Verbrechen besser und schneller auf?

Lesezeit 5 Minuten
Die wohl einmalige Zusammenarbeit der Kommissare Thorsten Falke (Wotan Wilke Möhring) und Anaïs Schmitz (Florence Kasumba), der in Hannover spielende „Tatort: Im Wahn“, erzählt von einem Verbrechen, das durch eine KI aufgeklärt werden soll. (Bild: NDR/O-Young Kwon)

Die wohl einmalige Zusammenarbeit der Kommissare Thorsten Falke (Wotan Wilke Möhring) und Anaïs Schmitz (Florence Kasumba), der in Hannover spielende „Tatort: Im Wahn“, erzählt von einem Verbrechen, das durch eine KI aufgeklärt werden soll. (Bild: NDR/O-Young Kwon)

„Tatort: Im Wahn“ tritt mit drei Ermittlern - gespielt von Wotan Wilke Möhring, Florence Kasumba und Peri Baumeister - sowie einer KI gegen ein bestialisches Verbrechen an. Arbeitet die Polizei heute schon mit Künstlicher Intelligenz? Werden menschliche Ermittler bald überflüssig?

Peri Baumeister spielt die Kripo-Beamtin Yael Feldman in Hannover, die dem alteingesessenen Thorsten Falke in diesem Ostermontags-Fall zur Seite steht. (Bild: NDR/O-Young Kwon)

Peri Baumeister spielt die Kripo-Beamtin Yael Feldman in Hannover, die dem alteingesessenen Thorsten Falke in diesem Ostermontags-Fall zur Seite steht. (Bild: NDR/O-Young Kwon)

Dass Künstliche Intelligenz unser Leben und Arbeiten auf ähnlich drastische Weise verändern wird wie zuletzt Computer oder Smartphone, da sind sich die meisten Experten sicher. Das Trend-Thema KI war schon öfter im „Tatort“ zugegen. Zuletzt im Kieler Fall „Borowski und das ewige Meer“ vom November 2024, in dem der mittlerweile pensionierte Ermittler (Axel Milberg) gar gegen eine KI zum Duell antrat.

Etwas realistischer geht es beim „Tatort: Im Wahn“ zu. Im Ostermontag-Krimi soll ein wohl einmalig ermittelndes Trio - Thorsten Falke (Wotan Wilke Möhring), Anaïs Schmitz (Florence Kasumba) und Peri Baumeister als Gast-Kommissarin - mithilfe einer KI den wahrscheinlichsten Messerstecher-Täter aus einer Masse herausfiltern. Würde so etwas heute schon funktionieren? Und könnten Kriminalisten tatsächlich bald von KI-Anwendungen ersetzt werden?

Worum ging es?

Das wohl einmalige Kommissars-Trio zum Ostermontag 2025, von links: Thorsten Falke (Wotan Wilke Möhring), Yael Feldman (Peri Baumeister) und Anaïs Schmitz (Florence Kasumba). (Bild: NDR/O-Young Kwon)

Das wohl einmalige Kommissars-Trio zum Ostermontag 2025, von links: Thorsten Falke (Wotan Wilke Möhring), Yael Feldman (Peri Baumeister) und Anaïs Schmitz (Florence Kasumba). (Bild: NDR/O-Young Kwon)

Eine Künstliche Intelligenz sollte per Sondergenehmigung bei der Aufklärung eines Verbrechens im Hauptbahnhof von Hannover helfen. Ein Unbekannter hatte dort aus der Anonymität der Masse heraus zwei Menschen tödlich mit dem Messer verletzt. Er kam unerkannt davon. Das Computersystem sollte per Big-Data-Analyse herausfinden, welche Personen aus der Menge als Täter am wahrscheinlichsten sind. BKA-Direktorin Gabriele Seil (Anna Stieblich) besorgte sich eine Sondererlaubnis, um im Fall der Auswertung hunderter Handy-User am Bahnhof auf die britische Verbrechensbekämpfungs-KI „Kroisos“ zurückzugreifen.

Thorsten Falke (Wotan Wilke Möhring) schaut sich die Szenerie am Hauptbahnhof von Hannover an.  (Bild: NDR/O-Young Kwon)

Thorsten Falke (Wotan Wilke Möhring) schaut sich die Szenerie am Hauptbahnhof von Hannover an. (Bild: NDR/O-Young Kwon)

In Deutschland ist sie eigentlich (noch) nicht erlaubt. Chefin Seil stand Finn Jennewein (Thomas Niehaus) zur Seite, der für Deutschland zuständige Mitarbeiter des Londoner KI-Konzerns. Auch Menschen durften mitermitteln. Neben Falke sind es Yael Feldman (Peri Baumeister) von der Kripo Hannover und die aus Göttingen bekannte Anaïs Schmitz (Florence Kasumba).

Worum ging es wirklich?

BKA-Direktorin Gabriele Seil (Anna Stieblich, rechts) informiert Thorsten Falke (Wotan Wilke Möhring) und die Kommissarin der Kripo Hannover Yael Feldman (Peri Baumeister), über neue Ermittlungsmethoden. (Bild: NDR/O-Young Kwon)

BKA-Direktorin Gabriele Seil (Anna Stieblich, rechts) informiert Thorsten Falke (Wotan Wilke Möhring) und die Kommissarin der Kripo Hannover Yael Feldman (Peri Baumeister), über neue Ermittlungsmethoden. (Bild: NDR/O-Young Kwon)

„Wir erzählen keine 'Terminator'-Geschichte, in der eine Technologie außer Kontrolle gerät“, sagt Drehbuchautor Georg Lippert, der KI ausnahmsweise mal nicht als Dämon in einem deutschen Krimi auftreten lässt, sondern als Aufklärungs-Tool mit Stärken und Schwächen. Eine der Schwächen ist, dass hinter Computer-Anwendungen (siehe Social Media) oft große Konzerne stehen, deren Antrieb nicht Gesetzestreue und gesellschaftliches Wohlergehen sind. Konzerne dienen bekanntlich der Gewinnmaximierung.

Das Kriminalistik-KI-Programm im Film stammt von der fiktiven Firma Kroisos, die börsennotiert ist. Dazu Autor Georg Lippert: „2017 wurde ein Sprengstoffanschlag auf den Mannschaftsbus von Borussia Dortmund verübt. Der Attentäter wollte auf den fallenden Börsenwert des Klubs wetten. Er wäre buchstäblich über Leichen gegangen, um den Kurs der BVB-Aktie zu drücken. Dieser Mechanismus hat etwas Gruseliges.“

Wie funktioniert KI in der Verbrechensbekämpfung?

Hat die KI einen Treffer gelandet? Die Schwester (Maria Dragus) eines Verdächtigen ist außer sich vor Wut. Kommissar Falke (Wotan Wilke Möhring) versucht, sie zu beruhigen. (Bild: NDR/O-Young Kwon)

Hat die KI einen Treffer gelandet? Die Schwester (Maria Dragus) eines Verdächtigen ist außer sich vor Wut. Kommissar Falke (Wotan Wilke Möhring) versucht, sie zu beruhigen. (Bild: NDR/O-Young Kwon)

KI hat ihre Stärken darin, dass sie unzählige Daten innerhalb kürzester Zeit auswerten und eventuell bestehende Verbindungen zwischen ihnen herstellen kann, wofür große Sokos mit viel Manpower Monate oder Jahre bräuchten. Die verbindenden Muster zwischen den Daten würde der Mensch vielleicht selbst dann nicht erkennen. Hier ist KI dem menschlichen Gehirn überlegen, Stichwort: Big Data-Analyse.

Finn Jennewein (Thomas Niehaus) ist der für Deutschland zuständige Mitarbeiter der Londoner KI-Firma Kroisos.  (Bild: NDR/O-Young Kwon)

Finn Jennewein (Thomas Niehaus) ist der für Deutschland zuständige Mitarbeiter der Londoner KI-Firma Kroisos. (Bild: NDR/O-Young Kwon)

Im „Tatort“ werden über Funkzellen-Erfassung einfach alle im Bereich des Tatorts Hauptbahnhof Hannover eingeloggten Handys erfasst, ihre Besitzer identifiziert und deren Lebensdaten fiktiv durchleuchtet. Ein gut gewählter „Tatort“-Fall, da er für eine Big Data-Analyse modellhaft geeignet ist. Der im Film massenhaft verletzte Datenschutz stünde natürlich auf einem anderen Blatt Papier. In Ländern wie China, das stark auf KI-Tools zur Überwachung der Bevölkerung setzt, wäre eine Verbrechensaufklärung wie jene im Film durchaus schon jetzt vorstellbar.

Wo ermittelt die Polizei schon mit KI?

Welche Absichten verfolgt Journalist Moritz Staub (Garry Fischmann, rechts)? Warum schleicht er um Kommissar Falke (Wotan Wilke Möhring) herum?  (Bild: NDR/O-Young Kwon)

Welche Absichten verfolgt Journalist Moritz Staub (Garry Fischmann, rechts)? Warum schleicht er um Kommissar Falke (Wotan Wilke Möhring) herum? (Bild: NDR/O-Young Kwon)

Für die deutsche KI-Ermittlung im „Tatort“ gibt es tatsächlich einen Präzedenzfall. Drehbuchautor Georg Lippert: „Die hessische Polizei nutzt seit 2018 die Analysesoftware 'Gotham' der US-Firma Palantir. Das Programm wertet Daten zu Personen, Orten und Ereignissen aus, die an sich unauffällig sind, aber in Summe ein Muster ergeben. Der Plan, das System bundesweit einzuführen, gab den Anstoß zu diesem Projekt. Palantir warb damals mit dem Slogan: 'Hätte man unsere Software früher verwendet, hätte es 9/11 nicht gegeben'.“

Was der Film aber auch zeigt: Menschliche Intention und das Gespür, ob jemand der Täter ist oder nicht - in dieser Hinsicht kann eine KI berufserfahrene Menschenkenner (noch) nicht ersetzen. Ermittelnde Kriminaler wird es wohl auch weiterhin geben.

Wie geht es mit Falke und seinen Partnerinnen weiter?

Thorsten Falkes 21. Einsatz seit seinem ersten Fall 2013 beschert ihm mal wieder neue Partnerinnen. Wir erinnern uns: Falke ermittelte zu Beginn mit Katharina Lorenz, gespielt von Petra Schmidt-Schaller (sechs Fälle, bis 2015). Es folgte Julia Grosz, verkörpert von Franziska Weisz, die mit Falke bis zu ihrem Serientod im Januar 2024 über 13 Folgen arbeitete. Ein knappes Jahr später folgte die Falke-Solofolge „Schweigen“ (Dezember 2024), die in einem Kloster spielt. Allerdings gab es auch da eine Gastermittlerin, gespielt von Lena Lauzemis als lokale Polizistin.

Diese Rolle übernimmt nun in Hannover Yael Feldman, gespielt von Peri Baumeister. So wie die Figur eingeführt wurde, könnte man sich vorstellen, dass man die charismatische Ermittlerin wiedersehen könnte. Bei Falke als unstetem Partner weiß man das allerdings nie so genau. Etwas seltsam ist der Auftritt der aus Göttingen bekannte Anaïs Schmitz. Warum die Ex-Partnerin von Maria Furtwängler aus dem längst abgewickelten „Tatort“-Standort hier noch einmal auftaucht, bleibt ein wenig rätselhaft. Zur Handlung trägt die Figur eher wenig bei.

Wo ermittelt Thorsten Falke als Nächstes?

Auf einem Campingplatz im deutsch-niederländischen Grenzgebiet nahe Emden verschwindet ein Autohändler, Blutspuren deuten auf ein Kapitalverbrechen hin. Die Ermittlungen führen Falke (Wotan Wilke Möhring) in der Doppelfolge „Tatort: Ein guter Tag /Schwarzer Schnee“ auch in die Niederlande. Übrigens wieder mit neuen Partnern in Person des hochbegabten Cyber-Kriminalisten Mario Schmitt (Denis Moschitto) und der niederländischen Kommissarin Lynn de Baer (Gaite Jansen, „Peaky Blinders“).

Für Regie und Buch zeichnen die hochdekorierten Hans Steinbichler sowie Alexander Adolph verantwortlich. Der Zweiteiler entsteht als deutsch-niederländische Koproduktion, beteiligte Sender sind der NDR und NPO. Gedreht wurde bis Dezember 2024. (tsch)