Jetzt müssen die Kleinsten daran glauben (oder es hören): Helene Fischer veröffentlicht „Die schönsten Kinderlieder“. Dabei gibt es doch so viel gute Kindermusik, bei der Eltern nicht die Nerven verlieren.
Vergessen Sie Helene FischerDiese Kindermusik nervt garantiert nicht!
Zugegeben: Mit ihrem Album „Die schönsten Kinderlieder“, auf dem Helene Fischer Klassiker wie „Es tanzt ein Bi-Ba-Butzemann“, „Das Lied über mich“ und „So ein schöner Tag (Fliegerlied)“ präsentiert, richtet sich die Schlagerkönigin eher an Kindergartenkinder. Aber wer sagt eigentlich, dass die Kleinsten (und ihre Eltern) mit den ewig gleichen, furchtbar altbackenen Liedklassikern hören müssen? Seit den Tagen von Rolf Zuckowski hat sich in Sachen Kindermusik schließlich einiges getan, wir präsentieren hier ein paar Empfehlungen von Kindermusik, die Eltern nicht wahnsinnig macht.
Deine Freunde
Es begann mit einem einzigen Song, der für eine Kita geschrieben wurde (“Schokolade“), dann aber kam mehr, viel mehr: Deine Freunde sind die derzeit wohl größte und angesagteste Kinderband Deutschlands. Neben vielen ausverkauften Konzerten gab es sogar Top-Ten-Platzierungen in den Album-Charts (“Helikopter“, „Das Weihnachtsalbum“) - und das bei einer Band, deren Zielgruppe in erster Linie aus Sechs- bis Zehnjährigen besteht. Aber eben nicht nur. Auch bei vielen Eltern stehen Deine Freunde hoch im Kurs: weil die Songs mit zeitgemäßen Pop- und HipHop-Beats unterlegt werden, die auch beim zehnten Mal nicht nerven, und weil es in den cleveren Texten oft auch eine zweite Ebene gibt. Eltern und Kinder hören hier bisweilen wahrscheinlich ganz unterschiedliche Botschaften, aber Spaß haben beide.
Metalkinder
Wer seinem drei Monate alten Kind schon den Kiss-Strampler überstreift und natürlich auch ein Guns'n'Roses-Lätzchen gekauft hat, notiert jetzt: „Metalkinder“. Unter diesem Namen erschien 2017 erstmals ein Album, auf dem zwar Liedgut wie „Bruder Jakob“ , „Fuchs du hast die Gans gestohlen“ und „Bi-Ba-Butzemann“ zu hören ist - allerdings wurde hierfür alles doppelt und dreifach durch den Heavy-Metal-Fleischwolf gedreht. Das Ergebnis klingt dann mal nach Rammstein (“Fuchs, du hast“), mal nach AC/DC (“Ich will Matsch“), und vor allem ist diese Musik, die von zwei Pädagogen mit Grundschulkindern aufgenommen wurde, eine perfekte Vorbereitung für später, wenn es mal in den „richtigen“ Moshpit geht.
Bummelkasten
Ob Max es insgeheim ahnte, dass es irgendwann mal eine gute Idee sein könnte, für den Notfall Klopapier zu horten? Die herrlich absurde Geschichte von „Rolltreppenmax“, der täglich an einem anderen Ort eine Rolle als „Souvenir“ mitgehen lässt, entstand tatsächlich bereits 2013. Das inzwischen millionenfach aufgerufene Video dazu war auch bereits in „Der Sendung mit der Maus“ zu sehen. Inzwischen erzählt Bernhard Lütke als Ein-Mann-A-cappella-Band Bummelkasten auch von anderen skurrilen Figuren - von „Hausmeister Klaus“ (“Meine Schere, meine Säge, meine Flex, mein Hof, mein Gebäudekomplex“), „Prinzessin Susi“ (“Die härteste Prinzessin der Welt!“) und dem Schulhofschläger „Bulli Battmann“ etwa. Und das mit so viel hintersinnigem (Wort-)Witz, musikalischem Einfallsreichtum und Berliner Schnauze, dass nicht nur Kinder ihren Spaß daran haben.
Eule findet den Beat
Sollte Kindermusik lehrreich sein oder darf sie einfach nur Spaß machen? Im Fall von „Eule findet den Beat“ schließt sich beides glücklicherweise nicht gegenseitig aus. In diesem Hörspiel lernt die titelgebende Eule bei ihrer Reise verschiedene Tiere kennen, die ihr Lieder in und über verschiedene musikalische Genres wie Rock, Pop, Jazz, HipHop und Elektro vorspielen. Dabei erkennen dann auch Kinder, dass etwa Punk - vorgetragen von der Katze - nicht nur eine Musik, sondern auch eine Haltung (“Ich kämm' mir meine Haare nicht! Mein Besteck sind meine Hände!“) ist. Inzwischen haben die Macherinnen Christina Raack, Nina Addin und Charlotte Simon weitere Teile vorgelegt; auch die „Europatour“, auf der Eule unter anderem Schlager, Flamenco und Irish Folk kennenlernt, sowie die musikalische Reise zu den Gefühlen sind absolut empfehlenswert.
Unter meinem Bett
Auch von der Compilation „Unter meinem Bett“ gibt es inzwischen bereits acht Teile: Erdacht und angeführt von Wolfgang Müller und Francesco Wilking (Tele, Die höchste Eisenbahn) versammeln sich auf den Samplern das Who's who der deutschen Liedermacher- und Indie-Pop-Szene: Gisbert von Knyphausen, Clueso, Olli Schulz, Bernd Begemann, Erdmöbel und Locas In Love lieferten bereits Beiträge ab, ebenso wie Bela B (Die Ärzte), Doktor Renz (Fettes Brot), Buddy Buxbaum (Ex-Deichkind) und Bosse. Dementsprechend breit ist auch das musikalische Spektrum und die thematische Vielfalt: Jan Plewka etwa besingt traurig einen grimmigen alten Mann, Maike Rosa Vogel bezeichnet sich zu Banjo-Klängen selbst als „Feige Nuss“ und Die Liga der gewöhnlichen Gentleman fordert zum Sixties-Beat-Rock im Namen aller koffeinsüchtigen Kinder „Eine Cola soll es sein!“
Poncho Ponys
Die Melodien sind einfach, die Lieder erzählen meist spannende Geschichten: Dass Countrymusik geradezu für Kinder prädestiniert ist, wusste schon Johnny Cash, der in den 70er-Jahren ein Album für Kinder (“The Johnny Cash Children's Album“) aufnahm. Nicht nur kindgerecht übersetzte Klassiker von Hank Williams, Johnny Cash und The Carter Family, sondern zahlreiche selbst komponierte Countrysongs präsentieren die Poncho Ponys aus München auf zwei Alben. Claudia Kaiser und Barbara Streidl (Die Moulinettes) sowie ihre Mitstreiter Martin Lickleder und Derek Singleton erzählen vom vergesslichen Cowboy, der hungrigen Kuh Lily Sue und dem schlimmen Jim und produzieren dabei Ohrwürmer für Country-Fans und solche, die es werden wollen.
Café Unterzucker
Eltern können so peinlich sein. Das wissen auch Café Unterzucker. Deshalb forderte die Band im Namen aller Kinder auf ihrem Album „Café Unterzucker spielt Tierlieder“ auch forsch von allen Erziehungsberechtigten: „Nenn mich nicht mehr Häselein in der Öffentlichkeit!“ Angetrieben von Tuba, Banjo und Mundharmonika spielt die Band um Sänger, Autor und Regisseur Richard Oehmann „Hühner-Boogie, Faultier-Swing, Reiher-Rock, Cowboy-Balladen und Miezekatzen-Jazz“, der sich niemals an die Zielgruppe anbiedert und dennoch lebensnah ist. Dass der hintersinnige Humor des Frontmannes auch bei Erwachsenen gut ankommt, bewies er bereits: Oehmann war 2018 und 2019 gemeinsam mit Stefan Betz Autor und Regisseur des traditionellen Nockherberg-Singspiels.
Willy Astor
Ja, der hier ist ein Spezialfall. Viele Erwachsene finden Willy Astor ziemlich anstrengend, aber demgegenüber stehen auch zahlreiche Bewunderer seiner verspielten Lyrik und geistreichen Kalauer. Die hat der bayerische Kabarettist und Wortakrobat zuletzt auch für die etwas kleineren Hörer aufbereitet. Nach „Kindischer Ozean - Lauschliedergeschichten aus dem Einfallsreich“ (2014) veröffentlichte Astor 2019 den Nachfolger „Der Zoo ist kein logischer Garten“. Songtitel wie „Eule Eulalia“, „LusTiger“, „Katerstrophe“ oder „Pubertier“ lassen keinen Zweifel: Das alles ist typisch Willy Astor, aber eben auch sehr anregend und musikalisch durchaus anspruchsvoll.
Rotz'n'Roll Radio
Bayerisches kommt Ihnen nicht ins Haus - lieber ein bisschen Berliner Straßenluft schnuppern? Gerne doch: Kai Lüftner war früher mal Streetworker, dann wurde er zum „Kreativitäter“, wie er selbst sich bezeichnet. Neben Jugendbüchern und Hörspielen produziert der gebürtige Berliner auch regelmäßig Musik. Bereits drei Alben hat Lüftner mit seinem Projekt „Rotz'n'Roll Radio“ aufgenommen, und neben ihm selbst hört man darauf auch Gaststars wie Jürgen von der Lippe, Bürger Lars Dietrich, Oliver Kalkofe und Anna Thalbach. Nicht nur geeignet, um mal einen etwas anderen „Jeburtstach“ zu feiern. Grobe Einordnung: rockig, charakterstark, frech, aber immer liebenswert.
Lullaby Renditions
Den ganzen Tag Party und Remmidemmi? Kinder können sich nichts Schöneres vorstellen. Eltern schon: mal eine halbe Stunde Ruhe zum Beispiel, in der nicht geplärrt und herumgehüpft wird. Passende Musik, um Eltern wie auch Kinder zu entspannen, gibt es seit einigen Jahren in der Reihe „Lullaby Renditions“ von Rockabye Baby. Das Versprechen der Verantwortlichen: Sie machen Rockmusik kindertauglich und Kindermusik elterntauglich. Wie geht das? Indem man die Musik berühmter Künstler mit neuer Still-und-leise-Instrumentierung (und ohne Gesang) in maximal unaufgeregte Wiegenlied-Form bringt. Etwa 100 Veröffentlichungen gibt es bereits, unter anderem mit Liedern von Metallica, Nine Inch Nails, Beastie Boys, Snoop Dogg, Tool, Depeche Mode, Pitbull und Lady Gaga.
Zuckerblitz
„Wenn einer blöde wird, dann müssen wir ihn warnen, denn wir könn' schon ein bisschen Judo und Karate“: So schallt es im Video zu „Judo & Karate“, dazu sieht man ein paar halbwüchsige Raufbolde in „Streetfighter“-Pose. Ganz ernst gemeint ist das natürlich nicht, was da bei Zuckerblitz passiert. Da ist vielmehr eine stark ausgeprägte Gaga-Note, und die kommt auch nicht von ungefähr: Zuckerblitz ist ein Kindermusik-Projekt von Malo und Deichkind-Mitglied Porky, und ähnlich wie bei Deichkind gibt es hier auch keine ganz klaren Botschaften. Dafür aber viel Spaß und Krawall, der vor allem von krachenden Rockgitarren transportiert wird - zu hören auf dem 2020 veröffentlichten Album „Achtung Kokusnuss!“
Dikka
HipHop, die Musik für Gangster und Proleten? Das war einmal. Was einst im Untergrund begann und dann den Mainstream eroberte, ist inzwischen auch in den Kinderzimmern angekommen. Deine Freunde machen schon länger vor, wie man die Kids (und ihre Eltern) mit fetten Beats begeistert. Sera Finale alias Dikka zeigt, dass da noch mehr ist. Der Berliner Sera Finale gehörte in den letzten Jahren zu den gefragtesten Songschreibern Deutschlands, unter anderem arbeitete er schon mit Namika, Culcha Candela und Helene Fischer. Dann erfand er speziell für die junge Hörerschaft die Kunstfigur Dikka - ein rappendes Nashorn, das kinderaffine Themen zwischen Nasebohren, Zähneputzen und Schuhebinden besingt. Nach dem Debütalbum „Oh Yeah!“ (2021) und „Boom Shakkalakka“ (2022) legte Dikka dieses Jahr mit „Die tollsten Tage mit Dikka“ bereits sein drittes Album vor. Diesmal unter anderem mit dabei: Kontra K, SDP, Knossi, Vanessa Mai und Esther Graf. (tsch)