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„Maybrit Illner“Weil Kretschmer nicht aufhört, gegen „die Grünen zu wettern“, platzt Nouripour der Kragen

Lesezeit 4 Minuten
Omid Nouripour hatte irgendwann bei „Maybrit Illner“ genug: „Ich gehe seit Jahren in irgendwelche Formate und immer heißt es: 'Warum sind die Grünen dagegen?' Nie: Warum ist die CDU oder Friedrich Merz dagegen?“  (Bild: ZDF/Jule Roehr)

Omid Nouripour hatte irgendwann bei „Maybrit Illner“ genug: „Ich gehe seit Jahren in irgendwelche Formate und immer heißt es: 'Warum sind die Grünen dagegen?' Nie: Warum ist die CDU oder Friedrich Merz dagegen?“ (Bild: ZDF/Jule Roehr)

Grenzkontrollen, Abschiebelager und Pushbacks: Noch bevor der europäische Asylkompromiss umgesetzt werden kann, wagen viele Länder den Alleingang. Bei „Maybrit Illner“ (ZDF) wird eine mögliche Lösung präsentiert - und lauthals diskutiert.

Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten. Beide Konflikte treiben immer mehr Menschen in die Flucht, viele von ihnen machen sich auf den Weg nach Europa. Doch dort gerät man immer mehr an Kapazitätsgrenzen. Dass man die illegale Migration stoppen müsse, darüber herrscht an diesem Abend im ZDF-Talk „Maybrit Illner“ Einigkeit. Über das „Wie“ hingegen ist man uneins.

„Wir haben es mit zwei der größten Flüchtlingskrisen in den vergangenen Jahren an den Toren Europas zu tun“, sagt der Migrationsforscher Gerald Knaus. Zu dem ungelösten Konflikt in Syrien kommt der Krieg im Nahen Osten dazu, erklärt er. Und in der Ukraine gibt es die größte Fluchtbewegung innerhalb Europas seit dem Zweiten Weltkrieg.

Nouripour: „Habe Tusks Rede auch als Hilferuf verstanden“

Für all das sei am Ende nur eine gesamteuropäische Lösung machbar, meint der Noch-Parteivorsitzende der Grünen, Omid Nouripour. Die Rede des polnischen Ministerpräsidenten Tusk, in der er eine vorübergehende Aussetzung des Asylrechts ankündigte, habe Nouripour „auch als Hilferuf verstanden“.

Tusk beschuldigt Putin und Lukaschenko, in organisierter Form Migranten aus Krisenregionen an die EU-Außengrenze zu bringen, um Druck auf den Westen auszuüben. Trotz eines Zauns und eines elektronischen Überwachungssystems versuchen Menschen täglich, irregulär die Grenze zu überqueren. Seit Beginn des Jahres hat der Grenzschutz knapp 28.000 dieser Versuche registriert.

CDU-Politiker Michael Kretschmer stichelte gegen die Grünen.  (Bild: ZDF/Jule Roehr)

CDU-Politiker Michael Kretschmer stichelte gegen die Grünen. (Bild: ZDF/Jule Roehr)

Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hingegen findet: „Wir sollten Hilfe geben, aber in den Herkunftsländern und Regionen, aus denen die Menschen kommen.“ Als Kristina Dunz, Journalistin beim Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND), entgegnet, dass sich das leicht anhöre, meint Kretschmer nur: „Wir müssen aber doch mit dem arbeiten, was wir an Zahlen haben.“ Und Letztere zeigten, so wird er es an diesem Abend noch mehrfach gebetsmühlenartig wiederholen, dass man überall „an den Belastungsgrenzen“ sei.

Journalistin bei „maybrit illner“: „Es ist inhuman, wie wir über Menschen sprechen“

Bei all den Diskussionen um Grenzkontrollen, Abschiebelager und Pushbacks stellt Dunz eins fest: „So geht der europäische Gemeinsinn verloren. Dieser Egoismus wird Europa zerfasern, weil es nur darum geht, wer weniger Flüchtlinge bekommt.“ Sie beobachte, dass in allen Gesprächen dazu, auch in dem an diesem Donnerstag, der Mensch keine Rolle mehr spiele. „Es ist hart und inhuman, wie wir über Menschen sprechen. Der Aspekt der Menschlichkeit ist verloren gegangen“, so die Journalistin. Sie habe Angst vor einer vergifteten Stimmung.

Doch wie soll der Strom illegaler Migration gestoppt werden? Das will Moderatorin Maybrit Illner von ihren Gästen wissen. Migrationsforscher Gerald Knaus sieht eine mögliche Lösung, die sowohl mit der Menschenrechtskonvention als auch mit EU-Recht vereinbar sei, in einer sicheren Drittstaatenlösung.

Migrationsforscher über Meloni: „Das ist großes politisches Theater“

Ähnliches hatte Italien diese Woche als erster EU-Staat gestartet. Dort wurden Migranten, die zuvor versucht hatten, irregulär nach Europa einzureisen, in ein Lager außerhalb der EU - und zwar in Albanien - untergebracht. Dort will Rom exterritorial Asylanträge im Schnellverfahren prüfen und Abschiebungen schneller abwickeln. Diejenigen, die Anspruch auf Asyl haben, werden nach Italien überstellt. Wer abgelehnt wird, soll in sein Herkunftsland zurückgeschickt werden.

Den Erfolg des Vorhabens allerdings stellt Knaus infrage. Italien würde ohnehin niemanden abschieben. „Die könnten das Zentrum auch gleich in Sizilien bauen“, so der Migrationsforscher. „Das ist großes politisches Theater von Meloni.“

Diese Lösung - einen sicheren Drittstaat außerhalb der EU finden und dort die Asylverfahren durchführen - sei laut Knaus eine Möglichkeit, die Zuströme zu senken, da die Gründe für eine Flucht nach Deutschland so wegfallen würden. Als Kretschmer wettert, dass „die Grünen“ gegen solch eine Lösung seien, platzt deren Noch-Parteichef der Kragen. „Ich gehe seit Jahren in irgendwelche Formate und immer heißt es: 'Warum sind die Grünen dagegen?' Nie: Warum ist die CDU oder Friedrich Merz dagegen?“ Für ihn stelle sich vor allem die Frage, welche Länder überhaupt sichere Drittstaaten sein könnten.

Doch Kretschmer hört nicht auf, gegen „die Grünen zu wettern“ und bald liefert er sich mit Nouripour einen lautstarken Wortwechsel, in dem nur noch Wortfetzen zu verstehen sind. „Sie haben jetzt all Ihre Wahlkampfparolen rausgehauen“, sagt der Grünen-Politiker schließlich. Und beendet damit irgendwie auch den Abend. (tsch)