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Zum 60. GeburtstagDie fünf genialsten TV-Momente des Hape Kerkeling

Lesezeit 5 Minuten
Verkleidet als niederländische Königin Beatrix düpierte Hape Kerkeling am 25. April 1991 die Entourage eines geplanten Staatsbesuchs im Schloss Bellevue. (Bild: ZDF / Hammer)

Verkleidet als niederländische Königin Beatrix düpierte Hape Kerkeling am 25. April 1991 die Entourage eines geplanten Staatsbesuchs im Schloss Bellevue. (Bild: ZDF / Hammer)

33 Jahre ist es her, dass durch den Ratssaal der niedersächsischen Gemeinde Suhr der Aufschrei „Hurz“ fuhr. Vor ebenso langer Zeit wollte eine falsche Königin in Schloss Bellevue „lecker mittagessen“. Längst nicht die einzigen Geniestreiche in der Karriere des Hape Kerkeling ...

Der Wolf

Das Lamm

„Und das Lamm schrie Hurz!“ 1991 schrieb Hape Kerkeling als falscher polnischer Opernsänger mit der Sendung „Total normal“ Fernsehgeschichte. (Bild: YouTube / rbb)

„Und das Lamm schrie Hurz!“ 1991 schrieb Hape Kerkeling als falscher polnischer Opernsänger mit der Sendung „Total normal“ Fernsehgeschichte. (Bild: YouTube / rbb)

Auf der grünen Wiese

Hurz!

Und das Lamm schrie „Hurz“

Der Schrebergärtner Riko Mielke will mit Nachdruck von der Wildschweinplage befreit werden. Moderator Heinrich Lummer (rechts) kannte Hape Kerkeling nicht und konnte ihn folglich auch nicht unter der Maskerade erkennen. (Bild: YouTube / SAT.1)

Der Schrebergärtner Riko Mielke will mit Nachdruck von der Wildschweinplage befreit werden. Moderator Heinrich Lummer (rechts) kannte Hape Kerkeling nicht und konnte ihn folglich auch nicht unter der Maskerade erkennen. (Bild: YouTube / SAT.1)

Wer weiß, ob aus Hape Kerkeling nicht auch ein bedeutender Dichter hätte werden können. Besäße er nur die Veranlagung, Dinge etwas ernster zu nehmen. Der poetische Vortrag, der unter dem Titel „Hurz!“ vor mehr als 30 Jahren Fernsehgeschichte schrieb, liest sich jedenfalls auch in der Schriftform zum Kringeln komisch. Nun (9. Dezember) hat einer der bedeutendsten deutschen Nachkriegshumoristen das 60. Lebensjahr vollendet. Wir gratulieren mit einem Rückblick auf fünf unvergessliche Anarcho-Sternstunden.

„Hurz!“

Es gibt ja wenig Erquickenderes, als jene Menschen für dumm zu verkaufen, die sich selbst besonders schlau finden. „Es muss doch erlaubt sein zu sagen: 'Ich kann damit nichts anfangen'“, empört sich eine resolute Klassikfreundin im Auditorium. „Deshalb können Sie mir doch nicht sagen, dass ich weniger intellektuell bin als andere Leute!“

Vorausgegangen war eine Aufführung, wie es sie im Ratssaal der niedersächsischen Gemeinde Suhr davor und danach wohl kein zweites Mal gab. Vor nichtsahnendem Publikum gaben Hape Kerkeling als vermeintlicher Tenor Mirosław Lem und Achim Hagemann als Pianist Piotr Stianek einen Auszug aus der progressiven Oper eines erfundenen polnischen Komponisten zum Besten. Von Wolf, Lamm, Habicht und Lurch ist zu atonaler Pianobegleitung die Rede, unterbrochen von einem wiederkehrend kieksenden „Hurz!“.

„Bestellt ist bestellt“: Mit schlappen 20 Jahren Verspätung liefert Hape Kerkeling Herrn Schiffner (rechts) aus Leipzig einen „nigelnalneuen Trabant“ aus. (Bild: YouTube / SAT.1)

„Bestellt ist bestellt“: Mit schlappen 20 Jahren Verspätung liefert Hape Kerkeling Herrn Schiffner (rechts) aus Leipzig einen „nigelnalneuen Trabant“ aus. (Bild: YouTube / SAT.1)

Während ein Teil der Klassikfreunde seine Belustigung nicht verbergen kann, suchen andere ernsthaft und empathisch den Dialog mit den falschen polnischen Künstlern über die passende Interpretation des Gaga-Werks. Erst am Ende löst Kerkeling mit seiner Erkennungsfanfare „Das ganze Leben ist ein Quiz“ die Verlade auf, die vor 33 Jahren TV-Geschichte schrieb. Erstmals ausgestrahlt wurde der Sketch am 4. Juli 1991 in der Radio-Bremen-Comedy-Show „Total normal“ und hernach nie wieder auf einer Bühne aufgeführt. „Ich kann 'Hurz!' ja nicht ewig singen“, erklärte Kerkeling.

„Königin Beatrix“

Sie wollte doch nur „lecker mittagessen“. Verkleidet als niederländische Königin Beatrix düpierte Hape Kerkeling am 25. April 1991 die Entourage eines geplanten Staatsbesuchs bei Bundespräsident Richard von Weizsäcker im Schloss Bellevue. „Ab dem Moment, wo die Schranke am Bellevue hochging und die uns durchgewunken haben, habe ich gedacht: So, das wird zwar ein schöner Film, aber meine Karriere ist beendet, ich werde wahrscheinlich im Knast landen“, erinnerte sich Kerkeling später an diesen schlagzeilenreichen Coup.

Wo Horst Schlämmer auftauchte, herrschte vergnügliches Chaos, wie hier beim Deutschen Filmpreis 2009. (Bild: 2009 Getty Images/Sean Gallup)

Wo Horst Schlämmer auftauchte, herrschte vergnügliches Chaos, wie hier beim Deutschen Filmpreis 2009. (Bild: 2009 Getty Images/Sean Gallup)

So minutiös der Sketch aus der Reihe „Total normal“ geplant war, es wurde auch vorgesorgt, etwa mit falscher niederländischer Flagge und Bremer Nummernschild an der vermeintlichen Staatskarosse. Kerkeling: „Wir haben alles bewusst falsch gemacht, sodass man uns strafrechtlich nicht an den Karren kann.“

Dass sie die falsche Königin hereingelassen hatten, fiel den Offiziellen nach einigen Minuten auf. Die ebenso hungrige wie quirlige Dame vom Hof zu komplimentieren, erwies sich aber als knifflige Angelegenheit, wie sich Bernd Kahnert, damals Kommandeur des Bundesgrenzschutzes, erinnert: „Im Nacken saß uns ja die richtige Königin. Es lagen meiner Einschätzung nach etwa sieben Minuten zwischen der Rausfahrt von Kerkeling und der Einfahrt Ihrer Majestät der Königin der Niederlande.“ Eine Comedy-Sternstunde - und nur ein Beinahe-GAU für die diplomatischen Beziehungen beider Länder.

„Der ewige Trabant“

Hape Kerkeling war in drei Jahrzehnten für so manchen Geniestreich gut. (Bild: 2014 Getty Images/Andreas Rentz)

Hape Kerkeling war in drei Jahrzehnten für so manchen Geniestreich gut. (Bild: 2014 Getty Images/Andreas Rentz)

Die unschuldige Genialität der „Total normal“-Jahre erreichte Hape Kerkeling nie wieder. Doch sein Trabi-Sketch aus der kurzlebigen SAT.1-Reihe „Darüber lacht die Welt“ (1998-2000) kam dicht heran. Zehn Jahre nach der Wende stellte sich Kerkeling einem arglosen Leipziger Anwohner als „Schwendowsky von der IFA Vertrieb Holding“ vor. Mitgebracht hatte er per Autotransporter eine Bestellung, die jener Herr Schiffner geschlagene 20 Jahre zuvor zu DDR-Zeiten in der Tat aufgegeben hatte: „nigelnagelneuer Trabant“ in der „Deluxe-Ausstattung“ mit Standheizung und Wackeldackel.

„Dann mal rein in die gute Stube“, komplimentierte Kerkeling den überrumpelten Herrn zur Probefahrt. „Wollen sie gleich quittieren?“ Bejubelt von Cheerleadern wurde der Peugeot des Neu-Trabant-Besitzers großzügig in Zahlung genommen und gegen 8.000 D-Mark Preisaufschlag auch gleich verladen. Kaum zu glauben: Der freundliche Herr Schiffner setzte in seiner vollendeten Ratlosigkeit schließlich seine Unterschrift unter die Lieferdokumente: „Bestellt ist bestellt.“

„Wildschweinplage im Schrebergarten“

Keine - Pardon - Sau würde sich heute noch an die Streitgesprächsreihe „Auf den Punkt Berlin“ erinnern, hätte Hape Kerkeling die Sendung des Regionalkanals TV.Berlin nicht so fulminant gecrasht. Mit Langhaarperücke und gefletschten Fake-Zähnen trat der Komiker im Jahr 2000 als „wildschweingeplagter“ Kleingärtner Riko Mielke in die Debatten-Arena.

Ein Gespräch mit seinem Gegenüber, einem Berliner Forstbeamten, wusste der dauerempörte Kleingärtner effektiv zu unterbinden. „Sie können sich nen Topflappen aufsetzen und mit dem Rudel Schweine zusammenleben, wenn Ihnen das gefällt“, dampfschnaubt es aus dem falschen Wutbürger. „Der kleine Sparer ist am Ende der Gelackmeierte. Es wird enden, dass er recht bekommt, ich nicht.“

Moderator Heinrich Lummer, vormaliger Innensenator des Landes Berlin, kämpfte auf verlorenem Posten um die eigene Contenance und die seines Gastes, der schlimmer wütete als jede marodierende Wildsau. Auch nach der Auflösung des Streichs verstand der CDU-Politiker dem Vernehmen nach nur Bahnhof: Der Name Hape Kerkeling war ihm schlicht kein Begriff.

Horst Schlämmer

„Weisse Bescheid, Schätzelein ...“ - Wenn es eine Kunstfigur im Repertoire des Hape Kerkeling gibt, die eine Zeit lang populärer war als der Künstler selbst, dann ist es Horst Schlämmer. Ursprünglich konzipiert für die RTL-Reihe „Hape trifft“ entwickelte der Grevenbroicher Lokaljournalist (“Immer janz discht dran und knallhart nachjefracht“) in den Jahren nach 2005 ein fast beängstigendes Eigenleben.

Mit Trenchcaot, Doornkaatpulle und Herrenhandtasche bewaffnet mischte der extrovertierte Reporterveteran die „Goldene Kamera“-Verleihung und die „Wetten, dass ..?“-Couch auf. Beim Prominenten-Special von „Wer wird Millionär?“ brachte er Günther Jauch dazu, die Plätze zu tauschen. Als der Hype um den „Rücken“-geplagten Verehrer der Damenwelt fast verflogen war (heute würde man ihn wohl einen „MeToo“-Fettnapf auf zwei Beinen nennen), legte Kerkeling noch den Kinofilm „Horst Schlämmer - Isch kandidiere!“ (2009) nach - der wurde natürlich ein Kassenschlager. (tsch)