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Schlechter Karnevalsscherz?Flamen entwerfen Nazi-Wagen

Lesezeit 2 Minuten

Neu-Flämischen Allianz (N-VA): Bart De Wever

Brüssel – Mit einem „Deportationswaggon“ für Frankophone und kostümiert in SS-Uniformen will ein Karnevalsverein im belgischen Aalst die Unabhängigkeitsbestrebungen flämischer Nationalisten aufs Korn nehmen. Einer der Festwagen bei der Parade am Sonntag soll die Form eines Güterwaggons haben, wie ihn die Nazis zur Deportation von Juden in die Konzentrationslager benutzten. Der geschmacklose Karnevalsscherz sorgte für Empörung.

Beschriftet ist der Waggon mit den Worten „Zur Deportation der Frankophonen“, im Inneren ist eine Puppe des französischsprachigen belgischen Regierungschefs Elio Di Rupo gefangen, während Lautsprecher „deutsche Musik spielen“, wie die Organisatoren ankündigten. Mitglieder des Karnevalsvereins wollen in SS-Uniformen auftreten, auf denen das Emblem der die Unabhängigkeit Flanderns propagierenden Neu-Flämischen Allianz (N-VA) durch „SS-VA“ ersetzt ist.

Die Karnevalisten wollten zeigen, wie „lächerlich“ die von der N-VA geführte Politik der „Flamisierung“ von Aalst sei, sagte ein Sprecher des Karnevalsvereins. Seit ihrem Sieg bei den Kommunalwahlen in Aalst bemüht sich die von Bart De Wever geführte N-VA mit einer Vielzahl von Initiativen, den „flämischen Charakter“ der 30 Kilometer westlich von Brüssel gelegenen Stadt zu stärken. Unter anderem wurde das Bild des belgischen Königspaars aus dem Rathaus entfernt.

Übertreibung in Ordnung aber das ist geschmacklos

Di Rupos Doppelgänger soll ein T-Shirt in den Regenbogenfarben tragen - eine Anspielung auf De Wevers jüngste Entscheidung, als Bürgermeister von Antwerpen im Namen der weltanschaulichen „Neutralität“ des Staates allen städtischen Angestellten zu verbieten, sich durch regenbogenfarbene Accessoires als homosexuell zu outen. Di Rupo ist offen homosexuell.

De Wever erklärte, Übertreibung gehöre zwar zum Karneval, die Aktion in Aalst aber sei „geschmacklos“. Der Vorsitzende der flämischen Liberalen und Vize-Regierungschef Alexander De Croo sagte, wer den Karneval von Aalst kenne, der wisse, dass sich dort jeder „über alles und jeden lustig macht“, auch wenn es nicht immer dem guten Geschmack entspräche.

Der französischsprachige Regierungschef der Region Wallonie, Rudy Demotte, sprach von einem „skandalösen“ Vorhaben. „Es gibt Dinge, über die lacht man nicht“, sagte er. Der Vorsitzende des Dachverbands der jüdischen Organisationen in Belgien, Maurice Sosnowski, bezeichnete die geplante Karnevalsaktion als „Zumutung„: „Übertreibungen sind möglich, ohne unnötig zu verletzen. In diesem Fall aber werden die Opfer des Holocaust gekränkt“, sagte er dem französischsprachigen Fernsehsender RTL-TVI.

Die ostflämische Stadt Aalst feiert seit 600 Jahren Karneval, seit 2010 gehört dieser zum UNESCO-Weltkulturerbe. Höhepunkt ist der Umzug am Sonntag. (afp)