In Deutschland stark gefährdetWarum Schmetterlinge unser Leben bereichern

Der Schmetterling 2022: Der Kaisermantel. Ein echter Hingucker - mit der orangefarbenen Flügeloberseite und dem silbrig schimmernden Band auf der Unterseite einer der schönsten Tagfalter.
Copyright: picture alliance/dpa/BUND
Köln – Früher war darauf Verlass, dass Schwärme von Tagpfauenaugen, Distelfaltern, Kleinem und Großem Fuchs, Admiral und Trauermantel von Blume zu Blume schwebten - diese wunderschönen, feenhaften Wesen. Mittlerweile freuen wir uns, wenn wir beim Spaziergang nur einen einzigen Schmetterling sehen, der die große Flatter macht.
Künstler wie Banksy haben ihn als Zeichen für den Frieden verewigt, Goethe hat ihm ein Gedicht gewidmet, Sting ein Lied. Kein Wunder: Der Schmetterling ist als Symbol der unsterblichen Seele schon in der griechischen und römischen Mythologie zu finden, repräsentiert im Christentum als Puppe und Falter auf zahlreichen Grabsteinen die Auferstehung.
Zahl der Tagfalter-Arten seit 1990 halbiert
Ja, ein Sommer ohne Schmetterlinge wäre nur halb so bunt. Etwa 3700 verschiedene Schmetterlingsarten - allerdings nur 190 farbenprächtige Tagfalter - leben in Deutschland. Aber dem beliebtesten aller Insekten geht es immer mehr an den nektarsaugenden Rüssel. Seit 1990 ist die Hälfte aller Tagfalter-Arten aus Europa verschwunden. Die Technische Universität München fand heraus, dass besonders empfindliche Schmetterlingsarten mittlerweile sogar in Naturschutzgebieten aussterben. Warum ist das so? „Monokulturen, Trockenlegungen und Hochleistungsäcker zerstören ihren Lebensraum, Pestizide vernichten ihre Nahrungspflanzen. Aber auch im Kleinen wird es dem Zitronenfalter und seinen Artgenossen schwer gemacht“, sagt Markus J.K. Wessel, Leiter der Naturschutzpolitik beim BUND.

Der Überlebenskünstler: Manche Schmetterlinge überleben nur einen einzigen Tag - wie der Sackspinner. Andere flattern ganze 13 Monate durch die Landschaft - wie der Zitronenfalter.
Copyright: picture alliance / dpa
Mit exotischen Pflanzen haben die zarten Diven der Lüfte nichts am Hut. Sie sind wählerisch, benötigen spezielle Pflanzenarten für die Raupe - und dann auch wieder andere für ihr meist kurzes Falterleben. Doch in unserer Landschaft ist kaum noch Platz für Waldränder und -lichtungen oder für natürliche Ufervegetation entlang der Bäche und Flüsse mit all ihren Falter- und Raupenpflanzen. Wer lässt z. B. heute noch die Brennnessel stehen, die der Schmetterling so liebt? Pflanzenschutzmittel und Autoabgase geben ihnen den Rest.
Ein Unding! Haben wir etwa vergessen, dass die kleinen Falter schon den Dinos um die Nase flatterten? Schmetterlinge leben seit mindestens 135 Millionen Jahren auf der Erde - und waren nicht totzukriegen. Bisher ...!
Sogar Chanel setzt Schmetterlingen ein Denkmal
Wäre doch schade, wenn wir die Metamorphose der Schmetterlinge nur noch auf Luxusroben auf den Laufstegen bewundern könnten. Denn, welch ein Zufall: In diesem Modefrühling setzen Designer von Chanel über Blumarine bis Burberry dem zarten Luftgeschöpf mit Prints und Schmetterlings-Puffärmeln ein Denkmal.
Die schönste Würdigung kam allerdings vor weit mehr als 100 Jahren von einem Märchenerzähler. "Leben allein genügt nicht, sagte der Schmetterling, "Sonnenschein, Freiheit und eine kleine Blume muss man auch haben." Was für ein wunderschönes Zitat von Hans Christian Andersen (1805). Und passender denn je …
Warum fliegen Falter auf Menschen?
Nicht nur der Nektar der Blüten zieht einige Schmetterlinge an, sie laben sich auch an den durch Schweiß ausgeschiedenen Salzen und anderen Mineralien auf unserer Haut. Aber schon bei der geringsten Bewegung flattern sie wieder davon.
Und das ist auch gut so: Die Flügel des Schmetterlings sollte man nämlich keinesfalls berühren. Schuppen geben dem Falter seine Farbe und verleihen der hauchdünnen Flügelhaut die nötige Stabilität, damit er fliegen kann. Doch wenn man diese Schuppen berührt, fallen sie ab, der Schmetterling kann nicht mehr richtig fliegen, muss verhungern oder wird gefressen!
Kleine Raupe Nimmersatt
Aus den Eiern, die das Schmetterlingsweibchen ablegt, schlüpft nach ein bis drei Wochen eine Raupe. Dieses wurmartige Wesen mit kräftigen Mundwerkzeugen hat nichts anderes im Sinn, als zu fressen, futtert so lange, bis es aus seiner Haut platzt. Dann streift die Raupe die alte Hülle ab und futtert weiter, bis ihr auch die neue Haut zu eng wird. So geht das vier- bis fünfmal weiter.
Nach drei bis acht Wochen stellt sie das Essen ein und verwandelt sich in eine Puppe. Manche Raupen wickeln sich selbst in einen Faden, den sie selbst aus einer Öffnung am Kopf ausscheiden und spinnen damit einen Kokon um sich herum: Darin verwandelt sich die fette Raupe in einen zarten Schmetterling.
Schmetterlinge im Bauch
Warum sagt man eigentlich, dass Frischverliebte "Schmetterlinge im Bauch haben"? Die Umschreibung stammt von der amerikanischen Schriftstellerin Florence Converse, die 1908 in ihrem Buch "The House of Prayer" mit den "Schmetterlingen im Bauch" ("butterflies in the stomach") eine Art Lampenfieber beschrieb. Der Schmetterling selbst balzt übrigens nach striktem Reglement: Bei einer beeindruckenden Flugshow berühren sich die Flügel des Pärchens. Dann wird das Ritual am Boden fortgeführt. Das Männchen umschreitet die Auserwählte und wartet auf ein Signal zur Paarungsbereitschaft von ihr.
Schmetterlingspfad in der Eifel
Toller Ausflugstipp fürs Frühjahr: Der Schmetterlingspfad zwischen Nettersheim und Urft (als Schmetterlingsschutzgebiet ausgewiesen) in der Eifel. Hier leben rund sechzig verschiedene Schmetterlingsarten, darunter der seltene Waldteufel, der Distelfalter und der silberblaue Bläuling.

Der Reisende: Zu den Überraschungen 2021 zählt die Entdeckung des Kleinschmetterlings "Aproaerema cinctelloides" im Donautal. Denn eigentlich lebt das unscheinbare Insekt nur auf der Insel Korsika.
Copyright: picture alliance/dpa/Zoologische
Sechs Tafeln erläutern entlang des Pfades interessante Zusammenhänge zwischen Lebensräumen und dem Vorkommen von Schmetterlingen. Man lernt z.B., welche Raupen es scharf mögen und am liebsten an Brennnesseln knabbern. Start ist der kleine Bahnhof in Urft. Von hier wandert man im Uhrzeigersinn zunächst über die Urft und begleitet das Flüsschen dann aufwärts bis nach Nettersheim und über einen Rundbogen zurück nach Urft. Streckenlänge: 13,6 Kilometer.
Wie man Falter in den Garten lockt?
Nur mit den richtigen Blüten können Sie Schmetterlinge in Ihren Garten locken. Faustregel: Je vielfältiger, desto attraktiver. Der einfachste Einstieg ist ein Wildblumenbeet, das kann auch in großen Kübeln oder Blumentöpfen auf dem Balkon eingesät werden. "Kartäusernelke, Taubenskabiose, Tüpfeljohanniskraut, Wilder Majoran und andere heimische Wildblumen locken mit ihren Farben und Düften Schmetterlinge an", empfiehlt der NABU. Wer sich nicht nur auf seine Pflanzen verlassen möchte, kann die Bestäuber mit einem "Schmetterlingscocktail" aus Zuckerwasser, Fruchtsaft oder reifen Früchten anlocken.