Bei der Kollision einer Passagiermaschine mit einem Helikopter über Washington D.C. sterben Dutzende. Die Ursache ist unklar – aber es gibt Spekulationen.
Tödliche Kollision am HimmelDer Worst-Case über Washington
Normalerweise ist das Kennedy Center ein friedlicher Rückzugsort von den politischen Unruhen der amerikanischen Hauptstadt Washington. In dem Flachbau spielt das National Symphony Orchestra. Während der Konzertpausen können die Besucher auf eine große Terrasse heraustreten und den Blick über den Potomac-River genießen.
Am Mittwochabend aber bot sich von dieser Stelle ein Bild des Grauens. Die Webcam des Kulturzentrums hat es festgehalten. Auf dem schwarz-weißen Video sieht man, wie sich um 20.48 Uhr von Süden ein heller Punkt in der Luft dem nur wenige Kilometer entfernten Ronald-Reagan-Airport auf der anderen Seite des Flusses nähert. Plötzlich taucht auf der linken Seite des mutmaßlichen Flugzeugs ein weiterer kleiner Punkt auf, der sich direkt auf die Maschine zubewegt. Dann gibt es eine Explosion mit einem großen Feuerball und Rauch.
Helikopter und Flugzeug stoßen in der Luft zusammen
Um kurz nach 21 Uhr bestätigen die Behörden die Katastrophe: Eine Passagiermaschine der Fluggesellschaft American Airlines mit 64 Menschen an Bord ist mit einem Black-Hawk-Militärhubschrauber mit drei Besatzungsmitgliedern kollidiert und in den eisigen Potomac gestürzt, dessen Wassertemperatur nach einer ungewöhnlich harten Kältephase bei drei Grad Celsius liegt.
Den ganzen Abend jaulen Sirenen in Washington. Alle Starts und Landungen am Ronald-Reagan-Airport, einem der geschäftigsten Flughäfen der USA, werden eingestellt. Tauchteams und Boote mit Scheinwerfern suchen - unterstützt von Hubschraubern in der Luft - in der Dunkelheit bei starkem Wind und Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt den Fluss ab. Rund 300 Rettungskräfte sind im Einsatz.
300 Rettungskräfte suchen nach Überlebenden
Doch als Feuerwehrchef John Donnelly kurz nach Sonnenaufgang am Donnerstagmorgen vor die Kameras tritt, werden die schlimmsten Befürchtungen zur Gewissheit. „Zu diesem Zeitpunkt glauben wir nicht, dass es Überlebende gibt“, sagt der Beamte. In der Nacht wurden 27 tote Flugzeuginsassen und ein toter Soldat geborgen.
Der Rumpf der Maschine vom Typ Bombardier CRJ700 ist beim Absturz in drei Teile zerborsten, die im eisigen brusttiefen Flusswasser liegen. Die Opferzahl könnte sich mehr als verdoppeln. Das Unglück ist der erste Absturz einer Passagiermaschine seit 15 Jahren und der schwerste derartige Vorfall in den USA in einem Vierteljahrhundert.
Schlimmster Vorfall in den USA seit 25 Jahren
Die Ursachen der Katastrophe liegen am Donnerstag noch völlig im Dunkeln. „Alles lief wie üblich“, betont Sean Duffy, der neue US-Verkehrsminister, bei der Pressekonferenz. Erst vor zwei Tagen ist der 53-jährige ehemalige Fox-Moderator vereidigt worden.
Nun betont er immer wieder, es habe sich bis zu dem Zusammenstoß um „Standard-Operationen“ am Himmel gehandelt: Die in Kansas gestartete American-Eagle-Maschine mit der Flugnummer 5342, an deren Bord auch ein 20-köpfiges Eiskunstlaufteam war, befand sich im ordnungsmäßigen Anflug auf die Landebahn 33. Der in Virginia stationierte Helikopter absolvierte nach Medienberichten einem Übungsflug. Beide Fluggeräte sollen Funkkontakt mit dem Tower gehabt haben. „Da war nichts Ungewöhnliches“, betont Duffy. Und doch kam es wenige Minuten später zu der dramatischen Kollision.
Unfallursache unklar - erste Spekulationen
Der Unglücksort liegt nur drei Meilen vom Weißen Haus entfernt. In der aufgeheizten Stimmung der USA kann es nicht lange dauern, bis die Katastrophe politisch aufgeladen und instrumentalisiert wird.
Donald Trump leistet dazu den ersten Beitrag. „Es war eine klare Nacht“, kommentierte der Präsident kurz nach Mitternacht freihändig auf seiner Plattform „Truth Social“ das Unglück: „Warum ist der Hubschrauber nicht auf- oder abgestiegen oder hat abgedreht? Warum hat der Kontrollturm dem Helikopter nicht gesagt, was er machen soll (...)? Das ist eine schlimme Situation. Es sieht aus, als hätte sie verhindert werden können“, schrieb Trump: „Nicht gut.“ Für ein Wort der Anteilnahme war in der Botschaft kein Platz.
Derweil spekuliert der Milliardär Bill Ackman, ein Unterstützer von Trump, der Vorfall sehe eher „wie ein Akt des Terrorismus als wie ein Unfall aus“: Tatsächlich gibt es darauf nach Angaben der Behörden keinerlei Hinweise. Gleichwohl verbreitete die rechtsextreme Influencerin Laura Loomer eilig die Verschwörungstheorie.
Finanzlage in der Luftraumüberwachung seit langem angespannt
Derweil fragen sich linksliberale Beobachter, ob das Unglück etwas mit der seit langem angespannten Finanzlage der Luftraumüberwachung in den USA und dem Chaos zu tun haben könnte, dass Trump Anfang der Woche durch einen abrupten Ausgabenstopp und seine Schrumpfpläne für den öffentlichen Dienst ausgelöst hat. Immerhin musste der Direktor der Luftfahrtbehörde FAA vor zehn Tagen auf Druck des Trump-Beraters Elon Musk zurücktreten. Bislang gibt es keinen offiziellen Nachfolger.
Der Protest der Demokraten gegen den Radikalabbau hatte zuletzt auch die Bestätigung von Verkehrsminister Duffy überschattet. Am Morgen nach dem Unglück wiederholt der Republikaner nun die Aussage seines Chefs, derzufolge der Absturz „vermeidbar“ gewesen wäre. Gleichzeitig versichert er den amerikanischen Fernsehzuschauern, die Behörden würden nicht ruhen, bevor sie die Ursache gefunden haben: „Wenn Sie fliegen, sind Sie sicher.“ Die furchtbaren Bilder aus Washington suggerieren gerade etwas anderes.