Die US-Amerikanerin Towana Looney gehört zu einem kleinen Kreis schwerkranker Menschen, denen ein Tierorgan eingepflanzt wurde.
„Es ist wie ein Neuanfang“Transplantation von Schweineniere – Patientin hat „unglaubliche Energie“
Towana Looney aus dem US-Bundesstaat Alabama ist guter Dinge. Im November wurde der 53-Jährigen eine Schweineniere eingepflanzt – und es geht ihr gut. Durch die OP muss sie nach acht Jahren nicht mehr ständig zur Dialyse. Ihr Fall ist der jüngste, in dem eine Transplantation eines Tierorgans ein Menschenleben retten soll.
Looney ist der fünfte Mensch aus den USA, der ein genetisch verändertes Schweineorgan erhalten hat. Allem Anschein nach hat sie es besser verkraftet als frühere Transplantationspatienten, die binnen zwei Monaten nach dem experimentellen Eingriff starben. „Es ist wie ein Neuanfang“, sagte sie der Nachrichtenagentur AP. „Die Energie, die ich hatte, war unglaublich. Eine funktionierende Niere zu haben – und es zu spüren –, ist unglaublich.“
Ihre Operation ist ein bedeutender Schritt. Forscher bereiten sich aktuell darauf vor, im kommenden Jahr mit offiziellen Studien zu sogenannten Xenotransplantationen zu beginnen, wie Robert Montgomery von der New Yorker Klinik NYU Langone Health erklärte, der den Eingriff leitete.
Entlassung bereits nach elf Tagen
Looney erholt sich offenbar gut nach ihrer Transplantation, die am Dienstag öffentlich gemacht wurde. Schon elf Tage danach wurde sie aus dem Krankenhaus entlassen, um ihren Genesungsweg in einem nahe gelegenen Apartment fortzusetzen. Zwar wurde sie jüngst kurzzeitig wieder aufgenommen, um die Medikation anzupassen. Ihre Ärzte rechnen aber damit, dass sie in drei Monaten in ihre Heimat Alabama zurückkehren kann. Sollte die Schweineniere versagen, könnte sie wieder an die Dialyse angeschlossen werden.
„Zu sehen, wie ihr und ihrer Familie wieder Hoffnung gegeben wurde, ist außergewöhnlich“, sagte Jayme Locke, Looneys ursprüngliche Chirurgin, die bei der US-Arzneimittelaufsicht FDA die Genehmigung für die Transplantation am 25. November einholte.
Mehr als 100.000 Menschen stehen in den USA auf der Transplantationsliste. Die meisten von ihnen hoffen auf eine Spenderniere. Tausende sterben in Wartestellung. Und viele weitere erfüllen nie die Voraussetzungen. Auf der Suche nach einer Alternative zu Organspenden verändern Wissenschaftler Schweine genetisch, um ihre Organe „menschlicher“ zu machen.
Früher spendete sie selbst ein Organ
Im Jahr 1999 spendete Looney ihrer Mutter eine Niere. Später verursachte eine Komplikation während der Schwangerschaft Bluthochdruck, der ihre verbliebene Niere schädigte, die schließlich versagte. Es ist sehr selten, dass lebende Spender ein Nierenversagen erleiden. Diejenigen, denen es passiert, werden auf der Transplantationsliste besonders bevorzugt. Doch Looney fand keinen passenden Spender. Sie hatte Antikörper entwickelt, die abnorm darauf ausgerichtet waren, eine andere menschliche Niere zu attackieren. Tests zeigten, dass ihr Körper jede angebotene Niere abstoßen würde.
Dann hörte Looney von der Schweinenierenforschung an der University of Alabama in Birmingham. Sie kontaktierte Locke und sagte ihr, dass sie es gern versuchen würde. Locke beantragte bei der FDA eine Genehmigung für ein Notfallexperiment – nach Regeln für Menschen wie Looney, die keine anderen Optionen mehr haben.
Die Medikamentenbehörde stimmte nicht gleich zu. Stattdessen wurden zwei noch kränkeren Patienten im Frühjahr 2024 die ersten Schweinenieren transplantiert, am Massachusetts General Hospital in Boston und an der NYU. Beide litten auch an schweren Herzerkrankungen. Der Patient in Boston erholte sich gut genug, um etwa einen Monat Zuhause zu verbringen, bevor er an einem plötzlichen Herztod starb, der in keinem Zusammenhang mit dem Tierorgan gestanden haben soll. Die NYU-Patientin hatte Herzkomplikationen, die die Schweineniere schädigten. Das Organ musste entfernt werden, später starb auch sie.
„Bis man es versucht“
Doch die enttäuschenden Verläufe hielten Looney nicht ab, der es unter der Dialyse allmählich schlechter ging. Eine Herzerkrankung oder andere Komplikationen, so Locke, hätten sich bei ihr jedoch nicht eingestellt. Schließlich stimmte die FDA der Transplantation in der New Yorker Klinik zu, bei der Locke mit Montgomery zusammenarbeitete.
Selbst wenn ihr neues Organ versagen sollte, könnten Ärzte daraus lernen, sagte Looney. „Man weiß nicht, ob es funktionieren wird oder nicht, bis man es versucht.“ Die Firma Revivicor aus Blacksburg im US-Bundesstaat Virginia lieferte das Organ. Es stammte von einem Schwein mit zehn Genveränderungen. Augenblicke, nachdem Montgomery die Niere angenäht hatte, nahm sie eine gesunde rosa Farbe an und begann, Urin zu produzieren.
Ursprünglich entlassen wurde Looney am 6. Dezember. Ihr Blutdruck, ihre Herzfrequenz und andere Körperfunktionen wurden weiter überwacht. Täglich kam sie ins Krankenhaus, um sich untersuchen zu lassen, bis sie zur Einstellung der Medikamente erneut aufgenommen wurde.
Die Ärzte untersuchen ihre Blutwerte und andere Tests genau und vergleichen sie mit früheren Untersuchungen an Tieren und einigen Menschen – in der Hoffnung, frühzeitig zu erkennen, falls Probleme auftauchen. „Vieles von dem, was wir sehen, sehen wir zum ersten Mal“, sagte Montgomery.
Bei einem kürzlichen Treffen mit Locke, die inzwischen für die Regierung arbeitet, umarmte Looney ihre langjährige Ärztin. „Danke, dass Sie mich nicht aufgegeben haben“, sagte sie. „Niemals“, antwortete sie. (RND/AP)