Wenn Menschen ins All fliegen, sind sie dabei nicht allein. An Bord sind auch zahlreiche Bakterien. Das birgt ganz eigene – und manchmal auch unerwartete – Herausforderungen.
Unfreiwillige ReisendeBakterien im All
Seit mehr als 20 Jahren ist die Internationale Raumstation (ISS) kontinuierlich bewohnt – bis zu 13 Menschen haben dort schon gleichzeitig geforscht. Ursprünglich war der Betrieb der Raumstation für 15 Jahre angedacht, jetzt soll spätestens 2030 Schluss sein. Danach könnten einige der Module wiederverwendet werden, so zum Beispiel der Plan der russischen Raumfahrtagentur Roskosmos. Deren geplante Station Russian Orbital Service Station (ROSS) setzt in Teilen auf bestehende Elemente der ISS. Hört sich nachhaltig an, birgt aber eine Vielzahl an winzig kleinen Problemen, in Form von Mikroorganismen.
Oder doch nur von der Erde?
In der langen Lebensdauer der Raumstation haben es sich nicht nur mehr als 250 Menschen in der Schwerelosigkeit gemütlich gemacht, sondern auch viele Bakterien – auch solche, die man vorher nicht kannte. Zwar scheint die Ansammlung von Bakterien und Pilzen nicht zu einer Gesundheitsgefahr zu werden, allerdings könnte das Risiko steigen, dass Oberflächen strukturellen Schaden nehmen.
Andere Bakterien hingegen werden freiwillig auf die Reise geschickt: Im November 2022 wurde eine Bakterienkolonie (Pseudomonas putida) gezielt zur Raumstation transportiert. Die Bakterien wurden für eine bestimmte Aufgabe gentechnisch verändert.
Unverpackte Lebensmittel? Die gibt es nicht auf der Raumstation! Das Ziel also: eine Lösung für den Berg an Plastikmüll, der auf der Station entsteht, zu finden. Und da jede Ressource im All kostbar ist, erscheint Upcycling interessant: Nachdem ein bestimmtes Enzym die PET-Verpackung in Einzelteile zersetzt hat, bauen die Pseudomonas putida diese Bausteine zu etwas Neuem zusammen. In diesem Experiment zu einer Vorstufe von Nylon.
Leben auf dem Mond kam von der Erde
Fliegt die Menschheit zum Mars, werden bestimmte Bakterien als Alltagshelfer mitgeschickt werden. Deshalb ist die Forschung zum Verhalten von Bakterien unter Weltraumbedingungen wichtig. Und findet man eine neue Lebensform auf dem Mars, möchte man sichergehen, dass diese nicht von der Erde mitgebracht wurde.
So ist es im Apollo-Programm passiert: Dabei brachte eine Crew eine Sonde der ersten erfolgreichen Mondlandung mit zurück. Das Erstaunen war groß, als sich darauf lebende Mikroorganismen fanden! Allerdings stammten diese womöglich von einem verschnupften Techniker auf der Erde. Auch deshalb müssen Astronautinnen und Astronauten vor ihrem Flug in Quarantäne.
Krankheitserreger bleiben also besser auf der Erde, aber die bakterielle Raumfahrt lässt sich nicht aufhalten. (RND)
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