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„Cyberangriffe als Hebel“Krise ruft Extremisten von rechts und links auf den Plan

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Verfassungsschutz

Das Bundesamt für Verfassungsschutz. 

Köln – Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine, die damit einhergehende Energiekrise, eine steigende Inflation sowie die Corona-Pandemie mobilisieren zunehmend Extremisten aus dem rechten und linken Lager. „Dass Russland Instrumente wie Cyberangriffe und Desinformation als hybride Hebel einsetzt, um die Gesellschaft in Deutschland zu spalten“, komme erschwerend hinzu, sagte Thomas Haldenwang, Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) am Mittwoch.

Demnach versuche Moskau, durch Falschinformationen über Gasknappheit und Preissteigerungen in den sozialen Netzwerken die Furcht der deutschen Bevölkerung vor einer angeblichen Energie- oder Lebensmittelknappheit zu schüren. Darüber hinaus befeuere der Kreml über eigene Nachrichtenkanäle und das Internet weiterhin Ängste vor Corona-Maßnahmen.

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Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang

Die russischen Fake-News werden laut BfV im extremistischen Milieu noch zunehmen. Verschwörungsmythen, so heißt es, sollen einen Keil in die hiesige Gesellschaft treiben. Das BfV geht laut einer Pressemitteilung davon aus, „dass der russische Staat neben solchen Desinformationskampagnen auch seine politischen und militärischen Aufklärungsversuche weiter verstärken und anpassen wird.“

Russischer Geheimdienst hat Spionagetätigkeit verstärkt

Einer internen Analyse der Verfassungsschützer zufolge haben die russischen Geheimdienste laut einem Focus-Bericht bereits im Juni 2021 ihre Spionageaktivitäten in Deutschland deutlich verstärkt. Rund 200 als Diplomaten getarnte Agenten beschaffen über konspirativ angeworbene menschliche Quellen in Politik, Wirtschaft, Militär und Medien vertrauliche Informationen für den Kreml. Nach der russischen Invasion in die Ukraine hatte die Bundesregierung 40 russische Diplomaten aus Deutschland ausgewiesen, denen sie Spionage-Tätigkeit vorwirft.

Mit Sorge beobachtet BfV-Chef Haldenwang überdies, „dass sich eine Minderheit aus Rechtsextremisten, Delegitimierern, Reichsbürgern und Verschwörungsgläubigen in Stellung bringt, um Themen wie den Krieg in der Ukraine, steigende Preise, Inflation und die Corona-Pandemie zu besetzen und zur Mobilisierung zu missbrauchen.“ Bisher aber, so schränkt der Behördenleiter ein, gebe es noch keine Anzeichen für flächendeckende staatsfeindliche Proteste oder gar gewalttätige Massenkrawalle.

Unmut über Probleme wird instrumentalisiert

Gerade die rechtsextreme Szene versucht nach Verfassungsschutzerkenntnissen die negativen wirtschaftlichen Folgen des russischen Angriffskrieges den demokratischen Parteien anzukreiden. Der Unmut über die wachsenden Probleme im Alltag soll auf diese Weise das Vertrauen in Staat, Regierung und Demokratie untergraben.

So hat etwa die Splitterpartei „Freie Sachsen“ ihre Strategie geändert. Nachdem das Sammelbecken aus Querdenkern, Impfgegnern und Neo-Nazis die Corona-Proteste angeheizt hatte, machen die Anhänger inzwischen wegen der Ukraine-Krise auf der Straße mobil. Die Bundesregierung und die Medien werden als Kriegstreiber diffamiert. Einer der Hauptprotagonisten der sächsischen Rechtsaußen ist Michael Brück. Lange Zeit agitierte der 32 Jahre alte Neo-Nazi in Dortmund für die extremistische Kleinstpartei „Die Rechte“, bevor er nach Ostdeutschland abwanderte.

Die „Freien Sachsen“ gerieren sich angesichts der explodierenden Energiepreise als vermeintlicher Anwalt der einfachen Leute. Die soziale Frage rückt laut BfV in den Vordergrund. „Die Partei konstruiert dabei eine vermeintliche Entfremdung der demokratischen Parteien von der Bevölkerung und versucht, sich selbst als sozialpolitische Alternative zu inszenieren.“

AfD entdeckt Thema Inflation für sich

Auch die AfD hat das Thema Inflation für sich entdeckt, um Stimmung gegen die etablierten Parteien zu machen. Ferner registrieren die Verfassungsschützer neurechte Organisationen wie den Verein „Ein Prozent“. Zudem wettert die „Compact-Magazin GmbH“ gegen die antirussische Sanktionspolitik von deutscher Seite, die letztlich zur Geldentwertung und steigenden Gas- und Strompreisen führen würden.

Vor diesem Hintergrund hat das BfV ein Auswerteprojekt zu Akteuren aus dem Phänomenbereich: „Verfassungsschutzerelevante Delegitimierung des Staates“ ins Leben gerufen. Dazu gehören auch Aktivisten aus der linksextremen Szene.

In den antimilitaristischen Milieus gärt es seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs. Insbesondere Rüstungsunternehmen, aber auch die Bundeswehr und politische Parteien stehen dabei im Fokus militanter Linksextremisten.

Bereits Ende April warnte das Bundeskriminalamt vor Anschlägen aus der linken Ecke: So riefen Hetzer auf der Szeneplattform „Indymedia“ dazu auf, die „Profiteure der Rüstungsindustrie“ anzugreifen. Kriegszeiten seien „fette Zeiten“ für die „Waffenschmieden und ihre Kooperationspartner“, deshalb müsse man den Unternehmen „mit allen Mitteln schaden“.

Einige Wochen zuvor hatten Linke Büros des Rüstungskonzerns Rheinmetall mit Buttersäure attackiert. Fünf Angestellte wurden verletzt. Im Netz outeten sich Unbekannte unter dem Schlagwort „Militarismus stinkt“ als Verursacher des Angriffs mit der stinkenden Substanz und riefen zur „Sabotage von Militär und Rüstungsindustrie“ auf. Ferner befürchten die Sicherheitsbehörden Angriffe auf Kohle- und Gaskraftwerke oder die LNG-Terminals durch radikale Klimaschützer.