Der Sommer in NRW hat begonnen. Was die einen freut, sorgt die anderen. Eine interaktive Karte zeigt, wo der Boden besonders trocken ist.
Heiße Tage in NRWWieso der Sommer dieses Jahr globale Temperaturrekorde brechen könnte
„Es wird Zeit, dass es jetzt regnet, sonst wird es bitter“, sagt Landwirt Bernd Lorbach. Bisher sei alles in Ordnung gewesen, ein ganz normales Jahr. Doch mit dem Sommeranfang macht sich die Hitze, die Dürre auch bei ihm bemerkbar: Er sorgt sich um die Ernte und um seine Kühe, die auf einer trockenen Weide grasen. „Da können wir nichts machen, außer ordentlich beifüttern“, erklärt der Leiter von Hof Lorbach in Köln Weiß.
Auch sein Weizen, Mais und seine Zuckerrübenbräuchten endlich wieder Wasser. „Nur die Gerste ist safe“, so Lorbach. Das Getreide sei schon fast reif. Um alles andere mache er sich langsam Sorgen, aber von einem Extrem wie vor vier, fünf Jahren gehe er nicht aus. Dafür habe es im Frühjahr genug geregnet. Doch davon ist im Moment nicht mehr viel zu merken.
Klimawandel: „El Niño“ könnte 1,5-Grad-Grenze brechen
Der Sommer ist so richtig in Nordrhein-Westfalen angekommen: Die ersten heißen Wochenenden füllten die Becken der Freibäder und leerten die Eistruhen. So warm wie er begonnen hat, könnte der Sommer bleiben: Meteorologen gehen auch für die Monate Juli und August von überdurchschnittlich hohen Temperaturen aus. Weltweit könnten Temperaturrekorde gebrochen werden. Doch die guten Nachrichten für Freibadgäste lösen nicht überall Begeisterung aus.
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Dabei spielt auch ein Klimaphänomen eine Rolle, das sich derzeit im Pazifik vor Südamerika bildet: Bereits im Mai warnte die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) „Mega-El-Niño“, der vermutlich weltweit für Wetterextreme sorgen wird. El Niño, so nennt man ein Phänomen, das zeitweise zu einem Anstieg der globalen Temperatur führt. Dadurch könnte – zumindest vorübergehend – die 1,5-Grad-Grenze zur vorindustriellen Zeit gebrochen werden.
Klima im Wandel: Überschwemmungen und Erdrutsche nehmen zu
„El Niño beschreibt eine Wasserzirkulation, die sich umstellt“, sagt Guido Halbig, Leiter der Niederlassung des Deutschen Wetterdienstes (DWD) in Essen. Die schwächer wehenden Passatwinde von El Niño führen zu einer Erwärmung der Weltmeere und kurzzeitig zu einem Anstieg der globalen Temperatur. Das Gegenphänomen La Niña dagegen kann weltweit niedrige Temperaturen auslösen. Beides sind normale Klimaphänomene, die alle zwei bis sieben Jahre auftreten und bis zu ein Jahr andauern.
„Im Januar hatten wir noch La Niña, jetzt im Juni haben wir die Grenze zu El Niño überschritten“, sagt Halbig. Im Laufe des Jahres wird es zu einem globalen und deutlichen El-Niño-Ereignis kommen, „vor allem im Oktober und November“. Das bedeutet: Im tropischen Pazifik werden Wetterextreme wie Hitzewellen mit Dürren, Überschwemmungen und Erdrutsche häufiger auftreten. El Niño trifft auch den Süden der USA, Teile Asiens und Afrikas sowie Ozeanien. „El Niño bedeutet nicht unbedingt, dass wir auch in Mitteleuropa Rekordtemperaturen kriegen“, sagt Halbig. „Dafür wird es in anderen Gebieten umso wärmer.“
DWD sieht Hinweise auf einen warmen und trockenen Sommer
Auch unabhängig von dem Klimaphänomen deutet vieles auf einen warmen Sommer in Nordrhein-Westfalen hin. Für den restlichen Juni malt der DWD Westdeutschland auf seiner Klimakarte tiefrot: Die Meteorologen vermuten, dass die Temperaturen mehr als zwei Grad über dem Klimamittel liegen. „Im Moment scheint es wahrscheinlich, dass wir einen wärmeren Sommer bekommen als im Vergleich zum Zeitraum 1990 bis 2019“, so Halbig.
Ein warmer Sommer ist meist auch ein trockener. Halbig rät dazu, Wasser in den kommenden Monaten sparsam einzusetzen. „Ein Pool im Garten umfasst mehrere Tausend Liter – das Wasser kann man sinnvoller nutzen, indem man Bäume bewässert.“ Dieses Wasser sorge auch für einen Abkühlungseffekt, weil es von den Blättern wieder verdunstet und zurück in die Atmosphäre gegeben wird. „Ein Rasen erholt sich meist, wenn der Sommer wieder vorbei ist. Der Wallnussbaum oder die Kastanie geht dagegen vielleicht kaputt. Das ist ein hoher Verlust für die Vögel, die dort nisten und für die Verdunstungsleistungen der Blätter.“
Dürremonitor: So trocken ist der Boden in Deutschland
Ausgetrocknete Felder, Flussbetten oder Wälder: An vielen Orten Deutschlands machen sich die hohen Temperaturen und der geringe Niederschlag der vergangenen Tage und Wochen bereits deutlich bemerkbar. Wo es am schlimmsten ist, zeigt die Dürremonitor-Karte des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ).
Klimawandel: Wasser vor allem für Landwirte wichtig
Das UFZ liefert täglich flächendeckende Informationen zum Bodenfeuchtezustand in Deutschland, sowohl zum Dürrezustand des Gesamtbodens (bis 1,80 Meter Tiefe) als auch des Oberbodens (bis 25 Zentimeter Tiefe) sowie das für Pflanzen verfügbare Wasser im Boden. Dazu werden Daten von ungefähr 2500 Wetterstationen des Deutschen Wetterdienstes genutzt. Für Landwirte sind vor allem die Werte des pflanzenverfügbaren Wassers wichtig: Wenn die Feuchtigkeit im Boden in bis zu 25 Zentimeter Tiefe unter 50 Prozent sinkt, müssen sie ihre Felder bewässern, um die Ernte sichern zu können.
Ein Blick auf die Deutschlandkarte zeigt, dass das gerade im Großteil des Landes notwendig ist. Lediglich in höher gelegenen Regionen wie am Alpenrand, in einigen Gebieten des Bayerischen Walds und des Erzgebirges sowie im Sauerland leiden Pflanzen derzeit nicht unter Trockenstress. Auch an der Nordseeküste sowie im Bereich der Lüneburger Heide und im Emsland haben die Böden stellenweise noch ausreichend Wasser. Der Rest der Bundesrepublik ist tiefrot: Hier liegt der Wassergehalt im Boden teils deutlich unter 50 Prozent.
Auch der Florhof Gärtnerei in Bergisch-Gladbach macht die Hitze zu schaffen. Derzeit geht viel Arbeitskapazität in die Bewässerung der Pflanzen statt in ihre Pflege, berichtet Chefin Nicole Schweizer-Steinbach. Die Pflanzen müssten momentan jeden Tag gegossen werden, das koste vor allem Zeit. „Wir kommen da nicht drumherum. Es ist halt aufwändig und lästig“, sagt Schweizer-Steinbach.
„Schönes Sommerwetter? Da mache ich ein Fragezeichen hinter“
Die Gärtnerei gewinnt ihr Wasser durch einen eigenen Brunnen. Deshalb hätte das Unternehmen derzeit nur einen vermehrten Stromaufwand, sagt die Gärtnermeisterin. Den Pflanzen sei es ja egal, woher sie ihr Wasser bekommen; Hauptsache, sie bekommen es. „Noch sind wir nicht ganz so weit, aber die Gärten werden sich verändern“, vermutet sie. Nicht ohne Grund gäbe es in südlicheren, heißeren Ländern andere Pflanzen, die weniger Wasser benötigen und mehr Hitze aushalten.
„Auf den Regen können wir uns halt nicht mehr verlassen“, so Schweizer-Steinbach, „aber das ist schon seit bestimmt zehn Jahren so“. Dieses Jahr habe der regnerische Frühling ihnen bis zu den Sommermonaten geholfen. „Wir mussten die letzten Jahre häufig schon ab März pumpen, jetzt haben wir erst im Mai angefangen“. Der Grundwasserspiegel sinkt deutschlandweit jedoch stetig, auch in der Florhof Gärtnerei schöpfen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter immer weniger Wasser aus dem Brunnen.
„Schönes Sommerwetter? Da mache ich ein Fragezeichen hinter“, sagt auch Guido Halbig. Auch wenn das Wetter für die Menschen, die es eisschleckend im Freibad genießen, natürlich Grund zur Freude sei; die Natur sei durch den Klimawandel bereits „extrem gestresst.“ Denn während man die Kastanie in der Großstadtallee noch bewässern kann, sei das bei einem ganzen Wald deutlich schwieriger. „Im Osten sehen wir schon große Waldbrände. Das wird noch zunehmen“, sagt er. „Als Meteorologe und Gartenbesitzer sage ich: Das ist kein schönes Wetter.“