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WHO unter DruckFachleute fordern Anerkennung von Klimakrise als Gesundheitsnotstand

Lesezeit 3 Minuten
Eine Frau betrachtet den Sonnenaufgang.

Einen Gesundheitsnotstand auszurufen, ist die höchste Alarmstufe, die die WHO verhängen kann. (Symbolfoto)

Zur Ausrufung eines Gesundheitsnotstands sind laut der WHO klare Kriterien zu erfüllen. Der Klimawandel deckt diese Voraussetzungen nicht.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sollte die Klima- und Naturkrise nach Auffassung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus aller Welt zum Gesundheitsnotstand erklären. Mehr als 200 wissenschaftliche Fachjournale veröffentlichten gleichzeitig einen Aufruf, dies noch vor der nächsten Weltgesundheitsversammlung im Frühjahr 2024 zu tun. Dazu gehören renommierte Magazine wie „The Lancet“ und „The British Medical Journal“ („BMJ“).

Es sei ein gefährlicher Fehler, die Klima- und die Naturkrise separat zu betrachten, heißt es in dem Aufruf. „Die Klimakrise und der Verlust der biologischen Vielfalt schädigen beide die menschliche Gesundheit, und sie sind miteinander verknüpft“, teilte „BMJ“-Chefredakteur Kamran Abbasi mit. „Deshalb müssen wir sie gemeinsam betrachten und einen globalen Gesundheitsnotstand ausrufen. „Gesundheitsexperten (...) kommt eine zentrale Rolle zu, wenn es darum geht, diese wichtige Botschaft zu vermitteln und sich dafür einzusetzen, dass die Politiker den globalen Gesundheitsnotstand erkennen und dringend Maßnahmen ergreifen.“

Die WHO habe den Klimawandel und die Luftverschmutzung seit Jahren als globale Krise bezeichnet, die die Gesundheit beeinträchtigt, teilte ein WHO-Sprecher auf Anfrage mit. Zur Ausrufung eines Gesundheitsnotstands (PHEIC) seien klare Kriterien zu erfüllen, etwa dass ein Phänomen neu auftritt, ungewöhnlich ist und die Gefahr einer weltweiten Ausbreitung besteht. „Die Klimakrise finde leider schon seit Jahrzehnten statt und ist leider schon lange eine chronische globale Krise“, teilte der Sprecher mit. Deshalb seien die technischen Voraussetzungen nicht erfüllt. Die Klimakrise verlange nach anhaltenden, langfristigen Interventionen, auch in Bezug auf die Gesundheit, dafür sei eine PHEIC-Deklaration aber nicht gedacht.

Gesundheitsnotstand ist höchste Alarmstufe der WHO

Der Klimawandel trage unter anderem mit steigenden Temperaturen und Extremwetter zur Ausbreitung ansteckender Krankheiten bei, heißt es in dem Aufruf der Fachjournale. Umweltverschmutzung schade Trinkwasserquellen, wegen der Versauerung der Meere würden Fische für den Verzehr rarer. Der Rückgang der Artenvielfalt mache es schwerer, die Menschheit gesund zu ernähren. Mehr Siedlungs- und Agrarbau sowie das Vordringen in vorher naturbelassene Gebiete bringe die Menschen enger in Kontakt mit Zehntausenden Arten. Damit wachse die Gefahr, dass Krankheiten oder Parasiten auf den Menschen übergehen.

Einen Gesundheitsnotstand auszurufen ist die höchste Alarmstufe, die die WHO verhängen kann. Sie tat dies beispielsweise bei der Corona-Pandemie. Damit sind alle Mitgliedsländer aufgefordert, Informationen auszutauschen und alles zu tun, um das betreffende Problem in den Griff zu bekommen. Konkrete Auswirkungen hat das Ausrufen eines Notstands nicht. Die WHO kann keinem Land Vorschriften über Maßnahmen machen. Darüber entscheiden die Länder jeweils für sich.

Politiker müssten die Augen öffnen für die Bedrohung der Gesundheit durch die Klima- und die Naturkrise, heißt es in dem aktuellen Aufruf weiter. Sie müssten sich klarmachen, wie viel eine Beseitigung der Krisen zur öffentlichen Gesundheit beitragen könne. (dpa)