Kölner Arzt über ungeimpfte Patienten„Ich erlebe Trotz, Einsicht und Verzweiflung“
Köln – Michael Hallek, Direktor der Klinik für Innere Medizin an der Uniklinik Köln, begegnet den dramatischen Auswirkungen der vierten Corona-Welle jeden Tag auf seiner Intensivstation. Er erlebt schwerkranke, mit dem Virus infizierte Patienten, die Corona trotzdem noch leugnen und junge Familienväter, die sterben. Er sehe viele seiner ungeimpften Patienten als „Opfer von Desinformation“, erzählt er im ausführlichen Gespräch im Podcast „Talk mit K“. Manche seien nur schwer bis gar nicht von einer Behandlung zu überzeugen, andere zeigten aber auch Reue angesichts ihrer Erkrankung oder seien verzweifelt.
Hallek erlebt auch fassungslose Angehörige, die sich nicht mehr verabschieden konnten, weil der Tod zu schnell und überraschend kam. Besonders dramatisch und auch für das medizinische Personal „sehr berührend“ sei es, wenn Kinder im Spiel seien, die ein Elternteil verlören. Gerade bei jüngeren Ungeimpften gebe es selbst bei einer ernsthaften Erkrankung manchmal noch den Glauben, „dass man unverwundbar ist, dass einem nichts passieren kann“.
Hallek kann den Frust vieler Menschen nachvollziehen, die sich derzeit einschränken müssen, weil noch zu viele Menschen ungeimpft sind. „Den Frust verspüre ich selbst.“ Der renommierte Onkologe gibt im Podcast auch seine Einschätzung dazu ab, wie die Politik die Wucht der vierten Welle so dramatisch unterschätzen konnte. Aus Protest gegen die Corona-Politik hat er unlängst gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen aus Medizin und Wissenschaft einen Appell an die Bundesregierung gerichtet. „Ich fühle mich wie in einer Zeitschleife“, sagt er. Es mache ihn „fassungslos“, dass Deutschland als eines der reichsten Länder der Welt nicht in der Lage sei, eine Impfkampagne so erfolgreich durchzuführen wie etwa Spanien, Frankreich oder Portugal, um seine Bürgerinnen und Bürger zu schützen.
Hallek erklärt auch, wie er die deutschlandweite Debatte rund um den Karneval in Köln und das volle FC-Stadion erlebt hat. Die Bilder und Videos vom Zülpicher Platz seien schlecht für das Image der Stadt gewesen. Angesichts einer höchst polarisierten Diskussion wirke „jedes Bild mehr als Worte“.