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Attentäterin mit göttlichem AuftragDer Mord-Anschlag auf Oskar Lafontaine

Lesezeit 3 Minuten
Attentäterin Adelheid Streidel bei ihrer Festnahme nach dem Attentat auf Oskar Lafontaine (r.), der nach dem Anschlag im April 1990 mit einer Stichwunde im Hals zu Boden gestürzt ist. Zwei Ordner versuchen zu helfen

Attentäterin Adelheid Streidel (l.) bei ihrer Festnahme nach dem Attentat auf Oskar Lafontaine (r.)

Im April 1990 wird Oskar Lafontaine in der Mülheimer Stadthalle Opfer eines Mordanschlags. „True Crime Köln“ über die Tat einer verwirrten Frau.

Wenn der 81-jährige Siegfried van Almsick über die Geschehnisse am 25. April 1990 in der Mülheimer Stadthalle berichtet, merkt man schnell, wie sehr sie ihn auch über 30 Jahre später noch beschäftigen. Er hätte die Tasche dieser seltsamen Frau im weißen Kleid durchsuchen müssen, die mehrfach versuchte, auf die Bühne zu Oskar Lafontaine und Johannes Raus zu kommen. Niemand hat dem ehemaligen Polizisten nach der Tat einen Vorwurf gemacht. Die Durchsuchung der Tasche war nicht sein Job, das hätte ein Ordner bei der Einlasskontrolle tun müssen.

Der damalige Innenminister Herbert Schnoor und der Kölner Polizeipräsident Jürgen Hosse sagen ausdrücklich, dass der Kölner Kripo-Beamte nichts falsch gemacht hat. Und trotzdem sagt Siegfried van Almsick in der neuen Folge von „True Crime Köln“: „Alle reden sich oft mit Zuständigkeiten heraus. Ich habe mir aber immer große Vorwürfe gemacht. Ich hätte die Tasche durchsuchen müssen.“ Das Geschehen beschäftigt ihn bis heute.

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Van Almsick arbeitete beim Staatsschutz der Kölner Kriminalpolizei und war an dem Abend in Mülheim für die Sicherheit der SPD-Führung bei einer Veranstaltung im Landtagswahlkampf 1990 mitverantwortlich. Er stand auf der Treppe, die zur Bühne hinaufführte. Die Halle war überfüllt; die meisten Menschen waren gekommen, um den mitreißenden Redner Lafontaine zu hören.

NRW-Innenminister Herbert Schnoor gibt Auskunft nach dem Attentat auf Lafontaine. Siegfried van Almsick (r.) hatte den Minister zuvor über den Tathergang informiert.

NRW-Innenminister Herbert Schnoor gibt Auskunft nach dem Attentat auf Lafontaine. Siegfried van Almsick (r.) hatte den Minister zuvor über den Tathergang informiert.

Der damalige SPD-Chef und saarländische Ministerpräsident wollte die erste gesamtdeutsche Bundestagswahl im Herbst gewinnen. Wenn man die vielen Wendungen und Rücktritte Lafontaines in der Folgezeit bedenkt, kommt einem das wie eine Ewigkeit vor.

Johannes Rau war das Ziel – Lafontaine eine spontane Entscheidung

Eine, die sich wenig für die Reden der Politiker interessierte, war Adelheid Streidel. Sie war nach Mülheim gekommen, um einen Spitzenpolitiker zu töten. Eigentlich war der damalige NRW-Ministerpräsident Johannes Rau das Ziel, doch dann entschied sie sich spontan für Lafontaine.

Zweimal hatte Siegfried van Almsick Streidel daran gehindert, die Bühne zu betreten. Beim dritten Mal war es Rau selbst, der sie hinauf ließ, erinnert sich der Polizist. Van Almsick sollte sie vorbeilassen, damit sie ihre Blumensträuße überreichen könnte. Kurz darauf lag Lafontaine in seinem Blut. Streidel hatte ihn mit einem Messer schwer verletzt. Einen zweiten Stich verhinderte van Almsick mit seinen Kollegen. Die Frau wurde überwältigt.

Siegfried van Almsick (l.) drückt der überwältigten Attentäterin Adelheid Streidel kurz nach dem Mord-Anschlag auf Oskar Lafontaine seine Hand ins Gesicht.

Siegfried van Almsick (l.) drückt der überwältigten Attentäterin Adelheid Streidel kurz nach dem Mord-Anschlag auf Oskar Lafontaine seine Hand ins Gesicht.

Van Almsick glaubt, dass der Anschlag hätte verhindert werden können. Das gilt sowohl für die Sicherheitsvorkehrungen in der Mülheimer Stadthalle wie auch für die Vorgeschichte der Täterin. Es gab viele Warnsignale, die offenbar ignoriert worden waren.

Göttlicher Auftrag zur Warnung vor „Menschentötungsfabriken“

Die erste Folge von „True Crime Köln“ nach einer kurzen Sommerpause berichtet von diesem folgenreichen Tag in Mülheim und über die seltsame Motivation der Täterin. Sie sprach von einem göttlichen Auftrag, die Öffentlichkeit über unterirdische „Menschentötungsfabriken“ aufzuklären.

Johannes Rau schickte seine Aussage auf Kassette per Post

Van Almsick und der Mordermittler Peter Schnieders erinnern sich auch an den nicht immer ganz einfachen Umgang mit ranghohen Politikern. So habe sich Johannes Rau erst geweigert auszusagen, dann seine Aussage auf eine Kassette gesprochen und mit der Post geschickt, dabei aber vergessen, die Rückseite mit einem privaten Gespräch zu löschen.

Logo True Crime Köln

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Lafontaine selbst sagte, dass das Attentat seine Einstellung zum Leben und zur Politik verändert habe. An tiefer gehenden Reflexionen hat er die Öffentlichkeit nie teilhaben lassen. Auch davon berichtet „True Crime Köln“ in der Folge „Attentäterin mit göttlichem Auftrag: Der Mordanschlag auf Oskar Lafontaine“. Die aktuelle Podcast-Folge von „True Crime Köln“ kann man überall hören, wo es Podcasts gibt, und über die Homepage des Kölner Stadt-Anzeiger.