Rechtsradikale Kölner legen Bomben in Norditalien. Ein Mann stirbt. „True Crime Köln“ rekonstruiert einen Anschlag, der nie gesühnt wurde.
Bomben in SüdtirolAls die Kölner Attentäter ungestraft davonkamen
Bei der Explosion einer Bombe in der Gepäckaufbewahrung des Bahnhofs von Verona starb ein Mann. 18 Menschen wurden verletzt, einige davon lebensgefährlich. Noch schlimmer hätte es ausgehen können, wenn ein weiterer Sprengsatz vor einer Schule in Bozen nicht rechtzeitig entdeckt worden wäre. Eine dritte Bombe explodierte in Trient. Dort wurde niemand verletzt. Die Attentäter kamen aus Köln. Die Zwillingsbrüder wollten Anfang der 1960er Jahre den sogenannten „Südtiroler Freiheitskampf“ unterstützen. Die Taten wurden nie gesühnt.
In der neuen Folge von „True Crime Köln“ ist die Kölner Autorin Traudl Bünger zu Gast, die im Gespräch mit Helmut Frangenberg von den Taten ihres Vaters und Onkels erzählt. Die Anschläge der Kölner Attentäter beeinflussten die internationale Politik und insbesondere das Verhältnis zwischen den beiden deutschen Staaten. Während die DDR jeden Hinweis auf Verbindungen zwischen Rechtsradikalen und westdeutschen Behörden zu Propagandazwecken ausschlachtete, wurden in der Bundesrepublik die Anschläge in Italien heruntergespielt.
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Doch es ist nicht nur diese internationale Dimension, die die Geschichte von Traudl Büngers Vater so interessant macht: Sie kann davon berichten, welche Folgen die Taten für ihre Familie hatten. Ein Buch, das sie darübergeschrieben hat, trägt den bezeichnenden Titel „Eisernes Schweigen“. Schon als Kinder hätten sie und ihre Schwester gespürt, dass da ein dunkles Geheimnis auf der Familie lastete. Der Vater wollte nicht darüber sprechen und nichts erklären. Würde er die Taten zugeben, müsse er ins Gefängnis. Würde er sie leugnen, wäre das ein Verrat an den Menschen in Südtirol, für die er sich engagieren wollte. Das sei die Antwort gewesen, als sie ihren Vater ein einziges Mal gefragt habe. Als Kind habe sie sich damit zufriedengegeben.
„True Crime Köln“ berichtet von einer spannenden Spurensuche in Norditalien und in Ost-Berlin, wo tatsächlich später einem Komplizen der Prozess gemacht wurde. Der Mann verriet unter Druck die Namen der beiden Kölner, was allerdings nicht dazu führte, dass die Bombenanschläge und der Mord an dem italienischen Eisenbahner in Westdeutschland in ähnlicher Weise geahndet wurden. Außer ein paar Wochen in Untersuchungshaft konnte Büngers Vater weiter die Freiheit genießen. Sein Bruder blieb völlig unbehelligt, nachdem er der Polizei mit einem Husarenstück entkommen war und sich dann in Österreich in Sicherheit brachte. In Italien waren die beiden in Abwesenheit verurteilt worden, aber weder Österreich noch die Bundesrepublik waren bereit, die beiden dahin auszuweisen.
Sympathie für die Attentäter
Auch beruflich und privat hat das Bekanntwerden der Anschläge den Attentätern kaum geschadet. Der ehemalige Vorstandsassistent von Bayer Leverkusen, Heinrich Bünger, arbeitete später bei Dynamit Nobel. Sein Bruder, der zeitweise eine rechtsradikale Studentengruppe geleitet hatte, war beim WDR beschäftigt. Kritische Stimmen in der CDU, in der er Mitglied war, blieben Minderheitenmeinungen. Der Bombenleger durfte in der Partei bleiben. Aus heutiger Sicht ist die offenkundige Sympathie in Deutschland und Österreich für die Gewaltaktionen für eine Loslösung Südtirols von Italien schwer verständlich. In den 1950er und 60er Jahren bekämpfte eine terroristische Bewegung mit Sprengstoffanschlägen und Attentaten auf Sicherheitskräfte die italienische Staatsregierung, die ihrerseits mit äußerster Härte reagierte und Vorgaben zum Schutz der deutschsprachigen Minderheit in Italien ignorierte.
Die neue Folge von „True Crime Köln“ kann man überall hören, wo es Podcasts gibt, und über die Homepage des „Kölner Stadt-Anzeiger“.