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Analyse zu Joe BidenDer Präsident begrüßt Putin

Lesezeit 3 Minuten
TOPSHOT - US President Joe Biden speaks alongside Ukraine's President Volodymyr Zelensky (R) during the Ukraine Compact initiative on the sidelines of the NATO Summit at the Walter E. Washington Convention Center in Washington, DC, on July 11, 2024. (Photo by Ludovic MARIN / AFP)

TOPSHOT - US President Joe Biden speaks alongside Ukraine's President Volodymyr Zelensky (R) during the Ukraine Compact initiative on the sidelines of the NATO Summit at the Walter E. Washington Convention Center in Washington, DC, on July 11, 2024. (Photo by Ludovic MARIN / AFP)

Mit einer großen Pressekonferenz wollte Joe Biden die Zweifel an seiner geistigen Fitness ausräumen. Fachlich wirkte er überzeugend. Aber zwei schwere Patzer überschatteten das Ereignis.

Es sollte der große Aufschlag werden, bei dem der erfahrene Führer einer Weltmacht die wachsenden Zweifel an seiner Befähigung für vier weitere Jahre im Amt zerstreut. Eine „Big Boy“-Pressekonferenz, wie Joe Bidens Berater demonstrativ selbstbewusst zuvor verbreiteten.

Doch dann stolperte der 81-Jährige, noch ehe das mit Spannung erwartete Ereignis überhaupt losging. „Jetzt erteile ich das Wort dem Präsidenten der Ukraine, Präsident Putin!“, stellte Biden beim Abschluss des Nato-Gipfels in Washington seinen ukrainischen Amtskollegen Wolodymyr Selenskyj vor.

Jetzt erteile ich das Wort dem Präsidenten der Ukraine, Präsident Putin!
US-Präsident Joe Biden

Ein Lapsus. Und was für einer. Und ein denkbar schlechter Start für den Versuch, die Skeptiker in seiner Partei auf Linie zu bringen. Es wurde zunächst nicht besser. Im Gegenteil. Kaum hatte Biden sich nach acht Minuten vom Teleprompter gelöst und mit der Beantwortung von Fragen begonnen, unterlief ihm der nächste Versprecher. Ob seine Stellvertreterin Kamala Harris für das Präsidentenamt befähigt wäre, wollte ein Reporter wissen. „Ich hätte Vizepräsident Trump nicht gewählt, wenn ich davon nicht überzeugt wäre“, erwiderte Biden.

Zehn quälende Minuten lang ging es dann um die mentale Fitness des Kandidaten, die seit dessen desaströsem Auftritt beim TV-Duell das beherrschende Thema in den USA ist. Bidens Stimme war belegt, immer wieder musste er sich räuspern. Der Präsident schien komplett in der Defgensive. Selbst über seine Bettgehzeiten musste er Auskunft geben.

Plötzlich war Biden in seinem Element

Dann aber meldete sich David Sanger, der renommierte Sicherheitsexperte der „New York Times“, zu Wort, den Biden lange kennt. „Sei nett, David“, scherzte er. Sanger stellte eine Frage zur Rolle Chinas. Und plötzlich war Biden in seinem Element. Ohne irgendwelche Notizen referierte er eine Viertelstunde über die Lage der Welt, über protektionistische Invesitionshemmnisse in China. Über neue Bündnisse des Riesenreiches mit Nordkorea, dem Iran und Russland. Und über die Lage im Nahen Osten. Selbst deutliche Kritik am israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu brachte er in dem kenntnisreichen Ritt durch die Weltpolitik unter.

Wenig später fragte ihn eine Reporterin, warum er nicht sein Versprechen einlöse, eine „Brücke“ zu sein und abtrete. „Weil ich den Job noch zu Ende bringen muss“, lautete seine Antwort. Es klang überzeugend.

Das Problem ist bloß: Dafür müsste Joe Biden im November erst einmal wiedergewählt werden. Und das erscheint angesichts der weitverbreiteten Skepsis über sein Alter derzeit extrem unwahrscheinlich. So dürfte die Pressekonferenz am Ende die Zerrissenheit der Demokraten noch vergrößert haben. Biden war fachlich besser, als sein Aussetzer bei der Debatte vermuten ließ. Aber die Präsentation mit zwei krassen Versprechern dürfte die Zweifel daran, dass er den wichtigsten Job der Welt noch vier Jahre lang ausüben kann, kaum ausgeräumt haben.