Bis zur letzten Minute lässt Kremlchef Putin offen, ob er einer Verlängerung des Exportdeals für Getreide mit der Ukraine zustimmt.
Bangen um Getreide-ExportdealPutin spielt Poker mit der ganzen Welt
An diesem Montag läuft das Abkommen aus, das es der Ukraine ermöglicht, auf dem Seeweg über das Schwarze Meer Getreide zu exportieren. Unter Vermittlung der Türkei war der Deal Russland im vergangenen Jahr mühsam worden.
Dadurch war es ukrainischen Schiffen möglich, seit August 2022 durch einen geschützten Korridor mitten im Krieg, 33 Millionen Tonnen Getreide in alle Welt zu exportieren. Nun droht Moskau seit Wochen, das Abkommen nicht weiter zu verlängern.
Das hätte dramatische Folgen für die ukrainische Landwirtschaft, die ohnehin durch den Krieg schwer gebeutelt ist. Zu den Überschwemmungsschäden durch den mutmaßlich von russischen Truppen gesprengten Kachowka-Staudamm kommen noch die Belastungen durch Munition hinzu.
Nach Schätzungen sind mindestens 2,5 Millionen Hektar Ackerland vermint beziehungsweise mit Granaten oder Blindgängern belegt. Außerdem haben die russischen Besatzer laut ukrainischen Quellen rund vier Millionen Tonnen Getreide mit einem Marktwert von etwa einer Milliarde Dollar gestohlen.
Schlechtere Versorgung der ärmsten Länder
In der Summe verschlechtert sich die Gesamtsituation der Landwirtschaft in der Ukraine, die Staatseinnahmen sinken. Sollte nun noch der Seeweg für den Getreidexport wegfallen, hätte das dramatische Folgen, weil er keinesfalls mittels Lkw und Bahn kompensiert werden kann.
Das Ganze schlägt dann rasch auch auf die Preise am Weltmarkt durch. Denn wenn es zu einer Verknappung des Angebots kommt, steigen– wie bei Gas und Öl – zwangsläufig weltweit die Preise. Das wiederum führt zu einer schlechteren Versorgung der ärmsten Länder.
Nach Angaben der UNO würde ein Ende des Getreideabkommens „Ostafrika absolut hart treffen“. In sieben Ländern am Horn von Afrika wissen laut UN-Mitteilung 60 Millionen Menschen oft nicht, wo sie die nächste Mahlzeit herbekommen.
Eiskalte Kalkulation Russlands
Das alles kalkuliert Russland eiskalt ein, wenn es eine dauerhafte Verlängerung des Deals immer wieder hinauszögert. Dabei ist durchaus Taktik im Spiel. Neben der Ukraine ist Russland einer der größten Getreideexporteure weltweit und verdient damit Milliarden.
Wenn der Weltmarktpreis steigt, lassen sich die eigenen Erzeugnisse gewinnbringender absetzen. Zudem hatte Russland dem Deal 2022 nicht aus Nächstenliebe zugestimmt, sondern verlangte Lockerungen von Sanktionen unter anderem für seine Düngemittelexporte.
Zum Wochenende hieß es zunächst, Kremlchef Putin hätte auf neuerliche Vermittlung des türkischen Präsident Erdogan einer erneuten Verlängerung des Abkommens zugestimmt. Später hieß es dann wieder aus Moskau, die Zukunft des Deals sei weiterhin ungewiss.
Auf diese Weise hält Moskau nicht nur die Ukraine permanent am Gängelband, sondern Putin demonstriert mit seinem Pokerspiel auf perfide auch Weise seine Macht gegenüber der Weltgemeinschaft. Bleibt zu Hoffen, dass in letzter Minute noch eine Einigung gelingt.