Bei Habecks Besuch durch Ostdeutschland versperrten Landwirte einen Zugangsweg zu einem Nougat-Werk, das der Politiker besucht hat.
Minister fordert Lösungsorientierung„Gefährliche Entwicklung“ – Erneut Bauernproteste gegen Vizekanzler Habeck
Bei einem Besuch von Wirtschaftsminister Robert Habeck im Südwesten Thüringens ist es zu Bauernprotesten gekommen. Demonstranten versperrten am Donnerstag mit Treckern einen Zugangsweg zu einem Werk des Nougatherstellers Viba in der Ortschaft Floh-Seligenthal. Auf Plakaten war zu lesen: „Zu viel ist viel“ oder „Ampel ruiniert Landwirtschaft“. Der Grünen-Politiker war bereits im Werk.
Schätzungsweise 50 Demonstranten behinderten Reporter, die Habeck auf einer Ländertour begleiteten, am Zugang zu dem Werk. Vereinzelt riefen sie „Lügenpresse“. Der Deutsche Journalisten-Verband Thüringen schrieb dazu auf dem Netzwerk X (früher Twitter): „Wer Berichterstattung über Agrarpolitik will, der darf Presse nicht einschüchtern. Nur mit Pressefreiheit gelingt ein Umdenken.“
Robert Habeck über Proteste: „Das ist jetzt, glaube ich, der normale Zustand“
Der Grünen-Politiker sagte nach dem Werksbesuch: „Das ist jetzt, glaube ich, der normale Zustand, dass Bundesminister mit Protest empfangen werden. Ich kenne das seit einem Jahr, würde ich sagen.“ Neu sei vielleicht, dass Veranstaltungen nicht durchgeführt werden könnten. Habeck verwies darauf, dass die Grünen am Mittwoch ihre Veranstaltung zum politischen Aschermittwoch im baden-württembergischen Biberach aus Sicherheitsgründen abgesagt hatten. Vorausgegangen waren Proteste und Blockaden unter anderem von Landwirten.
Das sei keine gute Entwicklung, sagte Habeck. Protest für das eigene Anliegen gehöre zur Demokratie. „Es ist das gute Recht von jedem.“ Und es sei die Pflicht jeder Politikerin und jedes Politikers, das auszuhalten. „Der Druck, die Unzufriedenheit ist da. Aber Protest muss ja irgendwohin führen und meiner Ansicht nach als allererstes, bevor man vielleicht seinen Willen kriegt, zu einem Gespräch.“
Robert Habeck warnt vor gefährlicher Entwicklung
„Wenn aber Lesungen, Diskussionsforen oder politische Veranstaltungen nicht mehr durchgeführt werden können und das der Sinn des Protestes ist, dann verhindert er ja das Gespräch“, sagte der Minister. Das sei eine „gefährliche Entwicklung“, die nicht dazu führe, dass Deutschland lösungsorientierter werde. Bundesweit gibt es seit Wochen Proteste, weil die Bundesregierung Steuervergünstigungen beim Agrardiesel streichen will.
Für besondere Aufmerksamkeit hatte seit Beginn der Proteste die Blockade von einer Fähre gesorgt, die Habeck benutzt hatte. Der Vizekanzler konnte wegen wütender Proteste am Anleger Anfang Januar nicht an Land gehen. Mehr als 100 Landwirte hatten den Hafen in Schlüttsiel blockiert.
Laut Polizeiangaben waren damals etwa 30 Beamte im Einsatz, in einigen Situationen musste auch Pfefferspray eingesetzt werden. Habeck, der von seinem Urlaub aus Hallig Hooge zurückkehrte, hatte sich bereit erklärt, mit einigen Landwirten zu sprechen zu wollen. Das Angebot lehnte die wütende Menge damals allerdings ab, erklärte eine Sprecherin des Wirtschaftsministers. (das/dpa)