AboAbonnieren

BDS-KampagneDrei Kölner Kulturprominente unterschreiben antiisraelischen Appell

Lesezeit 3 Minuten
Jerusalem

Jerusalem (Symbolbild)

Köln – Ende des vergangenen Jahres wurden zwei Offene Briefe veröffentlicht, deren Unterzeichnende aus Kultur und Wissenschaft nun in den Ruch geraten, antisemitische Positionen zu unterstützen. Die „Initiative GG 5.3 Weltoffenheit“ und die Autoren des Appells „Wir können nur ändern, was wir konfrontieren“ wollen sich nicht dem Votum des Bundestags anschließen, die anti-israelische Boykott-Bewegung BDS als Stimme des Antisemitismus einzuordnen. Mehr noch – sie glauben, dass mit einer solchen Einschätzung Meinungen unterdrückt würden. Auch drei prominente Vertreter des Kölner Kulturlebens haben ihre Unterschrift unter mindestens einen dieser Offenen Briefe gesetzt, nämlich Schauspiel-Intendant Stefan Bachmann, Madhusree Dutta, die Künstlerische Leiterin der Akademie der Künste der Welt, sowie Isabell Lorey, Professorin für Queer Studies in Künsten und Wissenschaft an der Kunsthochschule für Medien, Köln.

BDS steht für Boykott, Investitionsstopp und Sanktionen (englisch: Boycott, Divestment, Sanctions) – alle drei Maßnahmen sollen Israel schwächen, um den Staat vor allem für seine Politik gegenüber den Palästinensern zu bestrafen, zu den international bekanntesten Verfechtern gehört der Musiker Roger Waters. Dabei gerät BDS in eine prekäre Nähe zu Nazi-Parolen wie „Kauft nicht beim Juden“, und nicht selten werden Künstler so lange eingeschüchtert, bis sie Auftritte in Tel Aviv, Jerusalem oder Haifa absagen. Zurecht wendet sich deshalb nun das „Bündnis gegen Antisemitismus Köln“ gegen die Unterstützer von BDS, indem es diesen ein „eklatantes Unverständnis des modernen und insbesondere des israelbezogenen Antisemitismus“ vorwirft. Partner im Kölner Bündnis sind die Deutsch-Israelische Gesellschaft und die Kölnische Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit.

Das könnte Sie auch interessieren:

In diesem Zusammenhang ist ein Phänomen zu beobachten, das man als „unverstandenen Antisemitismus“ bezeichnen könnte. Dabei ist es unerheblich, welchem politischen Lager diejenigen entstammen, die ihm aufsitzen; die drei Kölner würden sich vermutlich allesamt als „links“ und „progressiv“ einordnen. In Wahrheit verbreitet BDS Verschwörungsmythen, die über das gesamte politische Spektrum reichen – sie finden sich auch in den Offenen Briefen der Kulturschaffenden. Sie postulieren, man dürfe die Politik der israelischen Regierung rundweg nicht kritisieren, weil man dann umgehend der Zensur zum Opfer falle. Wessen Zensur?, fragt man sich – und ist die Kritik an der israelischen Regierung gleichbedeutend mit „Israelkritik“, die genauso sinnvoll oder angebracht wäre wie „Deutschlandkritik“? Es sei denn, man stellte Israel grundsätzlich in Frage.

110618waters31

Roger Waters gehört zu den international bekanntesten BDS-Verfechtern

Ein weiterer Mythos ist rund um den Historiker Achille Mbembe entstanden, von dem behauptet wird, ihm sei als Kritiker Israels der Mund verboten worden, als seine Einladung zur Ruhrtriennale Wellen schlug. Das stimmt nicht. Ihm ist lediglich widersprochen worden, was in demokratischen Gesellschaften zum guten Ton gehören sollte.

Ein gesellschaftlicher Code

Wissenschaftler wie die Direktorin an der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem, Noa Mkayton, oder die Autoren der neuen Leipziger Autoritarismus-Studie definieren Antisemitismus als einen gesellschaftlichen Code, durch den sich seine Nutzer über ideologische und auch Standesgrenzen hinweg erkennen. Diese Sichtweise geht auf die Historikerin Shulamit Volkov zurück, die betont, dass man den Untergang der NS-Ideologie keineswegs mit einem Nachlassen des Antisemitismus gleichsetzen dürfe – er habe lediglich seine Form verändert. Dies wird durch die Ergebnisse der Leipziger Studie gestützt: Zehn Prozent der Befragten äußerten Verständnis dafür, dass „manche Leute etwas gegen Juden haben“, und 41 Prozent meinen, dass „Reparationszahlungen nur einer Holocaust-Industrie“ nützten. Auch eine verstärkte Neigung zu Verschwörungserzählungen konstatiert die Studie. Bei BDS verbindet sich beides, Verschwörungsglaube und Antisemitismus, zu einem giftigen, ressentimentgeladenen Gemisch.