Seit dem Zerfall der Sowjetunion streiten sich die beiden Länder um Berg-Karabach. Zwei Kriege wurden bereits geführt. Nun eskaliert es erneut.
Armenien und AserbaidschanHintergründe zum Konflikt um die Region Berg-Karabach
Seit dem Zerfall der Sowjetunion streiten sich die beiden Kaukasusrepubliken Armenien und Aserbaidschan um Berg-Karabach. Die abtrünnige Region gehört völkerrechtlich zu Aserbaidschan, wird aber mehrheitlich von Armeniern bewohnt. Die beiden ehemaligen Sowjetrepubliken führten bereits zwei Kriege um die Enklave, nun eskalieren die Spannungen erneut.
Die Hintergründe des Konflikts
Die Wurzeln des Konflikts liegen historisch lange zurück: Bereits 1917 lieferten sich Armenien und Aserbaidschan nach dem Ende der Zarenzeit einen Bürgerkrieg um Berg-Karabach. 1921 schlug der Sowjetherrscher Josef Stalin die Region der sozialistischen Sowjetrepublik Aserbaidschan zu, ab 1923 genoss sie Autonomie.
Pro-armenische Rebellen brachten das mehrheitlich von Armeniern bewohnte Gebiet Ende der 80er Jahre mit Eriwans Unterstützung unter ihre Kontrolle. 1991 erklärte Berg-Karabach nach einem Referendum seine Unabhängigkeit. Diese wird international jedoch bis heute nicht anerkannt.
Erster Krieg zwischen Armenien und Aserbaidschan
Im Zuge eines jahrelangen Kriegs wurden hunderttausende Menschen aus beiden Ländern vertrieben und schätzungsweise 30.000 Menschen getötet.
1993 eroberte die armenische Armee von Baku kontrollierte Ortschaften und errichtete eine 8000 Quadratmeter große „Sicherheitszone“ zwischen Berg-Karabach und der armenischen Grenze, die etwa 20 Prozent des aserbaidschanischen Staatsgebiets ausmachte.
Waffenstillstand und Bemühungen um eine Lösung des Konflikts
1994 wurde ein Waffenstillstand unterzeichnet. 2008 vereinbarten Armenien und Aserbaidschan, eine politische Lösung des Konflikts anzustreben, aber auch in den folgenden Jahren kam es immer wieder zu Gefechten mit dutzenden Toten.
International wird Berg-Karabach weiterhin als Teil Aserbaidschans angesehen, Armenien erkennt dies nicht an. Das erdölreiche Aserbaidschan drohte wiederholt damit, Berg-Karabach zurückzuerobern, sollten internationale Bemühungen zur Lösung des Konflikts zu keinem Ergebnis führen. Jahrelange Vermittlungsversuche scheiterten immer wieder.
Zweiter Krieg zwischen den beiden Kaukasusrepubliken
Im Herbst 2020 kam es zu einem neuen Krieg. Er endete nach sechs Wochen und 6500 Toten mit einem von Russland vermittelten Waffenstillstandsabkommen, das Armenien zur Aufgabe großer Gebiete zwang. Russland entsandte 2000 Soldaten zur Überwachung des Waffenstillstands.
Trotz ihrer Präsenz gingen die Auseinandersetzungen weiter, beide Seiten machten sich gegenseitig dafür verantwortlich.
Blockade und wachsende Spannungen
Obwohl Aserbaidschan im Waffenstillstandsabkommen einen freien Personen- und Güterverkehr zwischen Armenien und Berg-Karabach über den Latschin-Korridor zugesichert hatte, begann Baku Ende 2022 mit einer Blockade der einzigen Verbindungsstraße.
Lebensmittel, Medikamente und Treibstoff wurden knapp; die armenische Regierung warf Baku vor, eine humanitäre Krise in der Enklave herbeizuführen.
Neue Militäroffensive Aserbaidschans
Allen getrennten Vermittlungsbemühungen Russlands, der EU und der USA zum Trotz konnten sich Eriwan und Baku auf keinen gemeinsamen Friedensvertrag einigen. Nach dem Tod von vier Polizisten und zwei aserbaidschanischen Zivilisten bei einer Minenexplosion in Berg-Karabach startete Aserbaidschan am 19. September einen Großangriff auf die Enklave.
Baku sprach von „örtlich begrenzten Anti-Terror-Einsätzen“ gegen armenische Separatisten. Es forderte die Auflösung der separatistischen Regierung in Berg-Karabach und deren Truppen. (afp)