Briefe gefundenRussische Soldaten weigern sich offenbar, Dienst zu erfüllen
Panzer und Ausrüstung hat das russische Militär auf ihrer Flucht aus der Kharkiv Region zurückgelassen. Als ukrainische Soldaten die Habseligkeiten der Russen genauer untersuchen, stellen sich auch kleine Funde als unerwartet informativ heraus. Sie belegen, wie schlecht es um die Moral unter den russischen Soldaten steht.
In die mittlerweile lange Liste der Pannen der russischen Armee reiht sich nun der Fund von zehn Briefen ein, in denen Soldaten ihre Vorgesetzen anflehen, sie aus ihren Funktionen zu entlassen. So berichtet die „Washington Post“ über die handgeschriebenen Dokumente.
Ihr zufolge seien sie unter weiteren Habseligkeiten gewesen, die russische Soldaten auf der Flucht vor der Rückeroberung der ukrainischen Armee in Isjum zurückließen, und somit vorerst authentifiziert. Eine unabhängige Prüfung habe es noch nicht gegeben.
Russische Soldaten flehen um Freistellung
Während der Fund von Folterkammern und Gräbern hunderter Zivilisten in Isjum zu Ermittlungen wegen Kriegsverbrechen Russlands führen, geben die Briefe einen weiteren Einblick in die Vorgehensweise des russischen Militärs. Auch der Spiegel hat Bilder der Briefe veröffentlicht. Aus ihnen geht hervor: Sogar die eigenen Soldaten lehnen sich mittlerweile auf.
„Ich weigere mich, meinen Dienst in der Spezialoperation auf dem Gebiet der Ukraine zu erfüllen, weil ich nicht genügend Urlaubstage habe und moralisch erschöpft bin“, heißt es in einem der Briefe, wie die Washington Post berichtet. Der Verfasser identifiziere sich als Kommandeur eines Flugabwehrzuges aus Moskau. Als Spezialoperation bezeichnet Russland seien Angriffskrieg gegen die Ukraine.
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Ein anderer Soldat klage über verschlechterte Gesundheit und fehlende medizinische Versorgung. Auch bekämen sie keinen Urlaub für Hochzeiten oder zur Geburt ihrer Kinder. „Physische und moralische Erschöpfung“ ist die Formulierung, die in den Zitaten der Briefe immer wieder auftaucht und ein Hinweis für eine abgesprochene Aktion sein könnte. Die Washington Post ordnet die Schriftstücke als weiteren Baustein in der Erklärung ein, wieso russischen Truppen die Kharkiv Region teils ohne ernsthafte Verteidigung gegen die ukrainische Rückereroberung verlassen hatten.
Russische Kinder sollten Soldaten in Briefen aufmuntern
Ein weiteres Set an zurückgelassenen Briefen aus der Nähe von Moskau zeigt den Versuch Russlands, der scheinbar bei den Führungskräften bekannten schlechten Moral entgegenzuwirken. Darin schreiben Schulkinder aufmunternd gemeinte Worte an die Soldaten in der Ukraine. „Hallo, ich weiß nicht, wer diesen Brief erhalten wird, aber ich weiß, dass du gerade eine sehr schwere Zeit durchmachst“, zitiert die Post etwa ein Mädchen namens Natya.
Angesicht der jüngsten Verluste mutmaßt der Spiegel, dass sich die Stimmung unter den russischen Truppen noch weiter verschlechtert haben müsste. Das dürften auch die Mutmacher instrumentalisierter Kinder nicht ändern können.