Bruder des gesuchten Anis Amri„Als er Tunesien verließ, war er ein normaler Mensch“

Abdelkader Amri, der Bruder des gesuchten mutmaßlichen Terroristen Anis Amri, der für das Attentat in Berlin verantwortlich sein soll.
Copyright: AFP
Wie fühlt man sich, wenn der eigene Bruder Hauptverdächtiger eines Terroranschlags mit zwölf Toten und mehreren Verletzten ist?
Nun hat sich auch die Familie des gesuchten mutmaßlichen Terroristen Anis Amri, der für das blutige Attentat in Berlin vom Montagabend verantwortlich sein könnte, zu Wort gemeldet.

Walid (links) und Abdelkader, die Brüder des gesuchten Anis Amri.
Copyright: AFP
Die zwei Brüder des Tatverdächtigen Amri haben sich schockiert über den Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz gezeigt und zweifeln seine Beteiligung an dem Attentat an. „Wenn er das getan hat, dann hat er Schande über uns gebracht“, sagte Abdelkader Amri am Donnerstag im tunesischen Oueslatia. Anis sei eines von neun Kindern gewesen.
„Aber ich bin mir sicher, dass er es nicht war.“ Er sei nach Europa gegangen, „um zu arbeiten und unserer Familie zu helfen“. Auch der zweite Bruder, Walid Amri, sagte, Anis habe keine Verbindung zum Terrorismus. „Wir standen per Facebook und Telefon mit ihm in Kontakt.“ Sie hätten vor zehn Tagen gesprochen. „Er hat mir gesagt, dass er im Januar nach Tunesien kommt und dass er sich für ein Projekt ein Auto gekauft hat“, erklärte Walid unter Tränen.
Das Facebookprofil des Gesuchten ist seit Mittwochnachmittag nicht mehr erreichbar. Dafür sind mittlerweile Fake-Profile von Anis Amri in dem sozialen Netzwerk aufgetaucht.

Der gesuchte Anis Amri.
Copyright: dpa
Der Nachrichtenagentur AP soll sein Bruder Abdelkader gesagt haben: "Ich bitte ihn, sich der Polizei zu stellen". Über Facebook habe die Familie erfahren, dass Anis gesucht werde.
Dem Sender Sky News Arabia sagte Walid, Anis habe Tunesien nach der Revolution verlassen und sei als Teil einer Gruppe nach Italien gereist. Diese sei dort in eine Schlägerei geraten, nach der sie ihre Bleibe angezündet hätten. Anis habe deswegen dreieinhalb Jahre im Gefängnis verbracht. Anschließend sei er über die Schweiz nach Deutschland eingereist. „Als er Tunesien verließ, war er ein normaler Mensch“, sagte Walid. „Er hat Alkohol getrunken und nicht einmal gebetet.“ Möglicherweise habe er sich im Gefängnis verändert, wo er „Algerier, Ägypter und Syrer“ getroffen habe.

Copyright: AFP
Auch Abdelkader Amri sagte Sky News Arabia, dass sich sein Bruder in der Haft verändert haben könnte. „Er ist mit einer Einstellung ins Gefängnis gegangen und mit einer anderen herausgekommen.“ Wenn Anis ihm zuschaue, würde er ihm sagen wollen: „Möge Gott dir dafür vergeben, dass du uns in diese Lage gebracht hast. Dein Vater und deine Mutter weinen.“
Dass ihr Bruder Anis der Täter der Lkw-Todesfahrt mit zwölf Toten ist, wird unterdessen immer wahrscheinlicher. Wie Medien am Donnerstag berichteten, wurden an der Fahrertür des Lastwagens, der am Montagabend in die Menschenmenge gerast war, Fingerabdrücke des 24-jährigen Tunesiers sichergestellt. Die Bundesanwaltschaft wollte dies auf Nachfrage nicht kommentieren. „Dies ist sicher nicht der richtige Zeitpunkt“, sagte ein Sprecher. (red/reuters)
Für Hinweise, die zur Ergreifung des Mannes führen, ist eine Belohnung von bis zu 100.000 Euro ausgelobt worden. Hinweise an das BKA unter 0800-0130-110 (kostenfrei) oder an jede Polizeidienststelle.
Das könnte Sie auch interessieren: