Die Inszenierung des Besuchs von Markus Söder bei den Münchner Tafeln kommt nicht gut an. Zuvor hatte die Union das Bürgergeld blockiert.
Nach Bürgergeld-Blockade„Heuchelei“ – CSU-Chef Söder nach Inszenierung bei Tafel-Besuch in der Kritik
Markus Söder muss sich nach einem Besuch der Münchner Tafeln scharfe Kritik gefallen lassen. Der CSU-Chef hatte am Mittwoch auf Twitter Bilder veröffentlicht, die ihn im Einsatz bei den ehrenamtlichen Helfern in der bayrischen Landeshauptstadt zeigen.
„Die Tafeln leisten Überragendes! Gerade bei stark steigenden Preisen geben die Tafeln bedürftigen Menschen Hoffnung“, schrieb Söder zu den Bildern und kündigte an, die Förderung der Tafeln auf „eine Rekordsumme von 1 Mio. Euro“ zu erhöhen. Die Münchner Tafel solle zudem 25.000 Euro erhalten.
Markus Söder in der Kritik: „Dann können Sie immer noch Ihre Almosen zelebrieren“
Für die Inszenierung als tatkräftiger Helfer und Unterstützer von „bedürftigen Menschen“, wie Söder es ausdrückte, bekam der CSU-Politiker am Mittwoch allerdings überwiegend scharfe Kritik zu hören.
Hintergrund ist, dass die Union zu Wochenbeginn das Bürgergeld blockiert hatte. Mit der von Arbeitsminister Hubertus Heil erdachten Änderung, wäre „Hartz IV“ abgelöst worden – Bedürftige hätten mehr Geld bekommen als zuvor. Nun liegt das Vorhaben zunächst auf Eis. Ein Vermittlungsausschuss soll nun eine Lösung finden.
„Die Tafeln leisten tatsächlich Überragendes“, kommentierte Ulrich Schneider, Geschäftsführer des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtverbandes, Söders Worte. „Aber warum? Weil sie muss. Weil der Staat die Armen im Regen stehen lässt. Machen Sie endlich den Regelsatz armutsfest. Dann können Sie immer noch Ihre Almosen zelebrieren“, hieß es weiter. Für seinen Kommentar erhielt Schneider deutlich mehr Zustimmung als Söder für seine vorherige Wortmeldung.
Markus Söder bei der Essensausgabe: „Ein Hohn gegenüber den Tafeln“
„Da sind sie ja, die barmherzigen Advents-Unionler, die den Ärmsten den Dreck unter den Nägeln dann aber doch nicht gönnen, wenn es drauf ankommt“, kommentierte unterdessen die Grünen-Politikerin Sara Nanni.
Der ehemalige Umweltminister von Schleswig-Holstein und jetzige Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung, Jan Philipp Albrecht (Grüne), fand ebenfalls klare Worte. „Das zu twittern, nachdem man eine dringend nötige Anpassung der sozialen Sicherungssysteme blockiert hat, ist ein Hohn gegenüber den Tafeln, die immer wieder deutlich machen, dass sie die Defizite dieser Absicherung ausgleichen und es sie eigentlich gar nicht brauchen dürfte“, schrieb Albrecht.
Scharfe Kritik an Markus Söder – auch außerhalb der Politik
Auch der ehemalige Linken-Politiker Fabio De Masi äußerte scharfe Kritik. Nach der Blockade des Bürgergelds durch „die Partei mit dem C im Namen“, sei die Inszenierung bei den Tafeln „Pharisäertum“.
Jan Korte, Bundestagsabgeordneter für die Linke, schlug in eine ähnliche Kerbe. „Warum sollte Markus Söder Leute aus der Armut befreien, wenn er sich dann nicht mehr fürs Verteilen von Almosen selbst feiern kann? Das ist so kaputt“, kritisierte Korte.
Auch außerhalb der politischen Arena kam Söders Inszenierung nicht gut an. In unzähligen Kommentaren wurde dem CSU-Chef „Zynismus“, „Heuchelei“ und „Doppelmoral“ vorgeworfen. Einige kritische Kommentare erreichten deutlich höhere Zustimmungswerte als Söders ursprünglicher Tweet.
Söder hatte seine Ablehnung des Bürgergelds zuvor damit begründet, die Maßnahme sei „sozial ungerecht und unfair“. Untere Einkommensgruppen, „die hart arbeiten müssen“, würden benachteiligt, befand Söder noch am Wochenende.
Markus Söder und Union blockieren Bürgergeld
Bereits für diese Aussagen erntete Söder scharfen Widerspruch. „Markus Söder darf im ‚Bericht aus Berlin‘ der ARD erneut unwidersprochen behaupten, dass mit dem Bürgergeld jemand, der nicht arbeitet, mehr hat als jemand, der arbeitet“, hatte etwa die SPD-Politikerin Aydan Özoğuz die Haltung des CSU-Chefs kommentiert. „Ist nicht so. Kann man belegen“, fügte sie an.
Die Tafeln in Bayern begrüßten das von Söder angekündigte Fördergeld am Mittwoch. „Überaus dankbar“ zeigte sich der Vorsitzende der bayerischen Tafeln, Peter Zilles, einem Bericht des BR zufolge. Die Fördermittel seien jedoch „nur ein Tropfen auf den heißen Stein“, merkte Armin Stichel von der Tafel in Gemünden an. Schließlich werde das Geld auf alle Tafeln in Bayern aufgeteilt. „Wir sind an der Belastungsgrenze.“
Als „Tafeln“ werden gemeinnützige Hilfsorganisationen bezeichnet, die Lebensmittel an Bedürftige verteilen oder sie für ein sehr geringes Entgelt abgeben.