Der Bundesrat wird am Montag voraussichtlich das Bürgergeld der Ampelkoalition ablehnen. Unionsvertreter zeigen sich wenig kompromissbereit. Die Grüne Jugend erhebt deshalb schwere Vorwürfe gegen die Union.
Vor einem Kompromiss?Heute im Bundesrat: Wie geht’s weiter mit dem Bürgergeld?
Der Bundesrat wird am Montag in seiner Sondersitzung das Bürgergeld-Gesetz der Ampelkoalition wahrscheinlich erst einmal scheitern lassen. „Das vom Bundestag beschlossene Bürgergeld wird mit hoher Wahrscheinlichkeit im Bundesrat keine Mehrheit finden“, kündigte Nordrhein-Westfalens Arbeits- und Sozialminister Karl-Josef Laumann (CDU) an. CDU-Chef Friedrich Merz und der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) haben vor der Sitzung ihre Kritik erneuert.
„Die Bundesregierung vollzieht mit diesem Gesetz einen vollständigen Systemwechsel in der Arbeitsmarktpolitik. Da sind Kompromisse schwierig“, sagte Merz der „Welt am Sonntag“. Auch Söder erneuerte seine Kritik: „Das Bürgergeld ist sozial ungerecht und unfair“, sagte er der „Bild am Sonntag“. Die Ampel müsse grundsätzlich nachbessern: bei den Sanktionen, beim Schonvermögen und beim Leistungsprinzip. „Nur unter diesen Bedingungen kann es eine Zustimmung geben“, sagte Söder, der auch CSU-Chef ist.
Der Bundestag hatte dem Bürgergeld am Donnerstag zugestimmt. Lehnt die Länderkammer das Gesetz ab, müsste ein Kompromiss im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat gefunden werden.
Bürgergeld: „Lösung, mit der alle irgendwie leben können“
Laumann zeigte sich gegenüber dem RND verhandlungsbereit: „Am Ende muss ein politischer Kompromiss her. Eine Lösung, mit der alle irgendwie leben können. Genau für solche Fälle gibt es ein Gremium, den Vermittlungsausschuss. Er ist dafür da, einen Konsens zu finden. Und der muss dann in einem solchen Fall auch einfach mal genutzt werden.“
Es sei „sehr bedauerlich, dass dieses sozialpolitische Schlüsselinstrument für parteipolitische Spielchen genutzt wird“, sagte Schleswig-Holsteins Sozialministerin Aminata Touré (Grüne) dem RND. Sie forderte: „Das Bürgergeld muss jetzt in einem politischen Schulterschluss auf den Weg gebracht werden: So schnell wie möglich und so umfassend wie möglich!“
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Erik von Malottki aus Mecklenburg-Vorpommern sagte dem RND: „Besonders wichtig ist die Beibehaltung des Schonvermögens. Es kann nicht sein, dass Menschen, die kurz vor dem Ende ihres Arbeitslebens arbeitslos werden, dadurch ihre gesamten Ersparnisse verlieren. Zusätzlich sind die Anreize für das Nachholen eines Schulabschlusses und einer Ausbildung sehr wichtig.“ Er forderte mit Blick auf die anstehenden Tarifverhandlungen deutliche Lohnsteigerungen: „Wir brauchen jetzt unbedingt Lohnerhöhungen bei Jobs mit geringen Einkommen. Nur so kann das Abstandsgebot erhalten werden und so lohnt sich Arbeit.“
„Niemand sollte sich von der CDU auf der Nase herumtanzen lassen“
Die Bundessprecherin der Grünen Jugend, Sarah-Lee Heinrich, fordert von ihrer Partei, nicht zu viele Kompromisse einzugehen: „Ich erwarte von allen Teilen der Grünen Partei, sich in Bund und Land dafür einzusetzen, dass es wirklich zu einer menschenwürdigen Grundsicherung kommt. Niemand sollte sich von der CDU auf der Nase herumtanzen lassen“, sagte Heinrich dem RND.
Die „einzige richtige Antwort“ sei, „dass die Union ihre absurde, unerklärliche Blockadehaltung aufgeben muss. Sie ist eine Partei der sozialen Kälte und spielt hier Arm gegen Ärmer aus“, sagte Heinrich. „Die Ampel sollte sich von dieser Arbeitgeberlobby-Partei nicht ihre Gesetze nicht diktieren lassen.“
Die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer (SPD), hofft auf eine schnelle Einigung im Vermittlungsausschuss. „Ich wünsche mir, dass dann in den Verhandlungen Parteitaktik zur Seite gelegt wird und es zu einer Lösung kommt, die für sehr viele Menschen ab Januar in einer schweren Zeit Entlastung bringen könnte“, sagte sie der „Rheinischen Post“. „Wir brauchen Klarheit bis zur Bundesratssitzung am 25. November, damit die Arbeitsagentur noch alles vorbereiten kann, um das Bürgergeld ab Januar auszuzahlen“, erklärte Dreyer.