Reaktionen zu freiwilliger Quarantäne„Nicht von einem Coronaleugner zu unterscheiden“
Köln – Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) muss in den sozialen Netzwerken für seine Entscheidung zur freiwilligen Quarantäne nach einer Corona-Infektion ab dem 1. Mai viel Kritik einstecken. Der Gesundheitsexperte der Sozialdemokraten hatte am Montag angekündigt, dass Bürgerinnen und Bürger sich ab diesem Zeitpunkt freiwillig für fünf Tage in Isolation begeben und dann freitesten könnten.
Die Regelung gelte allerdings nicht für Mitarbeitende in Krankenhäusern oder Pflegeeinrichtungen, dort gilt nach wie vor eine Quarantäne-Pflicht bei einer Corona-Infektion. „Die Isolation und Quarantäne werden von den Gesundheitsämtern kaum mehr kontrolliert. Die Arbeit ist fast nur bürokratische Dokumentation, hat kaum Einfluss auf Fallzahlen“, twitterte Lauterbach am Montagabend nach seinem Pressestatement.
Karl Lauterbach sieht Impfpflicht und Maskentragen als Weg aus der Krise
Es reiche daher Eigenverantwortung. „Was hilft sind Masken und Impfungen“, so Lauterbach weiter. Der SPD-Politiker warb weiterhin für eine Impfpflicht ab 50 Jahren mit einer verpflichtenden Beratung für alle Bürgerinnen und Bürger über 18.
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Der Gesundheitsminister erntete für seine Ankündigung viel Kritik, vor allem weil er noch vor wenigen Wochen als Mahner aufgetreten war und schärfere Corona-Maßnahmen verteidigt hatte. Zuletzt war Lauterbach allerdings bereits in die Kritik geraten, weil er trotz des Drängens einiger Länder die Verlängerung bundesweiter Maßnahmen abgelehnt hatte.
Karl Lauterbach erntet Kritik für freiwillige Quarantäne: Druck auf Arbeitnehmer und Risikogruppen
In den Kommentaren unter seinem Tweet wurde vor allem die Auswirkung freiwilliger Isolation auf den eigenen Beruf oder die eigenen Kinder bemängelt: „Und wie genau soll die freiwillige Isolation finanziert werden? Auf welcher Rechtsgrundlage lasse ich schulpflichtige Kinder zuhause? Haben Sie Anspruch auf Fernunterricht?“, fragte eine Nutzerin.
Der Verein „#BildungAberSicher“, der sich für hinreichenden Infektionsschutz in Schulen und Kitas einsetzt, schrieb: „Wir sind grenzenlos enttäuscht von ihnen.“
Auch wurde infrage gestellt, ob der Arbeitgeber bei einer freiwilligen Quarantäne weiter Gehalt zahle. Eine weitere Nutzerin kommentierte: „Das ist kompletter Wahnsinn, es setzt Arbeitnehmer*innen unter Druck, infiziert zur Arbeit zu gehen.“
Auch die Auswirkung der freiwilligen Isolation für Risikogruppen wurde scharf kritisiert. Die Autorin Jasmina Kuhnke kommentierte Lauterbachs Erklärung mit: „Ich habe damals all meine Hoffnung in Karl Lauterbach gesetzt. Ich habe gehofft, dass er, da er vom Fach ist, alles tun würde, um uns vernünftig durch die Pandemie zu führen. Ich habe gehofft, er würde endlich Risikogruppen bedenken. Ich habe mich geirrt.“
Karl Lauterbach: Verantwortung wird zur FDP abgeschoben?
Außerdem wurde hinterfragt, inwieweit Lauterbach die Verantwortung auf das Justizministerium und die FDP abschiebe. „Das kann einfach nicht sein, ich musste zweimal hinsehen, ob das ein Statement von ihm als Minister oder ein Statement der FDP ist“, schrieb der Account „@Anwaltsgelaber“.
Der Comedy-Autor Sebastian „El Hotzo“ Hotz äußerte sich am Dienstagmorgen ebenfalls kritisch: „Keine Impfpflicht, Abschaffung Maskenpflicht, keine Quarantäne mehr, um ehrlich zu sein lässt sich die Politik von Karl Lauterbach nicht von der eines überzeugten Coroanleugners unterscheiden.“
In Deutschland waren in vielen Bundesländern am vergangenen Sonntag nahezu alle Corona-Schutzmaßnahmen trotz hoher Infektionszahlen gefallen.
Andere europäische Länder wie Österreich und Frankreich mussten ähnliche Entscheidungen aus dem März bereits nach 14 Tagen aufgrund steigender Infektionszahlen wieder revidieren. Kritiker der Öffnungen fürchten, dass es in Deutschland einen ähnlichen Verlauf geben könnte. (shh)