Nach einem Vieraugengespräch mit Selenskyj äußert sich der Präsident überraschend Putin-kritisch – und fasst sogar Maßnahmen ins Auge.
Kritische Töne Richtung KremlTrump will von Putin nicht „an Nase herumgeführt werden“

US-Präsident Donald Trump gestikuliert bei seiner Ankunft am Newark Liberty International Airport, nach seiner Rückkehr von einer Reise zur Beerdigung von Papst Franziskus.
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US-Präsident Donald Trump hat Zweifel an der Bereitschaft des russischen Staatschefs Wladimir Putin zu einem Friedensschluss in der Ukraine geäußert und mit einer härteren Gangart gegenüber Moskau gedroht. „Es gab keinen Grund für Putin, in den vergangenen Tagen Raketen auf zivile Gebiete, Städte und Orte abzufeuern“, erklärte Trump am Samstag nach einem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Rom in seinem Onlinedienst Truth Social. Möglicherweise wolle Putin ihn lediglich hinhalten.
Donald Trump spricht in Rom mit Wolodymyr Selenskyj
Die jüngsten russischen Angriffe auf die Ukraine ließen ihn „denken, dass er den Krieg vielleicht gar nicht beenden will, sondern mich nur an der Nase herumführen will und dass man anders mit ihm umgehen muss“, schrieb Trump weiter. Möglicherweise seien weitere Sanktionen „im ‚Bankenwesen‘“ oder „Sekundärsanktionen“ notwendig: „Zu viele Menschen sterben!!!“.
Trump und Selenskyj trafen am Samstag am Rande der Trauerfeier für Papst Franziskus im Petersdom in Rom zu einem Gespräch zusammen. Es war das erste Treffen der beiden seit dem Eklat im Weißen Haus im Februar, bei dem Trump dem ukrainischen Präsidenten vor laufenden Kameras fehlende Dankbarkeit für die US-Unterstützung vorgeworfen hatten.
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Trump kritisiert nach Gespräch mit Selenskyj in Rom überraschend Putin
Das Vier-Augen-Gespräch vor der Taufkapelle in der Nähe des Eingangs vom Petersdom war im Voraus nicht angekündigt worden und soll Berichten zufolge rund 15 Minuten gedauert haben. Der intime Rahmen im Vatikan stand in krassem Gegensatz zu dem Setting bei dem Treffen im Oval Office, bei dem Trump und Vizepräsident JD Vance Selenskyj vor handverlesenen Journalisten konservativer Medien beleidigt hatten.
Trump und Selenskyj hätten über eine bedingungslose Waffenruhe mit Russland gesprochen, erklärte Selenskyj im Anschluss an das Treffen in Rom. Er hoffe auf „Ergebnisse“ des symbolträchtigen Treffens, „das das Potential hat, historisch zu werden“. Zu den Gesprächsthemen gehörten laut Selenskyj „eine umfassende und bedingungslose Waffenruhe“ und ein „verlässlicher und dauerhafter Frieden, der den Ausbruch eines weiteren Krieges verhindert“.
Ein Selenskyj-Mitarbeiter beschrieb das Treffen mit Trump in Rom als „konstruktiv“, das Weiße Haus sprach von einer „sehr produktiven Diskussion“. Direkt im Anschluss an die Trauerfeier für den Papst flog Trump in die USA zurück, weitere Gespräche fanden nicht statt.
Politikwissenschaftler hält ernsthafte Gespräche für möglich
Politikwissenschaftler Thomas Jäger von der Universität zu Köln wertet das Gespräch als positives Signal. „Man kann sich ja lebhaft vorstellen, worüber gesprochen wurde. Die Vereinigten Staaten haben einen Plan vorgelegt, wie man zu einem Verhandlungsergebnis kommen könnte, das relativ stark an russischen Interessen orientiert ist. Die Ukraine hat zusammen mit europäischen Staaten einen Gegenplan vorgelegt, der insbesondere was Sicherheitsgarantien, den Wiederaufbau, aber auch die Frage der völkerrechtlichen Anerkennung von Annexionen angeht, andere Positionen hat“, so Jäger im Gespräch mit ntv.

Wolodymyr Selenskyj (r), Präsident Donald Trump (2.v.r), der französische Präsident Emmanuel Macron (l) und der britische Premierminister Keir Starmer bei der Beerdigung von Papst Franziskus im Vatikan.
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Die amerikanischen Vorstellungen fänden in Europa keine Zustimmung, und diese durchzusetzen werde der USA „nicht gelingen“. Daher sei es nun möglich, „endlich ernsthafte Gespräche“ mit Trump zu führen.
Die jüngsten Äußerungen des US-Präsidenten lassen in der Tat auf eine Annäherung mit der Ukraine schließen. Noch am Mittwoch hatte Trump laut „Washington Post“ gesagt, es falle ihm leichter, mit Russland zusammenzuarbeiten als mit Selenskyj. Am Donnerstagnachmittag hatte er dann auf seiner Plattform Truth Social deutliche Kritik an Kremlchef Putin geäußert. Wiederum einen Tag später gab sich Trump dann zuversichtlich mit Blick auf eine Waffenruhe in der Ukraine. Beide Seiten seien „nahe an einem Abkommen“, sagte er. Nun sollten sich Vertreter beider Konfliktparteien treffen, um „es zu Ende zu bringen“.
Putin pocht bislang auf Maximalforderungen
Am Freitag war der US-Sondergesandte Steve Witkoff mit Kreml-Chef Putin zusammengetroffen. Dabei habe Putin seine Bereitschaft bekräftigt, „ohne Vorbedingungen“ Gespräche mit der Ukraine zu führen, erklärte sein Sprecher Dmitri Peskow am Samstag. Dies habe Putin bereits in der Vergangenheit mehrfach betont, sagte Peskow.
Tatsächlich aber hat Putin bisher regelmäßig seine Maximalforderungen mit Blick auf die Ukraine bekräftigt: die Kontrolle über die Krim und vier weitere ukrainische Regionen, den Verzicht der Ukraine auf einen Nato-Beitritt und ihre Entmilitarisierung.
Die russische Armee meldete derweil am Samstag die vollständige Rückeroberung der Grenzregion Kursk von den ukrainischen Streitkräften. Die Ukraine wies diese Angaben umgehend zurück. Als letzte Siedlung sei der Ort Gornal „befreit“ worden, sagte der russische Generalstabschef Waleri Gerassimow bei einer im Fernsehen übertragenen Videokonferenz mit Putin. Der ukrainische Generalstab bezeichnete die russischen Äußerungen als „Propagandatricks“ und betonte, die Kämpfe in der Grenzregion dauerten weiterhin an. (pst mit afp)