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Eklat im Weißen HausHat sich Selenskyj wirklich noch nie dankbar gezeigt?

Lesezeit 3 Minuten
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj (M) verlässt das Weiße Haus.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj (M) verlässt das Weiße Haus nach dem Eklat beim Zusammentreffen mit Us-Präsident Donald Trump.

Die Vorwürfe Donald Trumps, der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zeige sich nicht dankbar, wiegen schwer. Doch treffen sie zu?

Das Treffen zwischen dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und US-Präsident Donald Trump am Freitagabend ist schon jetzt in die Geschichte eingegangen. In einer beispiellos emotional geführten Debatte vor laufenden Kameras, attackierte US-Präsident Donald Trump seinen ukrainischen Gast und warf ihm unter anderem mangelnden Respekt den USA gegenüber und fehlende Dankbarkeit vor.Selenskyj reiste früher als geplant ab, Russlands Präsident Wladimir Putin und seine Entourage frohlockt, die Europäer bekennen sich zur Ukraine.Selenskyj weiß spätestens jetzt: Die USA stehen aufseiten Russlands.

Medwedew greift Vorlage auf: „Das undankbare Schwein“

Doch was ist eigentlich dran an den Vorwürfen, die Trump und sein Vize JD Vance, der ebenfalls bei dem Treffen zugegen war, Selenskyj gemacht haben? In Russland wurde der Ball dankbar aufgegriffen.Der frühere russische Präsident Dmitri Medwedew beleidigte Selenskyj unmittelbar nach dem Eklat via Telegram unter anderem als „Kokain-Clown“. Der heutige Vize-Chef des russischen Sicherheitsrates und Putin-Vertrauter pestete weiter: „Das undankbare Schwein“ Selenskyj habe „eine kräftige Ohrfeige von den Besitzern des Schweinestalls“ bekommen.

Selenskyj selbst bedankte sich noch in der Nacht via X bei dem amerikanischen Volk für die Unterstützung seines Landes seit dem Überfall Russland vor drei Jahren - und schloss explizit die amerikanische Politik, namentlich den Kongress und Präsident Trump in seine Danksagung mit ein.

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Damit hat Selenskyj keinesfalls nachgeholt, was Trump und Vance ihm vorgeworfen haben. Bereits mehrfach hatte sich Selenskyj in der Vergangenheit bei den USA für ihre Unterstützung im Kampf gegen die russischen Invasoren bedankt. Der US-Nachrichtensender CNN veröffentlichte am Samstag 33 Beispiele, die belegen, dass sich Selenskyj in der Vergangenheit keinesfalls undankbar gegenüber den USA gezeigt habe - beginnend mit einem Tweet vom 21. Januar 2022. Darunter sind kürzere und längere Passagen aus Reden, Tweets oder von Pressekonferenzen, Danksagungen, die an Präsident Trump, seinen Vorgänger Joe Biden, den Kongress oder das amerikanische Volk adressiert sind.

Manche der Danksagungen beziehen sich auf die allgemeine Unterstützung der Ukraine in der aktuellen Kriegslage, aber auch in Friedenszeiten, durch die Amerikaner, deren Mut und Durchhaltevermögen im Kampf für die Freiheit Selenskyj lobt. In anderen Fällen bedankt sich Selenskyj für ganz konkrete Hilfen, meist für Militär- oder Finanzmittel, beispielsweise am 12. März 2024 über X für ein neues, durch den Kongress bewilligtes Hilfspaket in Höhe von 300 Millionen US-Dollar.

Kölner Politologe sah „Falle“ für Selenskyj

Der Kölner Politikexperte Thomas Jäger sprach bei n-tv gar von einer Falle, in die Selenskyj gelaufen sei. „Da stand der Reality-Star Donald Trump und hat genau das gemacht, was er kann: Vor der Kamera jemanden fertigmachen.“

Der Ablauf des gestrigen Treffens, sei kein Zufall gewesen, so Jäger. Trump habe gesehen, dass er mit den Friedensgesprächen nicht weiterkomme, deren Bedingungen von Russland diktiert seien. Deswegen habe Trump die Erniedrigung Selenskyjs geplant, um der eigenen Bevölkerung „verkaufen“ zu können, dass Selenskyj die Unterstützung der USA nicht verdient habe.