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Europa zittertMeloni will Italien „Würde und Stolz“ zurückgeben

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Giorgia Meloni, Vorsitzende der rechtsradikalen Partei Fratelli d'Italia

Rom – Nach dem Triumph der radikalen Rechten bei der Wahl in Italien macht sich in Europa Sorge über den künftigen Kurs des Landes breit.

Wahlsiegerin Giorgia Meloni von den rechtsradikalen Fratelli d'Italia richtete ihr Wort zunächst ausschließlich an die Italiener, die dem von ihr angeführten Rechtsbündnis eine wichtige Verantwortung anvertraut hätten. „Jetzt wird es unsere Aufgabe sein, sie nicht zu enttäuschen und unser Möglichstes zu tun, um der Nation ihre Würde und ihren Stolz zurückzugeben“, schrieb Meloni am Montag auf Twitter. Rechte Verbündete reagierten mit Genugtuung auf den Wahlausgang.

Melonis Partei ist im Faschismus verwurzelt

Die 45 Jahre alte Römerin dürfte die erste Ministerpräsidentin Italiens werden, wenn sich die Fratelli mit ihren in der Wählergunst klar geschrumpften Partnern auf eine Regierungskoalition einigen.

Meloni gilt außenpolitisch als prowestlich sowie als Befürworterin der Nato. Sie betont ihre Unterstützung für die von Russland angegriffene Ukraine, was viele auch mit ihrer Verbundenheit zur polnischen Regierungspartei PiS erklären. Bekannt ist Meloni aber auch für ihre Kritik an den EU-Institutionen. In Brüssel will sie die Konditionen des Corona-Wiederaufbaufonds nachverhandeln. Zudem hat sie eine harte Hand gegen Mittelmeermigranten angekündigt. Meloni ist gegen progressive Forderungen wie das Recht auf Adoption durch gleichgeschlechtliche Partner. Genderthemen lehnt sie ab.

Ihre Partei ist im Faschismus verwurzelt. Gemeinsam mit der rechtspopulistischen Lega (knapp 9 Prozent) und der konservativen Forza Italia (gut 8 Prozent) kommen die Fratelli auf gut 44 Prozent der Stimmen. Wegen einer Besonderheit im Wahlsystem ist dem Bündnis damit im Parlament aber die absolute Mehrheit der Sitze sicher.

Rechte in Europa jubeln

Das zerstrittene Mitte-Links-Lager schaffte es nicht, die Rechten zu stoppen. Der Chef der Sozialdemokraten, Enrico Letta, kündigte nach der Wahlniederlage am Montag den Rückzug von der Parteispitze an.

Die Rechten in Europa jubelten: Frankreichs Rechtsnationalistin Marine Le Pen twitterte ihre Glückwünsche und schrieb, dass Meloni „den Drohungen einer antidemokratischen und arroganten Europäischen Union“ standgehalten habe. Auch AfD-Politiker sowie der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki gratulierten.

Die Bundesregierung hielt sich mit einer Bewertung des Erstarkens der Rechten in Italien zunächst zurück. Italien sei ein europafreundliches Land. „Und wir gehen davon aus, dass sich das nicht ändert“, sagte Vizeregierungssprecher Wolfgang Büchner.

Andere wurden deutlicher. Dass Italien absehbar „von einer Allianz aus Neofaschisten, Rechtsnationalen und Rechtspopulisten“ regiert werden dürfte, sei eine schwere Bürde für den Zusammenhalt in Europa, sagte der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Achim Post.

Koalitionsverhandlungen erst ab Okotber

Die europäischen Länder müssten darauf bestehen, dass europäische Werte wie die Achtung der Menschenwürde, Gleichheit und Rechtsstaatlichkeit gewährleistet bleiben und werden, mahnte die Vizepräsidentin des Bundestages, Katrin Göring-Eckardt, in den Funke-Zeitungen. Auch die CDU hätte sich einen anderen Wahlausgang gewünscht, wie Generalsekretär Mario Czaja dem Sender RTL/ntv sagte.

Bis Italien eine neue Regierung hat, wird es noch einige Wochen dauern. Koalitionsverhandlungen können erst beginnen, nachdem das neue Parlament Mitte Oktober seine Arbeit aufgenommen hat.(dpa)