Köln – Sie ist eine der zentralen Karten im Machtpoker um den Gasfluss durch die Pipeline Nord Stream 1: eine Turbine von Siemens Energy. Erst in der Nacht zum Mittwoch hatte Kremlchef Wladimir Putin davor gewarnt, dass die Kapazität der Pipeline Ende Juli weiter fallen könne, wenn das Gerät nicht rechtzeitig nach einer Wartung in Kanada zurückkehre.
Nun soll das Gerät ausgerechnet in Köln festhängen – die Verantwortung dafür soll die russische Regierung selbst tragen. Mehrere Medien berichteten unter Verweis auf ungenannte „Insider“, die Turbine sei schon am vergangenen Sonntag von einem Logistikunternehmen aus dem kanadischen Montreal nach Köln geflogen worden, wo sie immer noch sei. Angeblicher Grund: Russland habe bisher keine Genehmigung für den Transport erteilt. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) äußerte den Verdacht, Russland wolle die Turbine gar nicht zurück. Er hatte dem Kreml zuvor schon Erpressung vorgeworfen und davor gewarnt, sich auf die russischen Gaslieferungen zu verlassen.
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Um welches Gerät wird gestritten? Laut Deutscher Presse-Agentur handelt es sich um das Modell SGT-A65, eine sogenannte aeroderivative Turbine, deren Konstruktion ursprünglich aus dem Flugzeugbereich stammt. Grundsätzlich können diese Geräte sowohl zur Stromproduktion als auch als Antrieb zum Beispiel für den Gastransport benutzt werden. Im Falle von Nord Stream 1 liege letzteres nahe. Laut Gazprom wird sie für die Kompressorstation Portowaja benötigt. Häufig treiben an solchen Kompressorstationen Gasturbinen die Verdichter an. Ihr Einsatz hat dabei unter anderem den Vorteil, dass das Gas aus der Leitung grundsätzlich als Antrieb für die Turbine genutzt werden kann, was die Anlage von weiterer Energiezufuhr unabhängiger macht. Siemens Energy äußert sich nicht näher zur Turbine. Zur Größe kursieren Zahlen zwischen 10 und 14 Metern Länge und 20 Tonnen Gewicht. Einem alten – noch vor der Abspaltung von Siemens Energy von Siemens 2020 verfassten – Datenblatt zufolge sollen es bei der Konfiguration als Antrieb 12,4 Meter sein. Sie würde in ein Frachtflugzeug passen.
Keine Bestätigung
Dass die Turbine in Kanada zur Wartung war, hat historische Gründe, wie die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ schreibt. Ursprünglich sei der Auftrag für die Turbinen für Nord Stream 1 an Rolls-Royce gegangen. Später wurde dieser Geschäftsbereich samt Standort von Siemens übernommen und bei der Ausgliederung von Siemens Energy an den neuen Konzern übergeben. Die Turbine war in Kanada wegen des russischen Angriffskrieges zurückgehalten worden. Auf Bitten Berlins wurde sie an Deutschland übergeben. Nach Angaben des Wirtschaftsministeriums handelt es sich lediglich um eine „Ersatzturbine“. Dennoch tue man alles, um Russland den „Vorwand“ für eine Drosselung der Gaslieferungen zu nehmen.
Dass das Gerät in Köln festhängt, wollten weder der Flughafen Köln/Bonn noch das Wirtschaftsministerium bestätigen. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow bezeichnete die Berichte am Freitag als „Unsinn“. (cos, wow, dpa)