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Alltag im Gaza-KriegPalästinenser leiden auch in „humanitärer Zone“ unter Todesangst

Lesezeit 3 Minuten
Ein Palästinenser löscht nach einem israelischen Luftangriff Brandherde in den Trümmern eines zerstörten Gebäudes im Gazastreifen.

Ein Palästinenser löscht nach einem israelischen Luftangriff Brandherde in den Trümmern eines zerstörten Gebäudes im Gazastreifen.

Rund eine Million Palästinenser harren nach Evakuierungsaufrufen im Gazastreifen aus. Doch sicher fühlen sich die Menschen dort nicht.

Sofern die Bombardements eine Zeit lang ausbleiben, füllen sich im Süden des Gazastreifens die Straßen. Die Menschen nutzen den Moment für Erledigungen. Vor Wassertanks bilden sich lange Schlangen, vor Bäckereien ebenfalls. Doch nicht immer lohnt sich das Warten. Denn Brot und viele andere Lebensmittel sind knapp.

Auf den Märkten verkaufen Gemüsehändler oftmals - zu hohen Preisen - nur noch schrumpelige Tomaten, Gurken und Auberginen. Vor dem Krieg sei viel Gemüse aus Israel gekommen, erzählen die Anwohner. Doch die Zeiten sind vorbei.

Viele Menschen in dem weitgehend abgeschotteten Küstengebiet sind auf Hilfen angewiesen. So auch Siham Abu Ghalijun. Die Palästinenserin ist mit ihren fünf Kindern in einer als „humanitären Zone“ ausgewiesenen Gegend namens Al-Mawasi im Süden des Gazastreifens untergekommen. Die Familie wohnt hier in einem Zeltlager. Anfangs seien Wasser und Essen knapp gewesen, erzählt die 41-Jährige. Inzwischen habe sich die Lebensmittelversorgung aber verbessert.

Erste Hilfslieferungen

Seit dem brutalen Terrorangriff im Auftrag der im Gazastreifen herrschenden Hamas auf Israel am 7. Oktober, dem Hunderte Menschen zum Opfer fielen, bombardiert Israels Armee reihenweise Ziele in der Küstenenklave. Auch dort werden inzwischen Tausende Todesopfer beklagt, wobei die Angaben unabhängig kaum zu überprüfen sind.

Zunächst ließ Israel zwei Wochen lang auch keine Hilfsgüter in das dicht besiedelte Palästinensergebiet. Erst am Samstag durften erste Lieferungen mit Trinkwasser, Lebensmitteln und Medikamenten über die Grenze. Seitdem kamen Dutzende Lastwagen an. Den Vereinten Nationen zufolge sind für die Versorgung der gut 2,2 Millionen Menschen im Gazastreifen aber eher 100 Lkw-Ladungen täglich nötig.

Angst vor Bombardements

Neben der schwierigen Versorgungslage treiben die Menschen auch andere Sorgen um, allen voran blanke Todesangst. „Wir haben Angst, hier Bombenangriffen ausgesetzt zu sein“, sagt Abu Ghalijun in der „humanitären Zone“ in Al-Mawasi. Einschläge in der Nähe sorgten im Lager immer wieder für Panik. Die fünffache Mutter nimmt dann jedes Mal ihre Kinder in den Arm, wie sie erzählt. Vor allem in der Nacht seien die Geräusche der Explosionen beängstigend.

Das Leid könnte sich bei einer erwarteten Bodenoffensive Israels noch einmal verschärfen. Blutige Straßenkämpfe, menschliche Schutzschilde, versteckte Sprengsätze - Kriegsführung zwischen dicht gedrängten Häuserblöcken kann die Opferzahlen erfahrungsgemäß schnell in die Höhe treiben.

Rund eine Million Menschen haben auf Anweisung der israelischen Armee inzwischen ihre Häuser geräumt und notgedrungen einen Großteil ihres Hab und Guts im Norden des Gazastreifens zurückgelassen. Im Süden, wo nach israelischen Militärangaben trotz der Evakuierungsaufforderung ebenfalls vereinzelt Ziele der Hamas angegriffen werden, harren viele Binnenvertriebene dicht gedrängt in Notunterkünften aus.

Viele Menschen auf engem Raum steigern das Risiko: Die Streitkräfte bemühen sich nach eigenen Angaben zwar stets, bei ihren Luftangriffen Zivilisten zu verschonen - doch nach Schilderungen aus dem Gazastreifen gelingt das längst nicht immer. Israels Militär zufolge schlagen zudem auch immer mal wieder fehlgeleitete Raketen militanter Palästinenser dort ein - statt wie geplant in Israel.

Nicht alle Menschen fliehen

Im Gazastreifen mehren sich die Berichte über Menschen, die in den Süden geflüchtet und dann dort bei Bombeneinschlägen oder unter den Trümmern ihrer in Schutt und Asche gelegten Notunterkünfte gestorben seien. Sumanja Schahin will deshalb selbst nicht fliehen. Die 48-Jährige wohnt zusammen mit etlichen Verwandten in einem Haus im Norden der Küstenenklave.

Die etwa 40-köpfige Gruppe lebe derzeit vor allem von Vorräten, in ihrem Zuhause gebe es weder Wasser noch Strom. In ihrer Umgebung gebe es ständig Bombardements, die Lage sei sehr gefährlich. Vor allem nachts habe sie Angst. Aber gehen will Sumanja Schahin trotzdem nicht. „Unser Leben ist hier - und unser Tod auch.“ (dpa)