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Giffey redet nach Fake-Telefonat mit echtem Klitschko

Lesezeit 3 Minuten

Berlin/Kiew/Moskau – Sieben Wochen nach einem Fake- Videotelefonat mit einem falschen Vitali Klitschko hat Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey mit dem echten Kiewer Bürgermeister gesprochen. Das teilte die SPD-Politikerin am Donnerstagabend auf Twitter mit.

Demnach ging es in der Videoschalte um die Lage in der Ukraine und in Kiew angesichts des russischen Angriffskrieges. Weitere Themen waren unter anderem die Energieversorgung und die Situation der ukrainischen Geflüchteten in Deutschland. Auch über die Gefahren von Propaganda und gefakten Videocalls sei geredet worden.

Am 24. Juni hatte Giffey per Video mit einer Person gesprochen, die wie Klitschko aussah, aber nicht Klitschko war. Einige Tage später hatten sich die russischen Satiriker „Vovan und Lexus” gegenüber dem ARD-Magazin „Kontraste” dazu bekannt, hinter dem Fake-Anruf zu stehen. Am Donnerstag veröffentlichte das Duo angebliche Ausschnitte aus dem Gespräch.

Giffey spricht etwa eine Stunde mit Klitschko

Mit dem realen Klitschko war Giffey nun nach Angaben von Senatssprecherin Lisa Frerichs rund eine Stunde verbunden. Beide tauschten sich demnach auf Deutsch aus, Klitschko beherrscht die Sprache sehr gut. In einer kurzen Videosequenz, die Giffey twitterte, sagt sie eingangs des Gespräches lachend: „So, ich hoffe, lieber Vitali Klitschko, dass ich diesmal mit dem echten spreche.” Er antwortet erst scherzhaft, er wisse es nicht, fügt dann aber hinzu: „Ich glaube, ich bin der echte. Glaube ich.” Giffey entgegnet: „Also Sie sprechen auch mit der echten.”

, die Ausschnitte aus dem im Juni geführten Gespräch mit dem falschen Klitschko zeigen soll. Zu sehen ist nur Giffey, die sich auf Fragen des vermeintlichen Klitschko äußert, der russisch spricht und nicht ukrainisch oder deutsch. Ihr Gesprächspartner ist nicht zu sehen, so dass das Video keine Anhaltspunkte dafür liefert, mit welcher digitalen Manipulationstechnik der falsche Klitschko erschaffen wurde.

„Soweit wir das erkennen können, sind die Ausschnitte echt”, sagte Senatssprecherin Frerichs zu den Sequenzen. Man habe die Veröffentlichung, über die zuerst der „Spiegel” berichtet hatte, „zur Kenntnis genommen”.

Die Senatskanzlei hatte das Fake-Telefonat, von dem es keine offizielle Aufzeichnung gibt, seinerzeit noch am selben Tag öffentlich gemacht.

Laut Giffey waren ihr nach einiger Zeit wegen diverser Fragen ihres Gegenübers Zweifel gekommen, ob sie mit dem echten Klitschko verbunden war. Das Gespräch endete dann vorzeitig. Inzwischen wurde bekannt, dass auch die Bürgermeister von Wien, Madrid, Budapest und Warschau auf ähnliche Weise hereingelegt wurden.

Die vielen Menschen in Deutschland bekannte Stimme des vermeintlichen Klitschko klingt in den nun von den Komikern geposteten Videosequenzen nicht nach dem Original. Giffey gibt unter anderem Auskunft über die Aufnahme ukrainischer Kriegsflüchtlinge.

Falsche Behauptungen, fehlerhafte Untertitel

Kein Beleg findet sich für die auf Reddit geäußerte Behauptung der russischen Komiker, dass Giffey bestätige, dass es „gravierende Probleme mit den ankommenden Flüchtlingen” gebe. Frerichs dementierte, dass Giffey in dem Video-Call so etwas gesagt habe. Auffällig auch: Untertitel zu den veröffentlichten Ausschnitten geben Giffeys Aussagen in dem Gespräch nicht immer korrekt wieder.

In den veröffentlichten Gesprächsausschnitten geht es auch um die Bitte des falschen Klitschko, Berlin möge bei der Ausrichtung einer Art Christopher Street Day in Kiew unterstützen. Giffey sagte, Berlin sei Regenbogenhauptstadt Europas und könne hier auf jeden Fall Rat geben. Bereits kurz nach dem Fake-Telefonat hatte sie erklärt, dass nicht zuletzt dieses Thema sie stutzig gemacht habe. „Das war angesichts des Krieges schon mehr als seltsam”, sagte sie damals. Die Verbindung sei dann beendet worden oder abgebrochen.

Alexej Stoljarow und Wladimir Kusnezow alias „Vovan und Lexus” sind in Russland seit Jahren bekannt dafür, Politiker und andere internationale Promis mit Fake-Anrufen hereinzulegen. Vor geraumer Zeit räumten sie nach ARD-Angaben in einem „Kontraste”-Interview ein, für eine Internetplattform zu arbeiten, die dem russischen Staatskonzern Gazprom gehört.

© dpa-infocom, dpa:220811-99-356439/2 (dpa)