Gouverneurs-RücktrittWie geht es für New York weiter – und wie für Cuomo?
New York – Die Kehrtwende im Fall Andrew Cuomo kam mitten im Redefluss - und dann doch überraschend. Erst hatte New Yorks Gouverneur seine Anwältin Rita Glavin erneut eine Dreiviertelstunde lang die Vorwürfe sexueller Belästigung gegen ihn öffentlich auseinander nehmen lassen, dann wehrte er sich selbst noch einmal eine halbe Stunde lang dagegen - um dann in derselben Video-Ansprache doch noch klein beizugeben.
„Ich liebe New York und ich liebe euch“, sagte Cuomo am Dienstag und verkündete seinen Rücktritt von dem Amt, das er als „Ehre seines Lebens“ bezeichnete.
Eine Woche lang hatte sich Cuomo gewehrt, nachdem eine offizielle Untersuchung ihn der sexuellen Belästigung mehrerer Frauen für schuldig befunden hatte. Der Gouverneur stand mit dem Rücken zur Wand: Immer mehr Verbündete entzogen ihm öffentlich das Vertrauen oder traten aus seinen Diensten zurück, ein Amtsenthebungsverfahren nahm Fahrt auf und von gleich mehreren Seiten drohen strafrechtliche Konsequenzen.
Trotzdem wies Cuomo, der sich selbst als „Kämpfer“ bezeichnet, die Vorwürfe bis zuletzt zurück und suchte nach strategischen Auswegen und politischen Deals - aber dann wurde der Druck wohl doch zu groß.
Auch Vertreter der #MeToo-Bewegung gegen sexuelle Belästigung, die Cuomo einst öffentlich gepriesen hatte, hatten den Rücktritt des Gouverneurs geforderte - und feierten seinen Rückzug als Sieg ihrer Bewegung. „Er ist weg“, kommentierte Mitgründerin Tarana Burke bei Twitter. Das sei auch Beleg dafür, dass Frauen endlich mehr zugehört werde.
Das erklärte Ziel Cuomos, seinen Vater Mario zu übertreffen, der zwischen 1983 und 1994 drei Amtszeiten lang Gouverneur von New York war, hat der seit zehn Jahren amtierende Gouverneur damit verfehlt. Politiker beider Parteien begrüßten den Rückzug des Gouverneurs, Parteifreunde zeigten sich überrascht und erleichtert. US-Präsident Joe Biden erinnerte aber auch daran, dass der Gouverneur bei vielen Sachthemen seiner Einschätzung nach sehr gute Arbeit geleistet habe.
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Vielen Menschen wird wohl vor allem Cuomos hemdsärmelige Organisation des Kampfs gegen die Coronavirus-Pandemie samt Emmy-gekrönter Pressekonferenzen im Gedächtnis bleiben. Die New Yorker fügen dem die Durchsetzung unter anderem von gleichgeschlechtlicher Ehe und Mindestlohn sowie einige schlagzeilenträchtige Infrastruktur-Projekte hinzu - wie die neue Tappan Zee-Brücke über den Hudson River, die Moynihan-Zugabfertigungshalle an der Penn Station in Manhattan oder die noch andauernde Renovierung des La Guardia Flughafens. Cuomo wurde von vielen respektiert, aber so richtig geliebt wurde er von den New Yorkern nie - auch weil er sich oft stur, arrogant, streitlustig und machtbesessen zeigte.
Die Zukunft Cuomos scheint nun völlig ungewiss
Die Zukunft Cuomos scheint nun völlig ungewiss. Das Amt des Gouverneurs von New York hatte er immer als höchstes Ziel gepriesen. Nun muss der geschiedene Vater dreier erwachsener Töchter - laut Twitter-Selbstbeschreibung „Vater, Angler, Motorrad-Fan“ - aus der Gouverneurs-Villa in Albany, der Hauptstadt des Bundesstaates New York, ausziehen. Die strafrechtliche Verfolgung der Vorwürfe gegen ihn läuft weiter, mehrere Stimmen forderten zudem, dass auch das Amtsenthebungsverfahren trotz des Rücktritts durchgezogen werden solle.
Cuomo ist bereits der neunte Gouverneur in der Geschichte des Bundesstaats, der zurücktritt - und der dritte, der dies nach Anschuldigungen von Fehlverhalten tut. Zuletzt war 2008 Eliot Spitzer nach einer Prostituierten-Affäre als Gouverneur von New York zurückgetreten. Mit dem Rückzug Cuomos geht in dem Bundesstaat nun eine Ära zu Ende - und es folgt eine Premiere: In rund zwei Wochen wird mit der bisherigen Stellvertreterin Kathy Hochul zumindest übergangsweise erstmals eine Frau als Gouverneurin von New York amtieren.
Es wird erwartet, dass die Juristin und zweifache Mutter die noch verbliebene Amtszeit Cuomos bis zum kommenden Jahr komplett übernimmt. Im November 2022 stehen die nächsten Gouverneurswahlen an - und schon wird diskutiert, ob Hochul antreten wird. Zahlreiche weitere Demokraten haben ebenfalls bereits Interesse signalisiert. Von republikanischer Seite hat unter anderem der Sohn von Trump-Anwalt Rudy Giuliani, Andrew Giuliani, bereits seine Kandidatur erklärt.
Nun aber ist zunächst Hochul dran. „Ich bin bereit, den Bundesstaat New York als 57. Gouverneurin anzuführen“, stellte die 62-Jährige, die schon seit Jahrzehnten verschiedene politische Ämter innehat, klar - und kündigte gleich eine erste Pressekonferenz für diese Woche an. (dpa)