Bücherzensur, betrieben von rechten und religiösen Kreisen, greift in den USA immer weiter um sich. Das demokratische Illinois will das stoppen.
„Sache von Diktaturen“Erster US-Bundesstaat geht gegen Bücherzensur der Ultrarechten vor

Der demokratische Gouverneur von Illinois Jay Robert Pritzker unterzeichnet ein Gesetz, das die Zensur von Büchern verbietet.
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In den USA ist es in den vergangenen Jahren vermehrt zu Versuchen gekommen, unliebsame Bücher aus Schulen und öffentlichen Bibliotheken zu verbannen. Besonders streng konservative und religiöse Kreise wollen so verhindern, dass Inhalte, die sich mit LGBTQ+ oder Rassismus beschäftigen, einem breiten Publikum und insbesondere Kindern und Jugendlichen zugänglich werden. Rechte von Homosexuellen, Transmenschen und anderen sexuellen Orientierungen sollen auch auf diese Weise beschränkt werden.
So beklagte der US-Autorenverband PEN America im vergangenen Jahr eine zunehmende Zensur an Schulen in den USA. Allein im vergangenen Schuljahr seien mehr als 1600 Buchtitel aus den Bibliotheken entfernt worden, hieß es im September 2019. Dahinter vermutete der Autorenverband eine gezielte Kampagne. So sei im US-Bundesstaat Mississippi sogar ein Roman von Literaturnobelpreisträgerin Toni Morrison aus Schulen verbannt worden. Insgesamt nehme Texas bei Zensur aber eine Vorreiterrolle ein.
„Sache von Diktaturen“ – Illinois verbietet Bücherzensur
Als erster US-Bundesstaat geht das demokratisch regierte Illinois nun aber aktiv gegen Bücherzensur vor. Gouverneur Jay Robert Pritzker unterzeichnete am Montag (Ortszeit) ein Gesetz, das öffentlichen Büchereien Einschränkungen oder Verbot von Material aufgrund „parteipolitischer oder dogmatischer“ Vorbehalte untersagt. Bei Verstößen droht Bibliotheken ein Entzug staatlicher Mittel. Das neue Gesetz tritt zum 1. Januar 2024 in Kraft.
Pritzker erklärte, wer Bücher aus Büchereien und Schulen verbanne, übe Zensur aus und versuche, Ideen, Fakten und Menschengruppen zu unterdrücken. Bücherzensur sei eine Sache von Diktaturen und nicht von Demokratien.
Vulgär und gewaltsam: Bezirk in Utah wollte Bibel aus Schulen entfernen
Anfang Juni war bekannt geworden, dass ein Schulbezirk im US-Bundesstaat Utah die Bibel aus Grund- und Mittelschulen verbannen will. Zuvor hatten sich Eltern beschwert, das Buch enthalte vulgäre und gewaltsame Stellen, die für Kinder ungeeignet seien.
Der Bezirk Davis County beruft sich bei seiner Entscheidung auf ein Gesetz, das seit 2022 Bücher und Filme mit „pornografischen und unanständigen Inhalten“ an Schulen in Utah verbietet. Bisher waren davon vor allem Bücher zur sexuellen Orientierung und über Identitäts-Themen betroffen. Ähnliche Gesetze gibt es in Texas, Missouri, Florida und South Carolina.
Bücherzensur unter Ron DeSantis in Florida
Besondere Aufmerksamkeit bekam Anfang des Jahres eine Initiative des konservativen Gouverneurs von Ron DeSantis. Der Politiker, der inzwischen seine Kandidatur für die US-Präsidentschaft bekanntgab, führt einen regelrechten Kulturkampf gegen alles, was mit Diversität zu tun haben oder aus Sicht Ultrakonservativer in Richtung Pornografie gehen könnte. Critical Race Theory, Gender Studies und Intersektionalität werden aus Lehrplänen eliminiert.
Außerdem wurde eine verpflichtende Zensurschulung für Lehrende eingeführt. In den Fortbildungen sollen diese lernen, welches Unterrichtsmaterial verwendet werden darf und welches nicht. Dies führte so weit, dass Lehrkräfte aus Angst vor Strafen Bücher aus Schulbibliotheken entfernten, die als „unzüchtig“ oder „anstößig“ gelten könnten. (kna, cme)